Als ich am Freitag Morgen aus meinem Hotelfenster in Hamburg schaute, vermutete ich zunächst , die Stadt sei von einer hauchdünnen Ascheschicht überzogen, so dramatisch klangen teilweise die Berichte über den Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjalla und die Sperrung des Flugraums. Natürlich bekam ich keine Asche auf mein Haupt. Einzig der Zug am Abend nach Bielefeld war deutlich voller als sonst. Und natürlich war die komplette Einstellung des Flugverkehrs über halb Europa ein beherrschendes Small-Talk-Thema, weil jeder irgend jemanden kannte, der irgendwohin mit dem Flugzeugt war.
Ein Schwarzer Schwan ist nach Nassim N. Taleb ein äusserst unwahrscheinliches Ereignis mit drei Haupteigenschaften: Es ist nicht vorhersehbar; es hat gravierende Auswirkungen; und wir fabrizieren im Nachhinein eine Erklärung, die es vorhersehbarer und weniger zufällig aussehen lässt, als es tatsächlich war.
Der Ausbruch und die Einstellung des Luftverkehrs ist ein echter Schwarzer Schwan. Niemand hat damit rechnen können, dass über einen so langen Zeitraum der Flugverkehr lahm gelegt würde. Der Flugradar von flightradar24.com zeigte jedenfalls am Samstag noch gähnende Leere in Mittel- und Nordeuropa. Die (ökonomischen) Folgen kann ebenfalls noch niemand wirklich abschätzen.
Es werden zwar erste Zahlen herumgereicht, was die Flugausfälle für die Fluggesellschaften bedeuten. So besagen Schätzungen, es sei mit Einnahmeausfällen bis zu 150 Mio. € pro Tag zu rechnen. Kaum vorstellbar, dass dies alle Schäden sein können. Erst Versuche einer Einschätzung hier:
- Zeit: Teure Asche
- FTD: Wirtschaft drohen Millionenschäden
Die Nachrichtenlage insgesamt wird derweil noch als etwas skurril wahrgenommen, wie etwa, dass Kanzlerin Merkel in Lissabon “strandete”. Ich bin jedenfalls gespannt, welche Konsequenzen sich in den nächsten Tagen noch zeigen werden. Die Börsen selbst hatten außer bei Luftverkehrsaktien nicht reagiert. Im Klartext bedeutet dies, es wird nicht mit einer Beeinträchtigung der Wirtschaftsaktivitäten gerechnet. Ob das so richtig ist, wird sich noch zeigen müssen.
An manchen Stellen hat bereits das philosophieren begonnen, wie etwa in einem Leserkommentar der Zeit. Dort schreibt Rubbosso u.a.:
“Als ich am Abend den Artikel las musste ich sofort nach oben in unsere Dachwohnung gehen. Vom Dachfenster aus durfte ich zusammen mit meiner Frau einen wolkenlosen Abendhimmel bewundern, der – völlig untypisch für den Rhein-Neckar-Raum – gänzlich frei von Kondensstreifen war.
Vom Anblick überwältigt dachte ich voller Ehrfurcht, wie leicht es für die Kräfte der Natur sei, die Pläne des kleinen, doch oftmals überheblichen Menschen zu durchkreuzen.
Wir täten gut daran, eine demütige Einstellung gegenüber der Natur zu zeigen, statt sie immer weiter zurückzudrängen.”
Neben diesen ernsthafteren Gedanken, gibt es die ersten Scherzausbrüche:
- @barbeiter: Deutsche Anleger bekommen jetzt ihre Asche aus Island zurück!
- Chuck Norris kann trotz Vulkan-Ausbruch per Flugzeug reisen. Dann erst recht.
- Wenn Chuck Norris ein heißes Bad nehmen will, setzt er sich in einen Vulkan.
- Chuck Norris hat in seinem Wohnzimmer keine billige Lavalampe stehen, sondern einen Vulkan
- weitere Witze über Vulkanausbruch
Hier jedenfalls eine Presseschau über einen Start in ein Wochenende, an dass wir noch lange zurückdenken werden:
HB: Aschewolke aus Island: Flugreisenden droht Chaos-Wochenende: Das Chaos an den Flughäfen Europas dauert an, womöglich noch das gesamte Wochenende. Der Hamburger Flughafen ist bereits bis Sonntagnachmittag gesperrt worden, im Rest der Republik bleiben sämtliche Flieger bis mindestens 20 Uhr am Boden. Die erhoffte Entwarnung aus Island bleibt aus, der Eyjafjallajökull-Vulkan spuckt unverändert Rauch und Asche in die Atmosphäre.
Spon: Flugchaos in Europa – Deutscher Luftraum bleibt bis Sonntag geschlossen: Die Deutsche Flugsicherung hat die Sperre des Luftraums verlängert: Bis Sonntag 2 Uhr wird es deutschlandweit keine Starts und Landungen geben. Zehntausende Passagiere sind betroffen – auch die Bundeskanzlerin kann weiterhin nicht in Deutschland landen.
Welt: Experten rechnen mit Ausbruch des Vulkans Katla: Die Eruptionen des Eyjafjalla-Vulkans auf Island haben zahlreiche Flughäfen in Europa lahmgelegt. Möglicherweise ist das aber nur der Anfang. Denn zwischen ihm und dem Vulkan Katla gibt es eine Verbindung. Arthur Bollason, Isländer, Schriftsteller und Tourismusexperte, dämpft aber die Ängste vor einer Katastrophe.
Flugreisenden droht Chaos-Wochenende
Minutenprotokoll: Asche legt Flugverkehr lahm
Aschewolke: Deutsche Flughäfen auch am Samstag geschlossen
Air Travel Chaos Deepens Into Weekend
Europa droht der Chaos-Samstag
Vulkanwolke Achtung, Aschewitze!
Themenseite: Alles über die Folgen des Vulkanausbruchs
Video: Chaos an europäischen Flughäfen
Aschewolke-Folgen: Island-Vulkan stoppt Merkel-Airbus
Chaos im Luftverkehr: Tausend Feldbetten für den Frankfurter Flughafen
Video-News Magazin: Reisende steigen auf Bahn und Mietautos um
Vulkanausbruch Luftfahrtchaos in Europa
Flug in Vulkanasche „Umkehren und sofort raus“
Was der Ascheregen für unser Klima bedeutet
Comments on this entry are closed.