Weihnachtslektüre nicht nur für Ökonomen: Lothar Lochmaiers “Schattenbanken”– Ein Roman im Finanzmilieu

by Dirk Elsner on 18. Dezember 2011

Lothar Lochmaier hat ein gutes Gespür für zukünftige Trends. Schon seit Jahren spürt er in seinem Blog “Social Banking 2.0 – Der Kunde übernimmt die Regie” Trends im Finanzbereich auf und stellt sie vor. Seine Seite gehört zu den Blogs, auf die ich die meisten Links setze. Nun rückt Lochmaier ein weiteres Trendthema in das Scheinwerferlicht: “Schattenbanken”.

Schattenbanken werden uns intensiv in den nächsten Jahre beschäftigen. Es gibt Wissenschaftler und Medienvertreter, die sogar glauben, der nächste Finanzcrash gehe von diesen unkontrollierten Kapitalsammelstellen aus. Das ist aber reine Spekulation, denn noch weiß man eigentlich viel zu wenig über diesen Teil des Finanzsektors, der sich gern lieber verschlossen gibt und sich im Schatten der Aufmerksamkeit sieht. Als Lochmaier mir vor einiger Zeit verriet, er plane ein Buchprojekt über Schattenbanken, war ich begeistert, denn die Zahl der Veröffentlichungen über dieses Thema ist (noch) sehr überschaubar.

Interessant finde ich, dass sich Lochmaier entschieden hat, das Thema nicht als Sachbuch sondern als Roman zu veröffentlichen. Ich hatte mich darüber erst gewundert. Es gäbe allerdings so mehr Freiheiten, verriet er mir in einem Gespräch. Außerdem spricht das Thema so einen breiteren Leserkreis an. Entstanden ist so eine Mischung aus Roman, Wirtschaftskrimi, Sachbuch und Szenariowerkstatt. In einer Inhaltsbeschreibung heißt es:

“Sebastian Heilfrisch (48) leitet die Stabsstelle IT-Sicherheit bei der fiktiven Frankfurter Handelsbank. Das global verzweigte Institut sieht sich verstärkt Hackerattacken ausgesetzt, die nach und nach die Grundfesten der Geschäftstätigkeit erschüttern. Doch weder gelingt es, die Urheber der Angriffe ausfindig zu machen, noch greifen die eingeleiteten Gegenmaßnahmen. Am Ende scheint es keinen Ausweg aus einem alptraumhaft anmutenden Bedrohungsszenario zu geben.

Der Autor rückt anhand von aktuellen Phänomenen wie der Protestbewegung Occupy Wallstreet vor allem die hintergründige gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Begriff Schattenbanken in den Mittelpunkt, jenseits von vorgefertigten Feindbildern und ideologischen Schablonen.

Denn Schattenbanken können vieles sein, verschuldete Staaten ebenso wie der unregulierte Teil der Banken und Finanzindustrie. Aber auch der unmündige Bürger, der keinen bewussten Umgang mit dem Geld pflegt, kann ein Teil dieses weit verzweigten Systems sein. Das Buch gibt deshalb vor allem Denkanstöße, auch zu kreativen Alternativen, wie etwa sinnvolle demokratische Beteiligungsformen, um die Finanzindustrie künftig enger am Puls der Realwirtschaft und menschlichen Arbeitskraft zu verorten.”

Im Vorwort des Buches gibt Lochmaier übrigens eine recht prägnante und wertfreie Definition von Schattenbanken

“Schattenbanken sind ein paralleles Geldwesen, das sich – je nach kultureller Ausprägung – durch den informellen Geldtransfer direkt zwischen Menschen oder Gruppen auszeichnet. Es umgeht im Sinne  einer finanziellen Tauschwirtschaft die offiziellen Mechanismen von Staaten,  Regierungen und Banken. Persönliche Beziehungen stellen bei dieser Variante das zentrale Bindeglied in einem sorgsam nach außen gehüteten Vertrauensgeflecht dar.” 

Veröffentlicht ist das Buch auf der Berliner ePublishing-Plattform Xinxiir. Das Lesen der „Schattenbanken“ erfordert dabei kein spezielles Lesegerät, da das Manuskript im .pdf-Format erhältlich ist.

  • Titel: Schattenbanken
  • Autor: Lothar Lochmaier
  • Erscheinungstermin: 01. Dezember 2011
  • Länge: 103 Seiten
  • Preis: 12,90 Euro

Damit man nicht die Katze im Sack kauft, gibt es Vorwort und Prolog hier. Weitere Leseproben hat der Autor auf seine Webseite gestellt:

Frank Dezember 20, 2011 um 15:51 Uhr

Hallo,

das klingt sehr interessant, wird das Buch auch in gebundener Form erscheinen?

Viele Grüße

Lothar Lochmaier Dezember 18, 2011 um 11:10 Uhr

Hallo Herr Elsner,
vielen Dank für die Vorstellung meines Buches. Die Erzählweise in Form eines Romans ist tatsächlich das größere Wagnis als ein trockenes Sachbuch, um das mich u.a. auch ein renommierter Finanzbuchverlag gebeten hatte. Ich selbst habe mich aber anders entschieden, für eine „subjektivere Variante“. Die trockenen Regularien z.B. a la BaFin und Co. sind mir einfach zu eingegrenzt, um zu erfassen, dass Schattenbanken ein gesamtgesellschaftliches Phänomen darstellen, nicht nur eines, wo man den Schwarzen Peter an eine bestimmte Gruppe wie Banken, Staat oder Hedge Fonds auslagern kann. Insofern braucht es hier also einen „systemischen“ Ansatz, den ich freilich nicht vom hohen akademischen Ross her verortet sehe. Will heißen: Der Autor begibt sich auf die szenarioartige Reise durch die Schatten- und Lichtwelt, dem einen gefällt es, der andere findet es überladen, vom Thema her verfehlt oder sonst irgendwie „neben der Spur“.
Trotzdem hoffe ich, dass interessierte Leser das eine oder andere konstitutive Element aus der Geschichte heraus filtern können, um jenseits von grauen ökonomischen Theorien einem Phänomen auf die Spur zu kommen, das all unsere Glieder durchdrungen hat. Und genau da sollte auch der Lösungsansatz beginnen: Bei einer sorgfältigen Aufarbeitung der gesellschaftlichen und wirtschaftshistorischen Ursachen, um den finanziellen „Hebel“ dann auch an der passenden Stelle anzusetzen, und nicht neue Nebelkerzen mit einer Art oberflächlicher Regelungswut gegenüber vermeintlichen Schattenbanken zu zünden, wo doch der wirkliche Handlungsbedarf möglicherweise an anderer Stelle angebracht wäre.

Viele Grüsse aus Berlin – und dem Blicklog bzw. Ihnen einen guten Start in das neue Jahr 2012 – dann lautet das Motto erneut: Willkommen in diesem Theater, wo die Grenzlinien zwischen Schwarz und Weiß längst nicht so klar sind, wie es dem Mainstream-Beobachter und der von den Massenmedien genährten Urteilskraft vielleicht erscheint.

Lothar Lochmaier

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