Nach dem Facebook-Desaster: Fragen zu der Greenshoe Option, Analysten der Konsortialbanken und Derivaten von Lang & Schwarz

by Dirk Elsner on 23. Mai 2012

Doch noch ein weiterer Beitrag zum Facebook-IPO. Das Update des gestrigen Beitrags wurde immer länger, außerdem offenbart der Fall interessante Details über die Aktivitäten der großen Spieler an den Finanzmärkten.

Weiter freier Fall durch Leerverkäufe

Die Aktie rutschte jedenfalls am Tag 3 ihrer Börsenhistorie auf den niedrigsten Stand und rauschte um weitere 8,9% nach unten auf 31 US$. Und auch meine dritte Vorhersage in Bezug auf den Verlauf nach dem IPO erweist sich als richtig: Die Aktie wurde massiv leer verkauft (Erklärung Leerverkauf hier), so stark, dass die SEC einschreiten musste, wie das Wall Street Journal schreibt in Facebook First Full Trading Day Triggers Short Sale Limits.

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Grüne Schuhe passen nicht immer

Auf FtAlphaville gab Izabella Kaminska einen interessanten Einblick in Leerverkäufe aus dem sogenannten Greenshoe der Konsortialbanken: Greenshoes, Facebook phantoms and ETF magic. Danach ist nämlich keineswegs klar, dass die die Emission begleitenden Banken wie Morgan Stanley, Goldman Sachs und die Deutsche Bank tatsächlich einen Verlust gemacht haben durch das massive Stützen der Aktie am Freitag.

Das liegt daran, dass der sogenannte Greenshoe (das sind die Aktien, die bei großer Nachfrage als Reserve auf den Markt geworfen werden können) eine Kaufoption gegenüber Facebook ist. Konkret bedeutet dies, die Konsortialbanken können den Greenshoe zu einem vorher festgesetzten Preis von Facebook zurück erwerben und mit Abstimmung auf den Markt werfen.

Die Konsortialbanken hatten am Freitag in Abstimmung mit Facebook die Reserveaktion zum Emissionspreis von 38 US$ auf den Markt geworfen. Dies sollen sie zunächst als Leerverkauf getan haben. Ihr Risiko war dabei begrenzt, solange sie die Menge aus dem Greenshoe, der ja nichts anderes ist als eine Kaufoption ist, nicht überschreiten. Sie hätten dann die Möglichkeit, diese Aktien von Facebook zum Preis von 37,852 zu erwerben. Alternativ hätten sie sich auch am Markt eindecken können (was einem Verzicht der Ausübung des Greenshoes gleichgekommen wäre), wobei nicht klar ist bis zu welchem Termin dies hätte erfolgen müssen. Wenn sie sich erst gestern am Markt zu den niedrigen Kursen eingedeckt haben, hätten sie einen großen Gewinn gemacht. Viel besser und ausführlicher erklärt dies Felix Salmon in seinem Blog unter Morgan Stanley’s $2.4 billion Facebook short.

Salomon geht aber auch darauf ein, dass das Konsortium durch die Stützung am Freitag größere Risikopositionen eingegangen sein kann, also mehr Aktien zurückgekauft haben, als der Greenshoe umfasste. Spätestens in den nächsten Quartalsbilanzen wird man sehen, wie sich der IPO dort ausgewirkt hat.

Konsortialbanken haben vor Börsengang Schätzungen für Facebook zurück genommen

Während die eher komplexe Problematik um die grünen Schuhe und Leerverkäufe die US-Blogs beschäftigt, stört man sich in Deutschland vor allem daran, dass die Analysten des Konsortialführer Morgan Stanley einen Tag vor dem Börsengang die Ertragsschätzungen für Facebook gekürzt haben und darüber nur Großkunden auf der Roadshow informiert haben. Laut CNBC (zitiert nach Handelsblatt) soll die Korrektur eine „signifikante“ Zurücknahme der Umsatzschätzungen für das laufende Quartal und einer Abwärtskorrektur für das Gesamtjahr beinhalten.

Laut Business Insider sollen die Informationen, dass das Geschäft von Facebook schlechter als bisher offiziell erwartet läuft, direkt vom Management von Facebook stammen. Business Insider stellt in dem Beitrag die alten und neuen Schätzungen gegenüber. Schlecht sind die auch nicht, aber börsennotierte Gesellschaften werden halt stets an dem gemessen, was der „Markt“ erwartet hat und das war deutlich mehr.

Wenn das stimmt, woran ich überhaupt kein Zweifel habe, ist das wieder ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, wie Kleinanleger (und angeblich auch Hedgefonds) zu Muppets gemacht und regelrecht ausgequetscht wurden. Für künftige Börsengänge ist das ein ganz fatales Signal.

In den USA verbietet übrigens ein Börsengesetz  die Veröffentlichung von Analysen durch Institute, die den Börsengang begleiten. Es wäre interessant zu wissen, ob die Veröffentlichung an ausgewählte Großkunden ebenfalls einen derartigen Verstoß darstellt. Ich denke, wir müssen uns aber keine Sorgen über die Beantwortung machen, denn die ersten Klagen werden bereits vorbereitet. In jedem Fall erklärt diese Meldung, warum sich viele Marktteilnehmer mit Leerverkäufen gegen Facebook positioniert haben.

Jetzt auf öffentliche Verwirrung um Optionsscheine von Lang & Schwarz

Bereits am Freitag hatte sich der Kommentator christian im Blick Log gefragt, warum eigentlich der deutsche Broker Lang & Schwarz für Facebook indikative Preise bis 68 US$ gestellt hat (siehe dazu auch meine Aufzeichnung im Beitrag vom Freitag in den Updates). Ein Leser hat dies moniert, weil diese Preise Grundlage für die ersten Calls waren, die nun kaum noch etwas wert sind, wie etwa dieser hier.

Lang & Schwarz hatte bereits am Mittwoch diverse Optionsscheine auf den Markt geworfen mit Basispreisen von 60 und 70 USD. Zumindest die Calls sind jetzt weit aus dem Geld. Ein Bedauern dürfen die Käufer aber nicht erwarten, denn solche Geschäfte sind hochriskant, was den Käufern bewusst sein sollte. Das Thema hat nun heute die FTD aufgegriffen unter dem Titel “Facebook-Derivate sorgen für Verwirrung”. Allerdings stimmen hier nicht die Angaben zu Puts nicht, die sich nach Darstellung der FTD kaum bewegt haben. Ich selbst habe noch vor Börsenstart von Facebook den Put-Optionsschein ISIN DE000LS3JTA9 gekauft und am gleichen Tag verkauft. Über den Gewinn von ca 35% will ich mich nicht beschweren, auch wenn ich mit dem Papier bis heute 100% gemacht hätte.

 

Ich denke das waren sicher nicht die letzten Details, die wir rund um den Börsengang gehört haben. Mal schauen, was noch so folgt. In jedem Fall werden wohl auch die technischen Pannen beim Börsenstart noch ein juristisches Nachspiel haben, wie man liest.

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