Die FAS und die bunte Welt der Wirtschaftsblogs

by Dirk Elsner on 13. November 2011

Der heutige Beitrag von Patrick Bernau in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung über “Die bunte Welt der Wirtschaftsblogs” hat mich sehr gefreut. Bernau hält ein Plädoyer für die Wirtschaftsblogs, die ja oft noch ein Nischendasein führen. Er schreibt u.a.

"Im Internet finden neue Ideen schneller ihren Weg: Wenn Forscher eine neue Idee haben, stellen sie ihr Manuskript online und bekommen rasch Feedback von den Kollegen. Damit auch Laien die Erkenntnisse verstehen können, schreiben die Forscher Blogbeiträge."

Dem stimme ich uneingeschränkt zu. Vielleicht trauen sich ja jetzt auch in Deutschland noch mehr Fachleute, eigene Beiträge zu schreiben. Dabei muss übrigens nicht immer die letzte wissenschaftliche Brillanz aus jeder Zeile blitzen. Viel wichtiger ist es, eigene Ideen zu vermitteln und mit anderen zu diskutieren. Natürlich geht das auch über Fachzeitschriften. Hier wird jedoch immer nur ein kleiner Kreis adressiert, außerdem dauern die Veröffentlichungsprozesse Monate und manchmal Jahre, wie Bernau schreibt.

Tatsächlich muss man nicht Wissenschaftler sein, um Beiträge zu veröffentlichen. Mindestens genau so interessant finde ich Einträge von Wirtschaftspraktikern, die aus dem Nähkästchen plaudern und häufige Strömungen und neue Ideen lange vor den Medien oder anderen Fachleuten aufgreifen.

Einen Überblick in die bunte Welt leistet die Mindmap deutschsprachiger Wirtschaftsblogs. Zum Vergrößern unten auf das Feld Map maximieren klicken. Die Blogs sind thematisch sortiert und direkt verlinkt mit den einzelnen Seiten.

 

Finden wird man jede Form der Qualität von ausgesprochen anspruchsvoll bis platt. Und natürlich variieren die Beiträge in den Blogs selbst. Uns Wirtschaftsbloggern, die nicht aus den Medien kommen, mag man dabei bitte verzeihen, dass wir nicht so eine runde Schreibe haben, wie die Profis aus den Redaktionen. Das ist aber gar nicht unser Anspruch. Wir schreiben ja meist nur nebenbei, weil wir Spaß daran haben und sehen uns gerade nicht als Konkurrenz zu etablierten Wirtschaftsmedien, sondern eher als ergänzende Plattform. Meine Lieblingsblogs sind übrigens in der vorletzten Spalte verlinkt.

Wer heute neu als Leser in die Welt der Wirtschaftsblogs eintauchen will, der wird vermutlich schnell erschlagen werden. Die schnelle Welterklärung wird er so auf Anhieb nicht finden. Die meisten Blogs haben bestimmte Spezialthemen, die sie aus verschiedensten Facetten beleuchten. Wenn man sich für diese Themen interessiert, dann sollte man erst einmal eine Zeit mitlesen oder einfach mal etwas zurückblättern im Blog. Für den Blick Log habe ich vor einiger Zeit einmal diesen Pfad durch den Blick Log angelegt.

Viele Blogs posten übrigens nicht nur auf ihren eigenen Seiten, sondern diskutieren über Twitter, Google Plus und Facebook weiter mit ihren Lesern. Da kommen oft muntere Debatten heraus. Hier kann man einfach auch einmal mitdiskutieren. Wirtschaftsblogger beißen nicht und erklären gern auch Zusammenhänge. Worauf wir oder jedenfalls ich keine Lust habe(n), sind Verschwörungstheorien und populistische Positionen.

Das Blick Log erreicht Ihr über

Zum Abschluss: Manchmal werde ich gefragt, ob so ein Wirtschaftsblog Sinn macht. Das ist so eine typisch deutsche Frage. Ich könnte ja auch fragen, ob es Sinn macht Golf zu spielen oder im Karnevalsverein jecke Reden zu hatten. Mich interessiert diese Frage nicht, weil es keine generelle Antwort darauf gibt. Jeder Autor hat seine eigenen Motive. Ich mache dieses Blog, weil ich dazu Lust habe, schreibe über Themen, die ich gern lese und freue mich, wenn das noch mindestens einen anderen Leser interessiert.

Mehr über Wirtschaftsblogs

Handelsblatt: Die wichtigsten deutschsprachigen Wirtschaftsblogs

Süddeutsche: Lesenswerte Wirtschaftsblogs – Viel los im Affenkäfig

Stefan November 13, 2011 um 22:30 Uhr

Gerade die Interaktion mit den Lesern, sei es über Kommentare oder soziale Netzwerke, finde ich ebenfalls einen sehr interessanten Aspekt von Blogs. So können Ideen weiterentwickelt werden und andere Blogger werden vielleicht dazu angeregt, das Thema zu vertiefen oder von einer anderen Seite zu betrachten.

dels November 14, 2011 um 11:34 Uhr

Das ist genau ein zentrales Argument. Viele glauben, vor der Veröffentlichung muss eine Idee 100% wasserdicht sein. Das mag für Fachzeitschriften gelten. Nur so dauern Veröffentlichungen halt sehr lange, wie Bernau schreibt, und Ideen lassen sich nicht diskutieren und weiterentwickeln.

Peter November 13, 2011 um 20:19 Uhr

Sehr geehrter Herr Lochmaier,
Ich habe den Sonntag heute genutz ihren Blog in meinen festen Nachrichtenfeed (Yahoo Pipes) einzubinden. Sie sind nun auf Augenhöhe zum Handelsblatt, Berni, Netzpolitk und nun ja Dilbert.
Danke für den Blog
Peter

dels November 13, 2011 um 17:36 Uhr

Hallo Herr Lochmaier,

aus meiner Sicht gehört Ihr Blog zu den relevanten der Szene. Aber, wie das immer so ist, dauert es, bis sich die Qualität herum spricht. Ich denke, die FAZ wird mit ihrem Blog auch ein wenig experimentieren, hoffentlich auch abseits des Mainstreams.

Lothar Lochmaier November 13, 2011 um 16:46 Uhr

Einerseits interessant, aber auch hier dominiert der Geist der „sozialen Schließung“, wenn hier neue Formate von den üblichen Bekannten am interaktiven Medienmarkt positioniert werden. Wie schön auch, dass Social Banking 2.0 gar nicht als Wirtschafts- bzw. Finanzblog erkannt wird, ist wohl eher was für soziale Utopisten und Spinner…
Ich bin persönlich ja nicht empfindlich, aber es zeigt doch auch, dass die Menschheit keine Alternativen zum bisherigen Kurs im Mainstream-Banking bzw. dem reinen Marktliberalismus sieht, so dass man die leicht varrierten Diskussionsstränge lieber mit leicht abgewandelten globalen Wirtschaftstheorien weiter verfolgt, wo sich wieder Befürworter und Gegner in neuen Glaubenskämpfen formieren (ähnlich wie die Frage im Historikerstreit, wer war schlimmer, Hitler oder Stalin?).
Dabei gäbe es viele Alternativen und neue Ansätze, aber die werden wie Occupy Wallstreet erst dann diskutiert, wenn sie wieder den Mainstream erreicht haben (dann erst darf man Ihnen Glauben schenken und sie auch als Redakteur in der Wirtschaftspresse mit mehr als einer Nebenbemerkung versehen). Die Wirtschaftsblätter sind zu weit weg vom Leben, als dass sie als Frühwarn- und Prognosesystem wirklich am Puls der Zeit angesiedelt sind. Ich behandle die Thematik noch ausführlich in Blogeinträgen und Fachartikel…
Viele Grüsse und einen schönen Restsonntag noch…

Comments on this entry are closed.

{ 1 trackback }

Previous post:

Next post: