Mit Simulationen Finanzrisiken sichtbar machen

by delsn on 13. August 2010

Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat viele Finanzplaner in Unternehmen zur Verzweiflung gebracht. Die traditionelle Finanzplanung wurde einer kräftigen Belastungsprobe unterzogen, denn Unsicherheit wird in den Daten nur selten richtig abgebildet. Die meisten Unternehmens- und Finanzplanungen beschränken sich immer noch auf Punktangaben, die genau ein bestimmtes Ergebnis vorhersagen. Gerade gut aufgestellte Unternehmen punkten aber bei Kapitalgebern, wenn sie ihre Planungen um Risikokomponenten erweitern und damit die Chancen auf neue Mittel und die Senkung ihrer Kapitalkosten erhöhen.

Wie kann das Risiko in die Planung integriert werden?

Erreicht werden kann dies über die immer mehr in den Fokus rückende Simulation von Planungsdaten. Das ist dank moderner Tools mittlerweile wesentlich einfacher zu bewerkstelligen, als vermutet. Auf diese Weise gewonnene Auswertungen sind deutlich aussagefähiger und überzeugen etwa (potentielle) Kapitalgeber mehr als herkömmliche Best-Worst-Case-Planungen. Dazu ist nach unseren Erfahrungen der Zeitaufwand 30% geringer, als eine bestehende Planung um einen Best- und Worst-Case-Fall zu erweitern.

Basis ist ein gutes Planungsmodell

Wichtig ist es, zunächst ein solides Planungsmodell zu entwickeln, das als ein integriertes und auf Bezugsgrößen basierendes System aufgebaut sein sollte. Das bedeutet, Planungselemente, deren Wert von anderen Faktoren abhängen, sollten möglichst mit diesen Abhängigkeiten modelliert werden. Mengen-Wert-Beziehungen können etwa über entsprechende Formeln und Subtabellen verknüpft sein. Unabhängige Planungsfaktoren, wie Mengen, Ein- und Verkaufspreise oder Wechselkurse sollten explizit berücksichtigt sein. Je besser die Abhängigkeiten modelliert sind, desto aussagekräftiger wird eine Simulation werden.

Konzentration auf die wichtigsten Einflussfaktoren

Eine Sensitivitätsanalyse identifiziert in einem weiteren Schritt die Haupteinflussfaktoren auf gewünschte Zielwerte in dem modellierten Planungsmodell. Diese Analyse zeigt, in welchem Umfang eine bestimmte Annahme (= Einflussfaktor) z.B. Schwankungen des Betriebsergebnis oder des Cashflows erklären. Nebenbei erhält man so einen Plausibilitätscheck der eigenen Planung, denn die so identifizierten Einflussfaktoren sollten die gleichen sein, die das Management erwartet. Abweichungen deuten auf ein zu grobes Planungsmodell, technische Fehler oder verzerrte Erwartungen hin.

Variation der Einflussparameter im Rahmen vorgegebener Annahmen

Hat man die wichtigsten Einflussfaktoren identifiziert, kann man sich auf diese konzentrieren und abschätzen, in welcher Bandbreite diese Werte schwanken könnten. Dazu hinterlegt man ebenfalls toolgestützt eine möglichst realistische Wertverteilung dieser Faktoren, wie etwa mögliche Schwankungen von Einkaufspreisen, Absatzmengen oder Wechselkursen. Anschließend werden auf dieser Basis Szenarien mit Hilfe der Monte-Carlo-Methode simuliert. Es wird also eine Reihe mit Zufallszahlen erzeugt, die anhand der vorgegebenen Verteilungsparameter in die benötigten Eingangswerte für die Einflussfaktoren umgerechnet werden. So lassen sich zigtausende künftige Szenarien it-gestützt simulieren.

Als Ergebnis erhält man eine Verteilung der Zielwerte, die z.B. so aussehen könnte:

Der für diese Abbildung ursprünglich als Basis verwendete Businessplan prognostizierte in der Punktplanung für das Jahr 2011 ein Ergebnis von 191 Mio. Euro. Unter Berücksichtigung der Schwankungen der wichtigsten Stellhebel zeigt die Verteilung der simulierten Ergebnisse, dass sich dieser Wert vergleichsweise weit rechts befindet. Ein deutlich größerer Anteil der Ergebnisse liegt aber unter diesem Betrag. So konnte hier mit der Simulation gezeigt werden, dass die Punktplanung eigentlich zu optimistisch war und das Ergebnis mit großer Wahrscheinlichkeit unter diesem Planwert liegt.

Unter Berücksichtigung der Schwankungen der wichtigsten Stellhebel lässt sich über die Simulation zeigen, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% das Ergebnis geringer ist oder gerade erreicht wird. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% liegt das Ergebnis unter 153 Mio. Euro, mit 10% sogar unter 114 Mio Euro:

Ermitteln lässt sich so übrigens auch, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein bestimmter Cashflow auf Basis der Planung mindestens erreicht oder unterschritten wird. Daraus könnte sogar eine Insolvenzwahrscheinlichkeit abgeleitet werden. Ist die Planung richtig erstellt, dann können sich Finanzabteilung und Fachbereiche auf die Faktoren mit dem höchsten Risikobeitrag zum Zielergebnis konzentrieren und fragen, mit welchen Maßnahmen sich Schwankungen und und negative Wirkungen auf das Zielergebnis reduzieren lassen.

Keine komplexe Mathematik notwendig

Das hier skizzierte Verfahren findet derzeit in verschiedensten Varianten und mit unterschiedlichsten Tools den Weg in die Praxis. Die Anwendung solcher Simulationsverfahren ist dabei nicht auf die reine Finanzplanung beschränkt, sondern lässt sich generell dort verwenden, wo mit unsicheren Zukunftszahlen gearbeitet wird, wie etwa Investitionsrechnungen oder Angebotskalkulationen. Es hilft die oftmals nur "gefühlte" Unsicherheit zu strukturieren, zu visualisieren und erleichtert so erheblich die Identifikation von Schwachstellen und Ableitung zielgerichteter Maßnahmen. Charmant an dem Verfahren ist, dass nicht komplexe Mathematik im Vordergrund steht, sondern die systematische Auseinandersetzung mit den betriebswirtschaftlichen Risiken.

* Der Beitrag ist ursprünglich für die Printausgabe 2/2010 CFO World erschienen. Der Urheberrecht liegt bei IDG Business Media GmbH.

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