Pendeln zwischen Banking 1.0 und 2.0: Ein Protokoll der Webciety und CeBIT

by Dirk Elsner on 3. März 2010

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Ich will hier heute keinen neuen Grundlagenbeitrag zum Besuch der CeBIT und vor allem der Sonderfläche Webiety schreiben. Aber ein paar Eindrücke, die ich meinen Tweets entnehme, fasse ich hier gerade noch einmal zusammen:

Auf der Webciety, deren Webcast mittlerweile auch ins Netz gestellt ist, ging es zum Auftakt nicht um Google Street View, sondern um die Zukunft und Prinzipien der Netzökonomie. Dies hatte noch nichts mit Banken zu tun. Hier hatten sich einige Branchenexperten der Webwirtschaft versammelt. Mit Versprechungen, wie die Wertschöpfungsketten in der Realwirtschaft sollen alle zwei Jahre 50% “günstiger” werden, trägt man allerdings nicht zwingend zur Glaubwürdigkeit in Unternehmen und Banken bei. Mehr Zustimmung finden da Aussagen, dass viele Unternehmen, dass Ende der – Achtung Buzzalarm – One-to-many-Kommunikation noch nicht erkannt haben. Gut zu wissen, dass es in der Netzökonomie nicht nur um Geld geht, sondern auch um Aufmerksamkeit und Anerkennung. Das ist revolutionär.

Nach dem buzz-lastigen Kickoff schaute ich in die Bankenhalle 11. Dort sagte der für das Privatkundengeschäft zuständige Vorstand der Sparkasse Hannover, Axel Dankert, dass er den anwesenden Vertretern der Sparkassen einen Tipp gebe: “Gehen Sie hier einmal durch die Hallen der CeBIT und lassen sich ein wenig treiben. Bleiben Sie dann dort stehen, wo es voll ist und sich viele junge Leute aufhalten. Schauen Sie, wofür die sich interessieren und überlegen dann, was das für Ihr Geschäft bedeutet.” Das ist einer sehr weiser Tipp gewesen.

Dankert ist wohl auch aufgefallen, dass die Finanzausstellung in Halle 11 gähnend leer war. Die Aussteller von Geldzählmaschinen versprühten den Retro-Charme der 80er Jahre und auch am Sparkassenstand unterhielten sich die Mitarbeiter mangels Besucherinteressen mehr untereinander. So weise Dankerts Hinweis war, so wenig habe ich verstanden, warum sich weder Sparkasse noch Sparkassen Informatikzentrum für das Web 2.0 interessieren. Man beobachte die Entwicklung, sehe darin aber derzeit keinen Handlungsbedarf. Mit web 2.0-Techniken würden ja mehr die Kunden untereinander kommunizieren. Es bestehe daher derzeit keine Priorität, sich damit intensiv zu befassen.

In Halle 6 ging es mit der Webciety weiter. In dem Panel mit Sascha Lobo fiel der schlaue Satz: “Keiner weiß, wie und ob Social Media tatsächlich funktioniert und wie genau man damit Geld verdienen kann. Wir müssen Experimente wagen.” Das ist natürlich ein Satz aus dem Lehrbuch für Web 2.0-Kritiker, dennoch halte ich ihn für richtig, denn die hochgeschraubten Erwartungen einiger Tech-Gurus erinnern an die Internet-Blase Anfang 2000. Etwas Relativierung tut hier gut.

Zum Abschluss wurde es dann spannend: Finanzsektor & das Web 2.0 war das Thema mit interessanter Besetzung:

Hier tauchten natürlich viele Themen wieder auf, die ich in dem Beiträgen “Der schwerfällige Weg der Banken in das 2.0-Zeitalter” zusammengefasst hatte (Teil 1, Teil 2). Schön war, dass mit Kröner und Jozic zwei Vertreter der neuen Welt auf dem Podium saßen und sehr erfrischend ihre Positionen vertraten. Die folgenden Aussagen habe ich aus meinem Twitterfeed extrahiert.

Zunächst erfuhr das Publikum, was Social Banking aus Sicht der Runde eigentlich ist. Die Schlagworte dazu: Direkter Informationsaustausch mit den Kunden, Kunden helfen sich gegenseitig, neue Freiheiten im Banking, Transparenz, den Kunden wieder entdecken, ihn ernst nehmen und mit dem Kunden Geld verdienen dürfen. Jozic von der Noabank betonte, dass seine Bank keine Eigenhandelsgeschäfte mit dem Geld der Kunden betreibe.

“Social Banking” ist noch ein Nischenmarkt. Aber die etablierten Institute werden in den nächsten Jahren immer mehr 2.0-Elemente aufnehmen. Die Änderung im Verhalten der Kunden selbst spüren auch die traditionellen Banken. Es werde mehr Offenheit und Transparenz gewünscht.

Die Institute sollten bedenken, dass auch ohne Nutzung der 2.0-Techniken Kommunikation über die Banken stattfinde. Sofern Kreditinstitute Twitter nutzen, sollten sie nicht nur anderen Banken folgen, sondern auch ihren Kunden. Und wer Kanäle wie Twitter nur zum Versenden von Werbebotschaften nutze, hat dieses Medium nicht verstanden. Es fordert auch zum Zuhören und Dialog auf.

Bemerkenswert, dass viele der Änderungen von Nichtbankern angetrieben werden. Vielen Banken fehle heute das kreative Führungspersonal. Anwälte in Führungsetagen könnten nur sagen, was nicht geht. Freilich war die Runde weit davon entfernt, sich selbstgefällig in ihren neuen Angeboten zu sonnen. Das Web 2.0-Banking stecke noch in der Anfangsphase und darf jetzt nicht in Ankündigungen hängen bleiben. Kontrovers ging es dann um die Frage, ob Kunden wissen dürfen und wollen, was mit ihrem Geld eigentlich in der Bank passiert.

Der Tag war auch mit den vielen persönlichen Gesprächen sehr kurzweilig und vielversprechend. Keinen Vertreter der 2.0-Generation habe ich als abgehoben wahrgenommen. Man spürt aber, dass die Innovations- und Experimentierfreude in der Halle 6 deutlich höher war als in der Halle 11.

Eine weitere Standortbestimmung zu Social Media und Social Banking ist übrigens im Blog von Lothar Lochmaier zu finden, der mittlerweile seinen Messebericht hier veröffentlicht hat

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