Warum Managementratgeber nicht ratsam sind

by delsn on 1. Dezember 2010

Managementmoden und –philosophien haben ständig Hochkonjunktur. Schaut man sich die Flut von Konzepten und Ratgeberbüchern an, sollte heute keine Firma oder Führungskraft mehr Probleme haben und eine Finanz- und Wirtschaftskrise hätte es eigentlich nie geben dürfen.

 

Beliebt unter den Ratgebern sind die “Prinzipien”, die uns überrollen: “Das Hannibal-Prinzip:”heißt ein jüngst erschienenes Buch mit dem Untertitel: „Mutig führen, menschlich bleiben“. Daneben beglücken uns “Das Magellan-Prinzip”, “Das Odysseusprinzip”, “Das Edison-Prinzip”, “Das Santiago-Prinzip”, “Das Moses-Prinzip”, “Das Maximum-Prinzip”. Beliebt sind außerdem Tier-Prinzipien, wie “Das Pinguin-Prinzipclip_image002[1]oder “Die Mäusestrategie für Manager”, die schon zu den Klassikern gehört. Auf Analogien der Praxis zur Tierwelt zielen daneben “Die Bären-Strategie”,  „Das Möwen-Prinzip“ oder eher unappetitlich “Das Ratten-Prinzip” und “Die Kakerlaken-Strategie”.

Diese und unzähligen andere Konzepte verfolgen das Ziel, über neue „Verhaltenstechniken“, durch Einführung neuer Unternehmensstrukturen, der Nutzung neuer Technologien oder sinnvollen Einsatz menschlicher Fähigkeiten eine Verbesserung des persönlichen und des Unternehmenserfolges zu erreichen.

Der interessierte oder gar unter Druck stehende Manager steht angesichts der vielen Konzepte vor der Frage, welchem Modell der Unternehmensführung er den Vorzug geben soll.

In einem Interview mit dem Harvard Business Manager (5/2009) sagte der schwedische Organisationsforscher Nils Brunsson: „Veränderungsprogramme lassen sich leicht ins Leben rufen, aber nur schwer umsetzen. Es ist daher kaum erstaunlich, dass die meisten scheitern.“ In der Folge kritisiert Brunsson moderne Managementkonzept wie Process Reengineering, Balanced Scorecard oder Qualitätssysteme. Dies seien Ideale in dem Sinne, dass sie vernünftig, konsistent und geordnet erscheinen, solange sie Ideen bleiben. Ideal bleiben sie meist, bis Manager versuchen, sie umzusetzen.

Die meisten Konzepte sind i.d.R. leicht zu verstehen und zu vermitteln. Sie gehen oft einher mit Schlagwörtern, Auflistungen und Kürzeln. Normalerweise ist die Kernaussage in wenigen Schlüsselbegriffen zusammengefasst, stellten die Management Forscher Jon Hartwick und Danny Miller im Beitrag „Schein oder Sein“ im Harvard Business Manager (2/2003) fest.

Sowohl auf Unternehmens- als auch auf Geschäftsfeldebene werden zahlreiche Strategieansätze diskutiert, die teilweise paradigmischen Charakter erlangt haben aber weitgehend unverbunden nebeneinander stehen. Die zunehmende Fragmentierung der Forschung hat zum Entstehen eines kaum noch zu durchdringenden Theoriendschungels geführt, ergänzt dies Thomas Jenner in einem Beitrag für die Zeitschrift Wirtschaftswissenschaftliches Studium (3/2003).

Das Buch “Der Halo-Effekt: Wie Manager sich täuschen lassen” von Phil Rosenzweig, Professor an der Lausanner Business-School IMD, gehört zu den besseren Management-Büchern. Es konzentriert sich darauf, Auswirkungen der Empfehlungen einiger bekannter Management-Klassiker zu untersuchen. Rosenzweig weist in seinem Buch eindrucksvoll nach, dass die meisten Managementkonzepte, die Wissenschaftler und Berater anbieten, kaum substantielle Verbesserungen bringen.

Rosenzweig hat dazu zahlreiche als „Patentrezepte“ gepriesene Konzepte systematisch auf ihren Einfluss auf die Unternehmensergebnisse untersucht. Sein Urteil fällt vernichtend aus: Die Empfehlungen erfolgreicher Management-Bücher taugten weder als Entscheidungshilfe für Führungskräfte noch als Input für wissenschaftliche Forschungen. Die Autoren der Ratgeber stellten letztlich unbewiesene Behauptungen auf.

In aller Regel suggerieren die Autoren Zusammenhänge, die seriös nicht bestätigt werden können. Kausale Zusammenhänge, die besonders gern anhand von erfolgreichen Beispielen „belegt werden“, sind wissenschaftlich meist nicht zu halten. So hat Rosenzweig intensiv den Klassiker „Auf der Suche nach Spitzenleistungen“ der McKinsey-Berater Tom Peters und Robert Waterman auseinandergesetzt. Der Erfolg der 43 Unternehmen, die Peters und Waterman als vorbildlich für ihre Spitzenleistungen ansehen, hielt tatsächlich nicht lange an. Peters hat übrigens mittlerweile selbst zugegeben, dass die Unternehmen für die Studie so ausgewählt wurden, dass das bereits vor der Untersuchung feststehende Ergebnis auf die Unternehmen passte (siehe dazu Tom Peters’s True Confessions auf Fastcompany.com).

In der Wissenschaft besteht mittlerweile ein breiter Konsens, dass keine generellen Erfolgsstrategien existieren. Dass immer wieder nach neuen Ansätzen Ausschau gehalten wird, mag aus Sicht eines nach Antworten suchenden Manager nachvollziehbar sein, die neuen Ratgeber werden ihn dabei nur wenig unterstützen. Das soll nicht bedeuten, dass man nicht doch den einen oder anderen Hinweis aus den Werken ziehen oder sich über die Anekdoten amüsieren kann.

_________________________

Dieser Beitrag ist in einer abgewandelten Version unter dem Titel “Fragwürdiger Boom bei Managementkonzepten – Odysseus, Moses oder Maus?” auf CFOWorld.de erschienen und ist urheberrechtlich geschützt

Previous post:

Next post: