Die Meldungen (hier ein RSS-Feed mit Meldungen ausgewählter Top-Medien) aus Japan prasseln in rasanter Geschwindigkeit auf die Welt und sorgen für große Verunsicherung der internationalen Wirtschaft
Natürlich lassen sich die ökonomischen Konsequenzen des Erdbebens vor Japan nebst des verheerenden Tsunamis an der japanischen Nordküste auch heute noch nicht einordnen. Schauen kann man allenfalls, wie die Meinungsbildung darüber an den Finanzmärkten und in den Medien bisher erfolgten.
Zunächst zu den Finanzmärkten: Die Marktteilnehmer sprechen zunächst einmal in Japan ein sehr deutliche Sprache. Nach der Börseneröffnung am gestrigen Montag ging es in der Breite abwärts mit den Aktien. Der Nikkei 225 fiel um 6,2%.
Dies hat sich jedoch am Dienstag Morgen geändert. Die Märkte in Japan erlebten einen dramatischen Absturz und reagierten damit auf die enorme Verunsicherung durch die atomare Gefahr, die von der radioativen Wolke vom Atomkraftwerk Fukushima ausgeht.
Differenzierter fällt das Bild aus, wenn man sich die Sektorstruktur vom Montag ansieht, wie in dem Screenshot links aus der FTD. Hier gibt es, wen wundert es, große Gewinner in der Bauindustrie (+20%). Und sogar im Energiesektor und Rohstoffsektor sind Werte auszumachen, die mit Gewinn geschlossen haben. In der Summe gibt es aber an den Wertentwicklungen nichts Positives festzustellen.
Verhaltene Reaktion der internationalen Finanzmärkte nur am Montag
Die Reaktion der weltweiten Finanzmärkte verlief am Montag zunächst überraschend verhalten. Zwar gaben viele Indizes deutlich nach, eine echte Panik ist dies aber am Montag nicht gewesen. Einige asiatische Aktienmärkte tendierten sogar positiv: “Der Hang-Seng-Index in Hongkong legte 0,25 Prozent zu, der südkoreanische Kospi gewann 0,8 Prozent. In Taiwan gaben die Kurse 0,6 Prozent nach.” (Quelle: Handelsblatt).
Notenbank nimmt den Druck von den Anleihemärkten
Schwerwiegender könnten die Konsequenzen für die japanischen Anleihemärkte. Es droht eine weitere Herabstufung des Ratings. Schon jetzt ist Japan durch Moodys nur mit der drittbesten Note AA2 bewertet, wie die FTD berichtet. Standard & Poor’s hatte Japan bereits im Januar auf AA- herabgestuft, den viertbesten Rang. Die negativen Wirkungen dieser Herabstufungen dürften sich aber in Grenzen halten, weil der japanische Staat vor allem bei der eigenen Bevölkerung verschuldet ist und nicht bei internationalen Investoren.
Daher sind die Risikoprämien für Kreditausfälle bisher nicht anstiegen. Am Montag rentierten japanische Anleihen sogar unter dem Niveau vom vergangenen Donnerstag, berichtet die FTD. Auch die japanische Zentralbank, die massiv japanische Anleihen kauft, hat vorerst den Druck aus den Märkten genommen hat. Lange wird sie das aber nicht durchhalten können und man wird hier die nächsten Tage abwarten müssen.
Schleierhafte Warnungen und unklare Berichte
Schleierhaft ist, was eigentlich Warnungen vor Ökonomen bezwecken sollen, die nach den USA und China die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt vor einer Rezession sehen, wie das Handelsblatt berichtet. Klar kann man so etwas prognostizieren, was soll jedoch eine solche Warnung bezwecken?
Überhaupt fällt auf, dass die Berichterstattung über die wirtschaftlichen Folgen noch sehr undifferenziert ausfällt. Eine Bildklickstrecke im Handelsblatt mit der Überschrift “Katastrophe legt Japans Industrie lahm” suggeriert, nichts geht mehr in Japan. Das ist mit Sicherheit eine Fehlinformation, denn die weitaus meisten Teile des Landes sind gar nicht betroffen durch die Katastrophe, die sich nur im weniger stark industrialisierten Norden zugetragen hat.
Gleichwohl mahnen die nicht kalkulierbaren Verhältnisse gerade in den Kernkraftwerken dazu, nicht voreilig Vorhersagen abzugeben.
Presseschau Wirtschaft
FTD: Nach dem Erdbeben Was Japans Katastrophe für die Weltwirtschaft bedeutet : Nippon befindet sich im Ausnahmezustand – auch ökonomisch. In Produktion und an den Finanzmärkten wirkt sich das verheerende Unglück schon stark aus. FTD.de zeigt, welche Bereiche es am stärksten getroffen hat und was das für die Zukunft Japans und anderer Staaten heißt.
