Mal wieder: Vorläufige Einigung zu Griechenland (+ Update Mindmap zur Schuldenkrise)

by Dirk Elsner on 21. Februar 2012

Heute Morgen hat die Eurogroup mal wieder ein Statement zur Finanzhilfe für Griechenland veröffentlicht, auf das sich die Finanzminister nach einem Verhandlungsmarathon geeinigt haben (Zusammenfassung der wichtigsten Punkte hier auf SZ Online). Heute Vormittag wird daher zum gefühlt 183sten Mal eine Einigung der Euro-Finanzminister zu Griechenland als tragfähig verkauft (wie z.B. hier im Deutschlandfunk von Bundesfinanzminister Schäuble):

Das Thema ist damit freilich noch lange nicht vom Tisch, denn es müssen mindestens noch

  1. die nationalen Parlamente noch zustimmen
  2. der IWF entscheiden, welchen Umfang der Währungsfonds übernehmen will
  3. die privaten Gläubiger in einem nenneneswerten(?) Umfang zustimmen
  4. die Griechen auch in der Umsetzung beschlossener Maßnahmen vorankommen.

Ältere Semester werden sich außerdem an den Sommer 2011 erinnern. Damals gab es schon einmal eine Einigung zum Kreditpaket: FAZ vom 22.7.11: Einigung bei EU-Gipfel Neues Hilfspaket für Griechenland.

Auch wenn die Beschlüsse jetzt abschließend noch nicht in Stein gemeißelt sind und heute und in den nächsten Tagen weitere Details ans Licht kommen werden, habe ich heute am frühen Morgen mal die Mindmap zur Schuldenkrise aktualisiert. Um darin zu lesen, bitte unten auf die Lupe, besser auf die Vollbildfunktion klicken. Griechenland ist rechts unter Länder mit Schuldenproblemen zu finden:

Wie auch nach den letzten “Einigungstreffen” wird nun wieder der Eindruck vermittelt, dies sei die Lösung. Ich halte das nicht für besonders glaubwürdig. Viel zu groß ist das Gezerre verschiedener Interessen um Griechenland. So bestimmen zwar EZB und IWF über die Troika viel mit, behalten sich aber eigenständige Lösungen vor. So hat die EZB in einer Nacht- und Nebelaktion die eigenen Anteile umgetauscht und der IWF ziert sich plötzlich seinen ursprünglich angepeilten Umfang beizutragen. Vollkommen unklar ist auch noch, wie sich die privaten Gläubiger verhalten. Der Internationale Bankenverband IIF hat der Vereinbarung zwar zugestimmt, muss sich seinerseits aber die Zustimmung eines wesentlichen Teils der Anleiheinhaber einholen. Hier zeichnen sich bereits neue komplizierte Schritte ab, wie die FTD heute schreibt:

“Diejenigen Gläubiger, die nicht freiwillig an dem geplanten Schuldenschnitt teilnehmen wollen, sollen per Gesetz zu einem Forderungsverzicht gezwungen werden. Die Regierung werde dem Parlament dazu in Kürze einen Gesetzentwurf vorlegen, gab das griechische Finanzministerium nach der Einigung auf neue Rettungsmaßnahmen für das überschuldete Land bekannt. Er sieht demnach gemeinsame Umschuldungsklauseln (Collective Action Clauses) vor, mit denen eine Mehrheit der Gläubiger entscheidet, wie hoch der Forderungsverzicht ausfällt. Eine Minderheit, die damit nicht einverstanden ist, muss sich in diesem Fall dem Votum beugen. Dieses Gesetz ist vor allem auf viele Hedge-Fonds gemünzt, die darauf gepokert haben, überhaupt keinen Schnitt mitmachen zu müssen.”

The Greece game turns chaotic”, schrieb der Reuter Blogger Felix Salmon noch vor ein paar Tagen. Möglicherweise ist das noch untertrieben.

Die Detailarbeit um die Umsetzung der verschiedenen Maßnahmen zieht sich noch endlos hin und wurde schon bisher ständig von neuen Problemen und größeren Paketen eingeholt. Ich weiß nicht, warum das nun plötzlich anders sein soll, zumal vollkommen unklar ist, woher in Griechenland Investitionsfreude und Wachstum herkommen soll (siehe auch WSJ “Griechenlands größtes Problem heißt Kreditklemme”). Insbesondere die Banken in Griechenland werden nach dem Schuldenschnitt erhebliche Probleme bekommen und müssten mit bis zu 50 Mrd. Euro Kapital ausgestattet werden.

Wenn von einer “Rettung Griechenlands” die Rede ist, dann kann man allenfalls davon sprechen, dass nun mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die Zahlungsunfähigkeit des Landes im März abgewendet wird, mehr aber auch nicht.

PS

Diese Information des WSJ ist bisher in vielen Meldungen unterschlagen worden bzw. konnte nicht bestätigt werden:

“Die Eurozone-Finanzminister schlugen den Staats- und Regierungschefs zudem vor, bei ihrem Anfang März stattfindenden Gipfeltreffen einen Parellelbetrieb von vorläufigem (EFSF) und endgültigem (ESM) Rettungsfonds zu beschließen. Das würde die Kapazität für eine finanzielle Stabilisierung der Eurozone auf 750 Milliarden Euro erhöhen.”

Bastian Brinkmann Februar 21, 2012 um 15:20 Uhr

Hm, das WSJ schreibt, die Euro-Finanzminister wollen EFSF und ESM zusammenlegen – nur finde ich diese Info nirgendwo bestätigt. Nicht im Statement (http://www.consilium.europa.eu//uedocs/cms_data/docs/pressdata/en/ecofin/128075.pdf). Auch nicht in den Nachrichtenagenturen. Auch nicht in den Tweets aus der nächtlichen Pressekonferenz. (Rehn hat das gefordert.)
Ich finde nur das hier, was nicht nach Einigung klingt: „Germans gave no indication they’re willing to combine efsf and esm, says source in meeting. Rest of EZ support bigger firewall.“ https://twitter.com/#!/alexebarker/status/171946538547949570

Dirk Elsner Februar 21, 2012 um 22:44 Uhr

Ich habe es auch nur dort gelesen, aber auch nicht so intensiv gesucht. ich erinnere mich aber, dass vor einigen Wochen schon einmal als Forderung gelesen zu haben.

Marsman Februar 21, 2012 um 13:07 Uhr

Vielleicht am Rande, nebenbei interessant:
Die griechischen Medien sind wirtschaftlich voll von der Krise getroffen worden.
U.a. :
Journalists’ union Poesy says it has seen 4,000 layoffs and remaining staff are under constant pressure to renegotiate labor contracts with pay cuts of up to 30 percent.
http://www.thejakartaglobe.com/international/greek-media-hit-by-financial-crisis/495097

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