Das vielleicht Putzigste an diesem Abend ist, dass Handelsblatt, Financial Times und Spiegel Online auf ihren Titelseiten im Web das gleiche Foto platziert hatten. Ansonsten gab es für die Inhaber von Longpositionen wenig zu lachen an diesem Tag, an dem der DAX nachbörslich auf dem Tagestief bei 6.265 schloss. Die schwarze Börsenwoche hat sich mit Wucht am Donnerstag fortgesetzt. Die “Panik” spiegelt sich in den Schlagzeilen wieder (Klick auf Link führt zu Beitrag).
|
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
Das ist plötzlich vom “Stillstand der Wirtschaft die Rede”, “Tumult auf den Devisenmärkten” und “Wirtschaftsforscher warnen vor globaler Krise” und sogar der angeblich sichere “Fluchthafen” Gold legt den Rückwärtsgang ein. Irgendwie fühle ich mich an der Herbst 2008 erinnert, als ähnlich Gewitter nach der Lehman Pleite über die weltweiten Finanzmärkte donnerten. Auch damals produzierten die Wirtschaftsmedien in Hundertschaften düstere Schlagzeilen. Und erst nach einem halben Jahr war der Spuk vorbei.
Damals bremsten weltweit gesehen Billionen Euro von Interventionsgeldern den Absturz. Diese Reserve dürfte nun futsch sein. Die spannende Frage bleibt, wie sich diesmal die Krise, die nach meiner Auffassung wieder aus dem noch lange nicht stabilisierten Finanzsektor kommt, auf die Realwirtschaft auswirkt. Reicht eine Schockwelle für eine tiefe Bremsspur in der Konjunktur?
Die Europapolitik blamiert sich unterdessen, weil sie nach nur zwei Wochen zurück rudert und einen noch größeren Rettungsschirm will. Wichtig sei jetzt, so der Wirtschaftsforscher Horn im Handelsblatt, dass die Politik Vertrauen erzeugt. „In Europa heißt dies, dass der Europäische Rettungsschirm EFSF tätig werden muss, falls Staatsanleihen weiter unter Druck geraten. In den USA sollte die Fed entsprechend intervenieren“.
Ich glaube nicht, dass dies der richtige Weg ist. Seit 3 Jahren gibt es eine staatliche Intervention nach der anderen. Immer wieder haben uns Ökonomen eingehämmert, wie wichtig diese seien. Die Politik hat diese Interventionsvorschläge gern aufgenommen, geholfen haben sie offensichtlich nicht. Warum soll eine neue Intervention nun die Wende bringen? Gibt es keine anderen Vorschläge aus der Ökonomie?
Haben uns nicht vor zwei Wochen noch Politiker, Banker und einige Wirtschaftsforscher noch eingeredet, der Rettungsschirm für Griechenland müsse sein, um ein zweites Lehman zu verhindern? Ich habe das schon damals nicht geglaubt, weil Banken und EU ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Aber ob Lehman 2 oder nicht. Die Situation ist nicht wirklich vergleichbar mit 2008. Da stimme ich den Bloggerkollegen Starlit Sky und egghat zu. Bei der Diagnose halte ich mich, wie gestern, zurück. Mich überzeugt das Rezessionsszenario nicht. Zumindest nicht als Erklärung für einen so starken Sturz.
Und was soll man nun tun? “Panic is For Suckers” schrieb der Businessinsider gestern Abend. Soll man sich also nicht vor der Panik anstecken lassen? Egghat glaubt ja, ich sei ein oller Panikmacher 😉 Bin ich gar nicht, ich schreib aber gern drüber. Dabei wollte ich ja eigentlich Sommerpause in dem Blog machen. Ich jedenfalls beschäftige mich zwar gern mit der Panik, versuche mich aber nicht anstecken lassen. Bei allen Börsencrashs, die ich seit 1987 bewusst mit erlebt haben, war das der richtige Ratschlag. Allerdings habe ich während eines jeden Crashs stets gezweifelt, ob ausgerechnet diesmal diese Strategie richtig ist. Man wird es sehen.
