Internet-Blase 2.0: Warum mich die Groupon-Nutzerzahlen misstrauisch machen

by Dirk Elsner on 6. Juni 2011

Ja, ich weiß, diesmal ist alles anders, als während der Internet-Bubble zum Anfang dieses Jahrtausends und es gibt tausend Gründe, warum die irrwitzigen Bewertungen für Facebook, LinkedIn oder jetzt Groupon gerechtfertigt sind. Ob Groupon das nächste Google oder Neetscape wird, interessiert mich alles nicht. Solche Spekulationen, sind zwar unterhaltsam, kosten aber viel zu viel Zeit. Ich wollte mich daher eigentlich nach meinen Facebook-Bubble-Beiträgen gar nicht mehr an der Debatte beteiligen. Aber mich macht dann doch eine eigene Erfahrung stutzig, die ich hier loswerden will.

Groupon wächst, verriet die Firma in ihrem bei der SEC hinterlegen Börsenprospekt: Im zweiten Quartal 2009, kurz nach dem Start, lag der Umsatz, so fasst die ZEIT die Daten zusammen, bei rund drei Millionen Dollar. Weiter ist zu lesen: “Im ersten Quartal 2011 erwirtschaftete Groupon annähernd 645 Millionen Dollar. Die Zahl der Nutzer wuchs in der gleichen Zeit von 152.000 auf mehr als 83 Millionen weltweit.”

Zahl der Nutzer 83 Millionen? Ich werde dort sicher auch als Nutzer geführt. Natürlich wollte ich schon vor einigen Monaten wissen, wie der Rabatt-Dienst funktioniert und habe mich registriert und mir für Hamburg und Bielefeld die Angebote schicken lassen. Es war nicht ein interessanter Kupon dabei. Ich hätte nur mit etwas “sparen” können, was ich gar nicht hätte haben wollen (bitte, es soll mir keiner in den Kommentar schreiben, welche Schnäppchen er dort gemacht hat). Nach ein paar Wochen war ich jedenfalls nur noch genervt von den Mails und wollte sie nicht mehr. Wie man den Newsletter abbestellen kann, steht zwar ganz unten irgendwo im Kleingedruckten des Newsletter. Auf der Webseite aber fand ich nirgends einen Hinweis, wie man seine Registrierung dort wieder löschen kann. Ich gehe also davon aus, dass ich, wie Millionen andere Nicht-Mehrnutzer auch, dort weiterhin registriert bin.

Wenn ich also tatsächlich dort noch als registrierter Benutzer gezählt werde, dann muss die Zahl von 83 Mio. Usern nicht nur auf 82.999.999 sondern auf eine deutlich geringere Zahl reduziert werden. Ich will damit nicht sagen, dass Groupon nicht erfolgreich sein kann und nichts erlöst, aber bei Börsengängen werden die positiven Aussichten gern übertrieben und die Risiken im Kleingedruckten versteckt. Aus Sicht der Altaktionäre ist das rational. Potentielle Zeichner tun gut daran, die Geschäftsmodelle kritisch zu hinterfragen. Bei Groupon könnte man sich außerdem fragen, warum das elektronische Kuponmodell erfolgreicher sein soll, als das mittlerweile in Deutschland wieder verschwundene Modell der Papierkupons.

Und hier Beiträge, die sich mit Groupon und der Blase 2.0 befassen

HB: Neue Internetblase?Der Wahnsinn ist zurück – LinkedIn explodiert zum Börsenstart: Traumstart für LinkedIn: Gleich zum Start an der New Yorker Börse verdoppelt die Aktie der Social-Media-Plattform ihren Wert. Das hat es seit Google nicht mehr gegeben. Kritiker fühlen sich an die Dotcom-Blase erinnert.

ZEIT: Internetunternehmen Groupon strebt den Börsengang an: Nach LinkedIn wagt ein weiteres Internetunternehmen den Gang an die Börse: Der Wert des Rabattportals Groupon wird mit mehr als 14 Milliarden Dollar veranschlagt.

SZ: Groupon: Börsengang Schnäppchen-König macht sich teuer (03.06.11): Mal 30 Prozent, mal 50 Prozent: Groupon verschickt Mails, in denen lokale Geschäfte für wenige Stunden üppige Preisnachlässe anbieten. Jetzt drängt es das Unternehmen an die Börse – und das könnte richtig teuer werden.

SZ: Mit Schnäppchen an die Börse: Die US-Firma Groupon will von der neuen Begeisterung für Internetunternehmen profitieren. Gewinn erzielt sie bisher nicht

Welt: Teurer Schnäppchendienst: Das Rabatt-Portal Groupon will den neuen Internet-Hype nutzen und an die Börse gehen. Schätzungen gehen von einer Bewertung über 15 bis 20 Milliarden Dollar aus, obwohl die Firma noch Verluste schreibt.

Leander Wattig: Marketing im Social Web: Die “Schnäppchen-Plattform” Groupon beschäftigt mehr Redakteure als die Süddeutsche Zeitung

Business Insider: The bubble is (group)on: This week, GroupOn filed for a $750 million initial public offering. Looking at the data, it seems it either shouldn’t have or the kind of economics that got the dotcoms in trouble are back.

Rumored numbers were off

Read more: http://www.businessinsider.com/the-bubble-is-groupon-2011-6#ixzz1OOTvvRZ1

WSJ: Groupon IPO: It’s Here!

FTD: Hochbewertete Internetfirmen – Facebook-Investor klagt über Fehlbewertung von Bankern: Viele Marktbeobachter treibt die Angst vor einer neuen Blase um. Der Kurs des Netzwerks Linkedin verdoppelte sich am ersten Handelstag. Der Internetunternehmer Peter Thiel gibt den Banken Schuld, da sie Börsenkandidaten unterbewerten würden.

Presseschau Heiße Internet-Blase heiß diskutiert: Die Internationale Wirtschaftspresse piekst hier und da in die neue Internet-Blase, den EU-Bonds werden dagegen gute Chancen gegeben. Fortune und MoneyCNN beobachten den Doppelangriff auf PayPal. Die Presseschau.

ZEIT: Internetfirmen „Der Dotcom-Wahnsinn geht wieder los“: Internetfirmen wie LinkedIn und Facebook sind extrem hoch bewertet. Werden hier wieder Milliarden verschleudert?

Sascha Juni 6, 2011 um 20:19 Uhr

Hallo Dirk,

genau richtig, mir geht/ging es ähnlich. Funktionieren tut Groupon (Citydeal) wohl nur in den Großstädten wie Berlin, Frankfurt (Main), Hamburg oder München richtig. Zudem stellt sich mir die Frage, warum Groupon so gut funktionieren soll, aber die Ameisen von LetsBuyIt.com nie auch nur einen Fuß auf die Erde bekommen haben. Okay, nicht ganz dasselbe, aber doch ein wenig ähnliches Konzept. Vielleicht war LetsBuyIt.com damals einfach nur seiner Zeit voraus und würde heute funktionieren. Ich sollte mich mal nach Risikokapital umsehen… wobei ich dann doch lieber Franchise-Nehmer von Chipotle Mexican Grill in Deutschland werden würde… 😉

Gruß, Sascha!

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