Tränen für die Banken: Jammern über die Bankabgabe

by Dirk Elsner on 7. Juni 2011

Vergangene Woche musst meine Familie mir ein Taschentuch für die Tränen reichen, die ich angesichts des Leids der deutschen Banken vergossen habe. Wieder einmal ging es dabei um die “fiese” Bankenabgabe. Der Chef der Deutschen Bank, Joseph Ackermann, findet die deutschen Banken benachteiligt und die “Hypo-Vereinsbank fühlt sich deswegen ungerecht behandelt”. Ich habe keine Lust mehr, mir immer wieder die gleichen unsinnigen Argumente anzuhören. Warum setzt sich Herr Ackermann nicht dafür ein, dass eine vergleichbare Regelung auch international eingesetzt wird, damit die Benachteiligung aufhört.

Die Abgabe ist nicht nur vollkommen berechtigt angesichts der impliziten Staatsgarantie, die den Banken Millionen, wenn nicht Milliarden an Zinskosten spart, sondern sie ist auch noch viel zu niedrig. Ich empfehle dazu unbedingt einen Blick in den Beitrag von Olaf Storbeck Too Big to Fail“ Wie der Staat die Großbanken subventioniert”. Dort fasst er Erkenntnisse zusammen, die den Banken natürlich nicht schmecken:

“Gerät eine Großbank in Schieflage, haben die Steuerzahler keine andere Wahl, als ihr aus der Patsche helfen. Viele Ökonomen fürchten: Diese unausgesprochene Staatsgarantie führt dazu, dass sich Großbanken bewusst in riskantere Geschäfte stürzen – und so Krisen wahrscheinlicher werden. Volkswirte haben dafür den Ausdruck „too big to fail“ (zu groß, um scheitern zu können) geprägt – oder kurz: „TBTF“.

Theoretisch ist dieser Mechanismus hochgradig plausibel – aber spielt er auch im wirklichen Leben eine Rolle?

Mehrere Finanzmarkt-Forscher liefern darauf jetzt neue Antworten. Sie kommen unisono zu dem Schluss: Bankenregulierer und Finanzpolitiker haben das „Too big to fail“-Problem unterschätzt. Allein in den USA summieren sich die versteckten Subventionen für die größten Banken auf mehrere Milliarden Dollar pro Jahr und Institut. Der staatliche Schutz ist zudem so attraktiv, dass Geldinstitute systematisch versucht haben, den „Too big to fail“-Status zu erreichen – die impliziten Staatsgarantien waren eine zentrale Triebfeder für die vielen Fusionen und Übernahmen in der Branche seit den 90er-Jahren.” (hier zur Studie How Much Did Banks Pay to Become Too Big to Fail?“).

Die Bankenabgabe (hier das Gesetz und hier die Verordnung dokumentiert) macht gerade wegen ihres Absicherungscharakters viele mehr Sinn als eine Finanztransaktionssteuer. Mit dieser Abgabe zahlen Finanzinstitute abhängig von ihrer Bilanzsumme, Risikostruktur ihrer Geschäfte und der internationalen Vernetzung in einen Sonderfonds ein, der für die Bankenrettung zur Verfügung steht.

Geschäfte der Finanzinstitute haben Auswirkungen auf die Steuerzahler. Sie werden nämlich indirekt belastet durch die implizite Rettungsgarantie des Staates (siehe dazu auch “Die Kosten der faktischen Staatsgarantie für Kreditinstitute”). In der Ökonomie werden solche Auswirkungen als externe Effekte bezeichnet. Sie werden gern im Entscheidungskalkül der Verursacher vergessen. Extern heißt dabei, dass die Effekte (Nebenwirkungen) eines Verhaltens nicht (ausreichend) etwa in die Preisbildung einbezogen werden (mehr dazu in diesem Beitrag). Ein Geschädigter erhält keine Entschädigung und ein Nutznießer muss keine Gegenleistung dafür entrichten.

Daher macht es Sinn, eine geplante Abgabe nicht als populistische Strafsteuer zu gestalten, sondern als eine Versicherungsprämie, deren Höhe von den wie auch immer berechneten Risiken abhängt. Diesen Ansatz forderten übrigens 2009 drei Autoren in einem ausgezeichneten Beitrag für die Neuen Zürcher Zeitung (Kernpunkte im Beitrag “Banken für “Finanzverschmutzung” zahlen lassen” zusammengefasst).

Sinnvoller ist es außerdem sein, weitere derzeit vorbereitete Maßnahmen, wie Basel III und CRD 4, so anzupassen (idealerweise zu entschlacken), dass sie als Bemessungsgrundlage verwendet werden können. Andere Maßnahmen, wie das in den USA diskutierte Handelsverbot für Einlageninstitute, könnten verworfen werden. Institute mit einem ausgeprägten Eigenhandel und großem Geschäftsvolumen zahlen eine höhere Risikoprämie. Unterlegt wird dies durch eine Studie („Size Anomalies in U.S. Bank Stock Returns“), die belegt, dass gerade große Institute von der Bestandsgarantie profitieren und damit den Wettbewerb der Banken verfälschen. Das von Frank Wiebe im Handelsblatt vorgetragene Moral Hazard Argument ist übrigens Unsinn. Er glaubt, solche Fonds laden erst richtig zum Zocken ein. Dann wäre jede Versicherung Unsinn. Er kommt halt hier auf die richtige Gestaltung an (Stichwort ist hier der Selbstbehalt etwa in Form einer Beteiligung der Gläubiger). Richtig wäre es außerdem, gleich das System der Einlagensicherung in diesen Ansatz zu integrieren.

Natürlich sorgen die international vollkommen unterschiedlichen Konzepte für Verwirrung. Im Zweifel kreiert jedes Land eine eigene Abgabe, die unterschiedliche Kalkulationen und Auswertungen erfordern. Aufgrund der Internationalisierung der Geschäfte ist unklar, ob und in welchem Umfang Finanzinstitute außerhalb ihrer Heimatländer ebenfalls zahlen müssen. Im Sinne des hier vertretenen Ansatzes der Internalisierung externer Effekte sollten Institute jeweils in dem Land zahlen, dessen Fonds auch für eine Rettung einstehen. Die G20 haben hier übrigens kläglich versagt, weil sie sich bis heute auf keine Regelung geeinigt haben und dies bis zur nächsten Finanzkrise auch nicht mehr schaffen werden.

Mit einer Verteufelung des Finanzsektors hat die Bankenabgabe nichts zu tun. Wenig hilfreich sind auch Kommentierungen, die von einer Abgabe für „Zockerbanken“ (Wiwo) sprechen. Die Belastung ist schon deswegen gerechtfertigt, weil ohne die Bestandsgarantien der Staaten, viele Banken gar nicht mehr existieren würden.

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