Risikosimulation bzw. die Simulation von Planungsdaten[1] entwickelt sich zu dem Thema, um Risiken von Entscheidungen und Planungen sichtbar zu machen. Häufig ist aber nicht klar, was damit genau gemeint ist und wie man dieses Instrument für die Risikoeinschätzung in der Praxis nutzen kann.
Die Nutzung von Simulationen in Unternehmen erfolgt bisher eher sporadisch[2]. Mit der Verfügbarkeit mittlerweile erschwinglicher und einfach einsetzbarer Tools werden aber diese bisher eher von Konzernen oder Investmentbanken eingesetzten Verfahren verblüffend einfach für Groß- und sogar mittelständische Unternehmen und Beteiligungsgesellschaften zugänglich gemacht.
Wissenschaftliche Untersuchungen haben die Vorteile des Einsatzes von Simulationen für Unternehmen schon lange nachgewiesen (siehe Literaturliste), in einer dreiteiligen Reieh soll gezeigt werden, dass die Anwendung einfacher ist, als sich dies viele Unternehmen möglicherweise vorstellen.
Punktplanungen lassen das Risiko unberücksichtigt
Oft sind in Geschäfts, Projekt-, Liquiditätsplänen oder Prospekten für Kapitalanlagen Punktergebnisse dargestellt. Risikofaktoren und Annahmen sind meist nur im Prosateil dargestellt. Die Auswirkungen ihrer Schwankungen auf die konkreten Zielergebnisse bleiben so aber im Dunkeln. So sind die dargestellten Daten im Prinzip nicht viel wert, weil Risikoinformationen verloren gehen. Dabei ist die Anreicherung mittlerweile denkbar bequem.
Was versteht man unter Planungssimulation
Zuvor aber in drei Sätzen Prosa eine Erklärung, um was es bei einer Planungssimulation eigentlich geht. Mit einer Risikosimulation wird die Veränderung der Gesamtrisikolage analysiert in Abhängigkeit von ihren Einzelrisiken[3]. In der Praxis variiert man dazu mit einem Softwaretool (eine Übersicht gibt es hier, wir arbeiten mit MOTI, einem Tool von Dr. Ihde und Partner) jeweils die unabhängigen Planungsannahmen und Werttreiber und erhält dadurch für seine Zielwerte (etwa Gewinn, Cashflow, Projektaufwand) eine Verteilung der möglichen Ergebnisse. Die (positiven und negativen) Abweichungen der so erhaltenen Daten vom erwarteten Zielwert stellen das Risiko dar.
So erhält man statt eines bestimmten Punktergebnisses z.B. für den Zielwert Gewinn eine Verteilung des Ergebnisses, die z.B. so aussehen kann:
Solche Simulationen, die, wie das Beispiel im Folgebeitrag zeigen wird, auf der gleichen Planungsdatei beruhen, wie die traditionelle Planung, sind deutlich aussagekräftiger als traditionelle Best-, Worst- oder Realistic-Case-Planungen.
In der Praxis ist es nämlich es sehr aufwendig, einzelne Planungsparameter manuell zu ändern, um Auswirkungen auf die Gesamtplanungen abzuschätzen. Außerdem werden dabei oft voneinander unabhängige Parameter mit Pauschalzu- und -abschlägen entweder nur verbessert oder verringert. Schon intuitiv ist klar, dass dies unrealistisch ist, denn viele Planungsparameter variieren unabhängig bzw. mit niedriger Korrelation voneinander.
Einfache Erweiterung traditioneller Planung
Der Kern des Simulationsverfahrens ist, dass identifizierten Einzelrisiken Wahrscheinlichkeiten zugeordnet werden. Ist der Plan so erweitert, „dann wird in unabhängigen Simulationsläufen eine Betrachtungsperiode einige tausend Mal durchgespielt und jeweils eine Ausprägung der Zielgröße des Rechenmodells berechnet. Auf diese Weise kann eine numerische Näherung für die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Zielgröße ermittelt und daraus auf die Risikolage des betrachteten Bereiches geschlossen werden.“[4].
Kennt man die Wirkungen bestimmter Risiken, dann kann sich das Management auf die Faktoren mit dem höchsten Impact auf die Zielergebnisse konzentrieren. Je nach Risikoneigung kann sich das Management entsprechend vorbereiten oder bewusst Risiken in Kauf nehmen. Punktplanungen geben solche Einschätzungen nicht wieder. Hier muss sich das Management auf sein „Bauchgefühl“ verlassen.
Viele Anwendungsmöglichkeiten
Simulationen lassen sich überall einsetzen, wo mit unsicheren Zukunftsdaten hantiert wird und man über ein entsprechendes Planungsmodell verfügt. Hier einige Anwendungsbeispiele:
· Unternehmensplanungen, wie etwa Erfolgs- oder Liquiditätsplanung
· Kalkulationen von Investitionsprojekten
· Akquisitions- und Kundenkalkulationen
· Kalkulationen für Kapitalanlagen und Unternehmensbeteiligungen[5]
· Stresstest und Finanzrisikoplanung
· Volkswirtschaftliche Prognosen
· Bewertung komplexer Wertpapiere
Simulationen können helfen, ein unbestrittenes Phänomen, nämlich die Verzerrung von Planungen durch zu optimistische Schätzungen, zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren. Abweichungsrisiken werden transparent gemacht und helfen, Fehlinvestitionen zu vermeiden.
Simulationsverfahren tragen übrigens der Kritik an den immer noch verbreitet für die Kreditbeurteilung eingesetzten Scoring-Verfahren zur Ermittlung von Ausfallwahrscheinlichkeiten Rechnung. Die Analyse basiert hier nicht auf statistischen (von Kausalzusammenhängen nicht erklärten) Korrelationen von Eigenschaften etwa des Unternehmens, des Managements oder der Märkte, sondern auf den tatsächlichen Erwartungen und wie sie ihren Niederschlag in der Planung gefunden haben.
Nach dieser Prosa wird im zweiten Teil anhand eines einfachen Beispiels die Simulationsplanung aus einer traditionellen Planung entwickelt. Man wird sehen, dass der Weg dahin viel dichter liegt als erwartet.
Anmerkungen: Dieser Beitrag ist urheberrechtlich geschützt und in einer ähnlichen Fassung auf der Webseite der CFOWorld erschienen unter dem Titel: Risiken simulieren statt erahnen – Teil 1
[1] Im Blick Log zuletzt hier.
[2] Dies zeigt auch eine zwischen November 2009 und Februar 2010 von der Copenhagen Business School und der Århus University durchgeführte repräsentative Befragung der CFOs der 500 größten dänischen Unternehmen. Stefan Linder/Jan Spitzner: Effektives Risikomanagement in turbulenten Zeiten, in: Risk, Compliance&Audit, Ausgabe 5/2010, S. 12-18.
[3] Vgl. Georg Strohmeier, Ganzheitliches Risikomanagement in Industriebetrieben, Wiesbaden 2007, S. 68. Strohmeier weist auf den Unterschied zur Risikoaggregation hin. Er versteht unter Risikoaggregation das Zusammenfassen mehrerer, gleichartiger Risiken zu einem Gesamtrisiko innerhalb eines Betrachtungsbereiches. Die Risikosimulation dient dagegen der Analyse von Veränderungen der Gesamtrisikolage in Abhängigkeit von Einzelrisiken.
[4] Georg Strohmeier, Ganzheitliches Risikomanagement in Industriebetrieben, Wiesbaden 2007.
[5] Dazu ausführlich Martin Klein, Monte-Carlo Simulation und Due Diligence, Working Papers in Accounting Valuation Auditing Nr. 2010-5, Universität Erlangen-Nürnberg.
Literaturübersicht Teil 1
Wer das Thema vertiefen und auch die Grundlagen erarbeiten möchte, für den habe ich hier einige Literaturhinweise.
Dirk Elsner, Mit Simulationen Finanzrisiken sichtbar machen, in CFOWorld 2/2010
W. Gleißner, Wertorientierte Analyse der Unternehmensplanung auf Basis des Risikomanagements, in: Finanzbetrieb 7-8/2002
Tobias Ihde, Risiko aus Business Cases und Projekten – Wie sag ich’s meinem Vorstand…?, RiskNET v. 14.11.2010
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