Lesehinweis: Wachstum schafft nicht zwingend Reichtum

by Dirk Elsner on 5. Mai 2010

“Ist hohes Wachstum der entscheidende Schlüssel für ein hohes Volkseinkommen?” fragt Olaf Storbeck in einem Beitrag für das Handelsblatt. So absurd wie die Frage auf den ersten Blick aussieht, ist sie jedoch nicht. Storbeck schreibt über eine neue Arbeit von John Joseph Wallis, Ökonomie-Professor an der University of Maryland, zeigt. Viel wichtiger als die Höhe des Wachstums in guten Zeiten sei es demnach, wie oft und wie sehr ein Land in Krisen gerät. "Reiche Länder sind nicht deshalb reicher, weil sie schneller wachsen als arme", sagt Wallis. "Sie erleben seltener Episoden mit negativem Wachstum, und sie schrumpfen in Krisen langsamer." Weiter schreibt Storbeck:

“Ausgangspunkt der Theorie von Wallis ist der Befund, dass einzelne Akteure in einer Krise oft in einem Dilemma stecken. Ein Verhalten, das aus der Perspektive eines Einzelnen vernünftig ist, macht oft alles nur noch schlimmer, wenn alle so agieren. Wenn zum Beispiel Zweifel an der Zahlungsfähigkeit von Banken aufkommen, macht es für jeden einzelnen Anleger Sinn, seine Ersparnisse in Sicherheit zu bringen. Löst aber jeder Bankkunde sein Konto auf, bricht auch das solideste Geldhaus zusammen.

Die einzelnen Akteure stehen also vor dem Problem, ihr Verhalten aufeinander abzustimmen und so eine für alle negative Abwärtsspirale zu verhindern. Dieses Koordinationsproblem ist für Wallis eine fundamentale Ursache für Instabilität – solange einzelne Akteure befürchten müssen, dass sie schlechter wegkommen, wenn sie mit anderen kooperieren, gebe es keine Lösung für das Dilemma.”

Diese Betrachtung ist auch deswegen sehr interessant, weil sie sich als Modell für das Verhalten in Liquiditätskrisen des Finanzsystems eignen könnte.

Originaltext: "Did the New Deal save Democracy and Capitalism?" von John Joseph Wallis, Arbeitspapier (April 2010)

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