Die Gefahren einer Defizitreduzierung

by Gastbeitrag on 12. März 2010

von  Joseph E. Stiglitz*

NEW YORK – Eine Welle von Steuersparprogrammen schwappt über Europa und Amerika. Das Ausmaß der Haushaltsdefizite hat – wie das Ausmaß des Abschwungs – viele überrascht. Aber trotz der Proteste derjenigen, die gestern noch für die Deregulierung eingetreten sind, und die es gerne sähen, wenn die Regierung passiv bleiben würde, sind die meisten Ökonomen der Überzeugung, dass die staatlichen Hilfsprogramme dazu beigetragen haben, eine zweite Weltwirtschaftkrise zu verhindern.

Die meisten Ökonomen sind sich auch einig, dass es ein Fehler ist, nur auf eine Seite der Bilanz zu schauen (egal, ob im öffentlichen oder privaten Sektor). Man darf nicht nur auf die Schulden eines Landes oder Unternehmens schauen, sondern muss auch die Vermögenswerte berücksichtigen. Das könnte auch dazu beitragen, die Falken im Finanzsektor zu beruhigen, die über die staatlichen Ausgaben alarmiert sind. Schließlich akzeptieren sogar Defizit-Falken, dass wir uns nicht auf das Defizit von heute konzentrieren sollten, sondern auf die langfristige Staatsverschuldung. Ausgaben, besonders als Investitionen in Bildung, Technik und Infrastruktur, können tatsächlich langfristig zu einer Reduzierung der Defizite führen. Die Kurzsichtigkeit der Banken hat die Krise zum Teil hervorgerufen, wir dürfen nicht zulassen, dass die Kurzsichtigkeit der Regierung – angestiftet von den Banken – sie nun verlängert.

Schnelleres Wachstum und schnellere Renditen auf öffentliche Investitionen sorgen für höhere Steuereinnahmen, und eine Rendite von fünf bis sechs Prozent ist mehr als genug, um die vorübergehenden Zunahmen der Staatsverschuldung aufzufangen. Eine soziale Kosten-Nutzen-Analyse (unter Berücksichtigung anderer Auswirkungen, nicht nur der auf den Haushalt) machen solche Ausgaben umso attraktiver, auch wenn sie über Verschuldung finanziert werden. Hier weiterlesen.

* Die ersten drei Absätze sind mit Genehmigung des Project Syndicates übernommen. Der Nachdruck von auf dieser Website veröffentlichen Materialien ohne schriftliche Einwilligung durch Project Syndicate stellt eine Verletzung internationalen Urheberrechts dar. Um eine entsprechende Nutzungsbewilligung einzuholen, wenden Sie sich bitte an distribution@project-syndicate.org.

Jan März 14, 2010 um 19:03 Uhr

Denke auch, dass es im Prinzip richtig sein kann, dass Staaten Schulden machen in bestimmten Situationen.
Was aber heute und in letzter Zeit passiert ist, ist dass sehr viel Geld für unnütze Zwecke ausgegeben wurde. Unmengen Geld für Kriege, auch Sozialsysteme, wie wir es hier kennen, sind alles andere als Investitionen in die Zukunft. Zudem finanzieren die Staaten (nicht nur Griechenland) mit Schuldenaufnahme einen Lebensstandard, der für das, was wir leisten zu hoch ist.

Daniel März 12, 2010 um 09:56 Uhr

„Die meisten Ökonomen sind sich auch einig, dass es ein Fehler ist, nur auf eine Seite der Bilanz zu schauen (egal, ob im öffentlichen oder privaten Sektor). Man darf nicht nur auf die Schulden eines Landes oder Unternehmens schauen, sondern muss auch die Vermögenswerte berücksichtigen.“

Ach Joey, die USA haben zum Beispiel unter Bush ihr Defizit verdoppelt und haben dafür auch voll viele Vermögenswerte rangeschafft: Zwei Kriege finanziert, Geld in den Sozialkassen versenkt und Subventionen an Farmbetriebe bezahlt. Und Obama, hey, der hat pleite gegangene Automobilkonzerne gekauft, Geld in Sozialkassen versenkt und demokratisch orientierte Gruppen „stimuliert.“

Es ist ja nicht so, daß ein nennenswerter Teil der Staatsschulden in Bildung oder Technologie investiert worden wären …

Was will uns also Stigliz damit sagen? Daß auch Nobelpreisträger mal Scherzartikel schreiben dürfen?

enigma März 12, 2010 um 02:20 Uhr

„…Renditen auf öffentliche Investitionen…“

Es ist seit 50 Jahren bekannt, daß Renditen aus öffentlichen Investitionen allenfalls INDIREKT entstehen. Die gibt es, nur die können nicht gemessen werden. (Die Multiplikatortheorie müßte sich eigentlich damit beschäftigen, welcher Prozentsatz der öffentlichen Investitionen in die Geldanlage hineingeht.) Und genau daran krankt die Kosten-Nutzen Analyse öffentlicher Investitionen, da die Unwägbarkeiten der Effekte öffentlicher Investitionen sich in privaten Bilanzen wiederfinden.

Saldenmechanisch betrachtet ist die Staatsverschuldung ein Programm für Q-Gewinne! Nur leider sind die nicht dazu geeignet, privatwirtschaftliche Investitionen zu generieren. Die Wohlfahrtseffekte sind zwar da, nur die (öffentliche) Rendite bleibt leider aus…

Comments on this entry are closed.

Previous post:

Next post: