Das funktioniert nicht: Social Media unter Kontrolle von PR-Profis

by Dirk Elsner on 2. Oktober 2009

Die Lektüre des Beitrags “Wenn Mitarbeiter zu mitteilsam sind” im Handelsblatt weckt den Eindruck, dass auch einige Social-Media-Experten das Web 2.0 nicht verstanden haben. Da wird von manchen PR-Profis die Furcht vor unkontrollierter Kommunikation geschürt, die den Unternehmen schaden könne, wenn dies nicht gesteuert geschehe.

Der vermeintlich “weise Rat der Social-Media-Experten: Jedes Unternehmen braucht klare Regeln für die Mitarbeiter im Umgang mit dem Internet. Eine sogenannte Social Media Policy. Was ist erlaubt, und welche Grenzen gibt es? Viele Firmen setzen derzeit derartige Regelwerke auf. Automobilhersteller Daimler, selbst mit eigenen Unternehmensblogs und vier Twitter-Accounts in der Social-Media-Welt präsent, beispielsweise hat vor einiger Zeit Empfehlungen für seine Mitarbeiter entworfen.”

Solche Empfehlungen sind von der berechtigten Angst eines Kontrollverlust dominiert, gehen aber am Web-2.0-Konzept, was immer das auch im Detail sein mag, vollkommen vorbei. Mit diesen Empfehlungen soll die klassische Öffentlichkeitsarbeit offenbar ins Web-2.0-Zeitalter gerettet werden. Kann es sein, dass klassische PR-Profis ihre ohnehin überschätzte Bedeutung weiter schwinden sehen?

Sympathischer ist da die Position vom Sprecher des Otto Versands Voigt:

„Wir brauchen eine andere Ehrlichkeit“, sagt er. Er nennt es: den Kontrollverlust freudig managen. Zum Beispiel müsse es ein Unternehmen zulassen, dass auch mal Fehler passieren, wenn zum Beispiel „Mitarbeiter über die Stränge schlagen“. Gerade junge Menschen seien es inzwischen gewohnt, aus jeder erdenklichen Situation heraus zu bloggen – ohne sich große Gedanken darüber zu machen. Dabei vergessen sie mitunter: Es gibt aber keinen privaten, nichtöffentlichen Raum im Internet.

Haben die PR-Profis vergessen, dass in Unternehmen Menschen mit Ecken und Kanten arbeiten? Mitarbeiter haben Falten, genau wie die jeweiligen Unternehmen. Unternehmen ohne diese Artefakte der Realität wirken so wenig authentisch wie ein retuschiertes Modell-Gesicht auf der Titelseite der Vogue. 

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