Und noch ein paar Schlagzeilen von heute
ENSMB: Der Sommercrash 2011: Drei überraschend bittere Börsentage
Querschüsse: DAX bricht weiter massiv ein! Abwärtsspirale im Zuge der Staatsschuldenkrise, vor allem der Südperipherie der Eurozone spult weiter. Auch an den Aktienmärkten wird ordentlich positivistische Luft abgelassen. Besonders deftig bricht der deutsche Aktienleitindex DAX ein. Seit 7 Handelstagen in Folge geht es abwärts um -935 Indexpunkte bzw. um -12,72%! Damit dürfte klar sein, dass sich weltweit die wirtschaftlichen Aussichten […]
Valuation in Germany: Krisenmanagement im Finanzsektor – Vorschläge aus der Literatur: Aus theoretischer Sicht ergeben sich die bekannten Herausforderungen im Prinzip aus dem "Trilemma der Finanzpolitik", demzufolge ein stabiles Finanzsystem, ein integriertes Finanzsystem und nationale Finanzautonomie nicht miteinander vereinbar sind (zwei der drei Ziele könnten beliebig miteinander kombiniert werden, jedoch nicht alle drei; eines der Ziele muss jeweils vernachlässigt werden. Diesem Gedankengang zufolge wird die EU als ein hochgradig integrierter Markt mit nationalen Finanzpolitiken zwangsläufig ein instabiles Finanzsystem haben. Dies kann aber auch dahingegend interpretiert werden, dass die Stabilität des Finanzsystems der EU nur erhöht werden kann, wenn die einzelstaatliche Politik stärker europäisch ausgerichtet wird, da Desintegration (z.B. eine Einschränkung des einheitlichen europäischen Passes) keine realistische oder wünschenswerte Lösung darstellt.
Zeit: US-Schuldenkrise Die amerikanische Gefahr: Die USA könnten eine neue Weltwirtschaftskrise auslösen. Denn das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Regierung ist erschüttert. Investoren horten nun ihr Geld.
FTD: Märkte treiben EZB zu Verzweiflungstat : Anleger sind in Panik – das zwingt auch die Europäische Zentralbank zum Handeln: Sie kauft wieder Staatsanleihen aus Krisenstaaten. Damit beruhigt die EZB die Märkte aber kein bisschen – im Gegenteil
NZZ: Ölpreise im Sinkflug -Furcht vor Konjunkturabkühlung: Die Ölpreise sind deutlich gesunken, dies offenbar aufgrund verbreiteter Furcht vor einer Abkühlung der Weltwirtschaft. Marktteilnehmer fürchten, die Schwäche der US-Wirtschaft könnte weltweit einen Konjunktureinbruch bewirken.
Zero Hedge: Market Bloodbath, "Happy Birthday Mr. President" Edition
Ich war zwar in meiner Vergangenheit nie ein unkritischer Fan des „freien Marktes“, glaube aber so langsam immer mehr an ihn. (so ganz zwar noch nicht, aber ….) Interventionen passen qua defintione nicht zum freien Markt. Der jetzige „Markt“ ist zwar nicht frei, aber global ist eine Bedingung fast gegeben: „vollkommene Information“, Internet etc.Dies war bei einigen früheren Crashs nicht der Fall. Möglicherweise ist deshalb die aktuelle Situation nicht vergleichbar.
Intervention könnte auch anders aussehen: offene Diskussion über die Ursachen der latenten Krise und gemeinsames „Meistern“. Eine Aussage könnte lauten: Schulden sind nicht schlecht, wenn sie investiven Charakter haben, der es ermöglicht diese Schulden zu begleichen. Somit ist die Steigerung der Produktivität vielleicht ein Lösungsweg.
Wenn aber Interventionen nur darauf abzielen, den Status quo ohne weitere „Anstrengungen“ zu sichern, werden diese in einer Welt der (relativ) freien Informationen wenig Erfolg haben.
Ich muss die ganze Zeit an das Brand-Eins-Cover aus dem Oktober 2008 denken.
Die Schlagzeile: Keine Panik! Das ist schon wieder nicht das Ende.
In der Tag. Kann man jetzt wieder herausholen.
Comments on this entry are closed.
{ 1 trackback }