Short ist kein Mord: Ursache für die Erholung der Börsen war nicht das Leerverkaufsverbot

by Dirk Elsner on 13. August 2011

Jetzt habe ich in den letzten beiden Wochen jeden Crashtag hier dokumentiert und die freundlichen Tage an den Finanzmärkten einfach ignoriert. Soll jetzt aber niemand denken, ich sei ein Bär und mag ausschließlich die dunklen Tage. Das Gegenteil ist der Fall. Auch über die letzten beiden Tage hätte man viel schreiben können. Aber leider kam ich selbst kaum zum Lesen. Dafür habe ich gestern auf der Rückfahrt von Hamburg über Bremen nach Bielefeld viel Radio gehört.

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In jeder Nachrichtensendung hörte ich von den stark steigenden Kursen an den internationalen Wertpapiermärkten und dem Aufatmen. Als Begründung für den Aufwärtstrend wurde stets das Verbot ungedeckter Leerverkäufe (= Short Sales) genannt. Das wurde gestern so oft gesendet, dass man fast hätte glauben könne, es müsse ja stimmen, wenn Deutschlandfunk und NDR info dies ständig wiederholen. Nein, es stimmt aber nicht.

Der Zusammenhang zwischen Erholung der Börsen und dem Verbot der Leerverkäufe ist ungefähr genau so plausibel, wie der, Killerspiele zu verbieten, um Amokläufe zu verhindern, in England Twitter abzuschalten, um die Krawalle zu beenden oder die Veröffentlichung von Ratingnoten zu untersagen, um die Schuldenkrise einzudämmen. Absoluter Nonsens.

Wenn angeblich die ungedeckten Leerverkäufe die Abwärtsbewegung so stark gefördert haben sollen, dann frage ich mich, warum die deutschen Börsen diese so stark mitgemacht haben, denn in Deutschland sind ungedeckte Leerverkäufe bereits seit einem Jahr eingeschränkt (siehe dazu “Bundestag verbietet ungedeckte Leerverkäufe ein bisschen”).

Short ist kein Mord, auch wenn mir das mal ein Vermögensverwalter während meiner Ausbildung eintrichtern wollte. Leerverkäufe sind nicht per se böse, sondern gehören zu funktionierenden Finanzmärkten. Ich habe heute leider nicht die Zeit, um hier auszuholen. In meinem Archiv habe ich aber einen ausgezeichneten Beitrag von Olaf Storbeck entdeckt “Das Geheimnis der Leerverkäufe”, in dem er einige Studien zum Thema Leerverkäufe zusammen fasst. Auch Michael Maisch bezieht im Blog Global Markets Stellung gegen das Verbot von Leerverkäufen:

„Einer der Gründe für diesen Effekt ist, dass sich das Verbot von Leerverkäufen sehr schnell aushebeln lässt. An den Terminmärkten können die Investoren beispielsweise weiter mit Futures und Optionen auf fallende Kurse wetten, oder sie weichen ins Ausland aus.“

 

Nachtrag vom 16.9. zur Wirkung des Leerverkaufsverbots

Egghat: Leerverkäufe verboten. Bankaktien sinken trotzdem.

FAZ: Leerverkäufe verboten. Bankaktien sinken trotzdem.: Die Hoffnung der Aufsichtsbehörden, das Verbot von Leerverkäufen würde die Talfahrt der Aktienkurse bremsen, erfüllte sich nicht. Der Abverkauf beschleunigte sich sogar. Im vergangenen Quartal sind Bankaktien um 30 Prozent gefallen.

Zero Hedge: Leerverkäufe verboten. Bankaktien sinken trotzdem

MACDalchow August 15, 2011 um 19:49 Uhr

Das nun die Medien einen ausgezeichneten Spürsinn besitzen einen Schuldigen zu verkünden, egal ob dieser nun schuldig oder nicht, ist keine erschreckende Neuigkeit. Aber man sollte nicht übersehen das hier vieleicht der Ansatz geschaffen wird, dass die Leser-, Hörer- oder Seherschaft ein wenig mehr Interesse bekommt was an den Finanzmärkten überhaupt von statten geht. Denn sind wir ehrlich, hier ist reichlich Nachholbedarf. Wenn dies dazu führt, dass ein Wenig mehr Wissen über Zusammenhänge an den Märkten sich verbreitet, so wäre dies doch ein richtiger Schritt.

nigecus August 15, 2011 um 19:19 Uhr

Es zeigt sich nur, wie mächtig Medien bei der Meinungsbildung: Wiederhole es so lange es jeder glaubt.

(Man sollte allen Popsongs vorschreiben Einmaleinsaufgaben zu rappen, schreien, oder wie man das noch so nennt. Dann werfen wir 1. beim PISA-Test)

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