HB: Folgen des Bebens: Lieferketten der Autobauer könnten reißen: Die Naturkatastrophe in Japan wird die Autobranche hart treffen. Und das nicht nur in Japan. Ganze Liefererketten sind bedroht – und das weltweit
FAZ: Japan – Das Beben wird die Wirtschaft nicht umwerfen:Das stärkste Erdbeben der japanischen Geschichte wird nach Einschätzung deutscher Ökonomen auf die hiesige Wirtschaft nur begrenzte Auswirkungen haben. Der deutsche Außenhandel mit Japan ist gering. Aber die Folgen eines Atom-GAU wären unabsehbar – auch für die Weltwirtschaft.
Spon: Wirtschaftliche Verflechtung – Wo Japan der Welt fehlt: US-Autohändler bangen um den Toyota Prius, deutsche Maschinenbauer um Elektronikteile: Die Weltwirtschaft spürt bereits die Folgen der Katastrophe in Japan. Auch die Produktion des neuen iPad ist gefährdet.
FTD: Erdbeben in Japan Wirtschaft bangt um globale Lieferkette : Japans Industrie hat sich seit Jahren spezialisiert. Im Land sitzen vor allem wichtige Zulieferer der weltweiten IT-Industrie. Experten fürchen bei einem Ausfall eine Kettenreaktion.
HB: Tsunami:Japan droht keine Staatspleite: Auch die hocheffiziente japanische Wirtschaft ist vom Tsunami stark getroffen. Infrastrukturen sind zerstört und einige Produktionsorte liegen vollständig brach. Nun muss das Land neben allem anderen auch noch einen finanziellen Zusammenbruch verhindern.
Deutsche Welle: Keine Weltrezession wegen Japan
Wiwo: Japan: Notenbank pumpt Rekordsumme in die Wirtschaft
DPA: ERDBEBEN/ANALYSE: Produktionsausfälle durch Katastrophe unvermeidlich
Guardian: Fukushima factor adds pressure to economic fallout from Japan’s crisis: Natural disasters are normally followed by v-shaped recessions, but the nuclear power plant explosions have complicated risk assessments
Japanische Quellen:
Japaninc.net: Japan’s Economic Outlook; The Good, the Bad, and the Ugly
Mainichi: More companies to suspend production at domestic plants
Kyodo News: BOJ eases monetary policy after catastrophic quake
Mainichi: Basic trend of Japan economy unchanged: Yosano
Kyodo News: Moody’s denies immediate danger of Japan fiscal crisis after quake
Ausgewählte Tweets aus dem Twitter-Ticker
wiwo: Deutsche Unternehmen kommen in Japan glimpflich davon http://wiwo.de/t/a/460112
FAZ_Topnews: Nach dem Beben: Japanische Unternehmen stoppen ihre Produktion (von Carsten Knop) http://www.faz.net/-01PMQV
handelsblattcom: Japan-Folgen: Deutsche Wirtschaft dämpft Angst vor Konjunkturabsturz http://bit.ly/gXZDVO
ftd_de: Folgen der Katastrophe: Japans Wirtschaft könnte glimpflich davonkommen: Beben und Tsunami haben den Nordosten d… http://bit.ly/eCE70d
handelsblattcom: Nach Erdbeben: Rohstoff-Hausse gerät ins Stocken http://bit.ly/dU2IvY
wiwo: Anton Riedl analysiert die mittelfristigen Folgen der Japan-Katastrophe für Nikkei und DAX http://bit.ly/dDX4wo
WSJ: Concerns are growing of a global shortage of memory chips as Toshiba and other Japanese firms close plants http://on.wsj.com/i7DMOs
businessinsider: The Companies Exposed To Each Failing Reactor In Japan $GE $TOSYY by @WhiteGM http://read.bi/hsc97Z
edwardnh: Japan Will Recover http://bit.ly/hJkb3c $$
Hallo Dirk, ich habe heute ein Interview auf meinen Blog online gestellt. Darin beschreibt Frau Bräuer Ihre Erlebnisse in Tokio. Sehr interessant wie ich finde: http://www.boersenpoint.de/blog/erdbeben-tsunami-super-gau-deutsche-medien-dramatisieren-stark/
Wie wird das Thema wohl in zwei Wochen aussehen? Im allgemeinen kann man davon ausgehen dass der Medienrummel zu einem bestimmten
Thema maximal zwei Wochen lang dauert. Dann ist das Thema auf einmal weg, wiewohl es momentan immer wieder so aussieht als würde es
dieses Thema ewig geben. Dann wird es, sowie davon die Rede ist, darüber berichtet, zwangsläufig um einiges sachlicher werden.
Das ist eine immer wieder zu beobachtende Eigenheit der Medien, eines Medienrummels, und der Meinungsbildung.
Comments on this entry are closed.
{ 1 trackback }