Facebook eröffnet Handel mit 42,00 US$ (= Marktwert 115 Mrd. US$ ) – Muppet-Faktor bleibt bei 7

by Dirk Elsner on 18. Mai 2012

So jetzt ist es aber vollbracht. So langsam kann ich das Thema nicht mehr sehen, aber wann kann man schon mal so einen Megahype um die Einführung einer neuen Aktie als Blog begleiten. Der erste Kurs von Facebook erblickte an der NASDAQ erst gegen 17:30 MEZ das Licht der Welt. Bis dahin kursieren verschiedene Preise durch die Welt. Nun scheint dieser aber „amtlich“ zu sein, denn der wird von der NASDAQ als Eröffnungspreis dokumentiert:

42,00 US$

Das entspricht einem

Marktwert von Mrd. 115,21 Mrd. US$

image

Das letzte Geschäfte dokumentiert die NASDAQ mit 38,41 US$, damit liegt der Schlusskurs nur 9 US Cent unter meiner Schätzung vom Dienstag.

Ursprünglicher Text

Der Hype um diese Börseneinführung ist symptomatisch für die Finanzmärkte und wird wieder viele Kritiker auf den Plan rufen. Ich denke allerdings, sie gehören zu allen Märkten dazu und nur selten kann man sie so gut beobachten, wie am Beispiel Facebook.

Gestern Abend wurde der mit großer Spannung erwartete Emissionspreis von Facebook festgesetzt: 38 US$ kostet das Stück für die, die noch bei der Emission ein paar Stücke abbekommen haben.

Die Facebook-Aktie ist für Muppets, schriebe ich am Dienstag. Aber werden die Aktionäre wirklich alle zu Muppets? Oder werden nicht gerade die zu Muppets, die nur zuschauen? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass eine Gruppe verkehrt liegen muss und sich ein im Nachhinein freuen wird. Und eine dritte Gruppe wird uns anschließend erklären, warum es genau so kommen musste und sich wundern, dass das nicht schon vorher klar war.

Wenn es nach den ersten außerbörslichen Indikationen geht, dann liege ich mit meinem Facebookguess meilenweit vom Markt entfernt. Gestern Abend wurden die außerbörslichen Indikationen bei 58,00 US$ (L&S) gestellt. Kurz vor dem Börsenstart stellt L&S den Preis auf 64,80 US$ und die Comdirect auf knapp über 60 US$. Wir haben heute schon 66,75 gesehen. Das hätte bei 2,74 Mrd. Aktien einem Gesamtwert des Unternehmen von über 182 Mrd. US$ entsprochen. Wer die Aktie heute kauft, der wettet also darauf, dass das soziale Netzwerk schon den Wert von Google oder fast 1/3 des Wertes von Apple erreicht. Das ist Hysterie pur.

Hier übrigens der Screenshot aus dem Lang & Schwarz TradeCenter zum bisher höchsten außerbörslichen Kurs

image

An der Börse weiß man es bekanntlich erst im Nachhinein vorher stets besser. Wenn die heutigen Kurse jetzt die niedrigsten sein werden, Facebook die außergewöhnlich hohen geschäftlichen Erwartungen also in der Zukunft übertrifft und alle überrundet, dann wird man die Mahner mit Häme überziehen, weil sie falsch lagen. Kommt es umgekehrt, dann wird man darauf verweisen, dass es genug Mahnungen gegeben hat. Das ist in diesen Tagen so richtig interessant, denn wir können hier an der Facebook-Aktie die gleichen Phänomene studieren, wie in den Jahren 2005 bis 2008 als es ebenfalls viele Warnungen vor einem Platzen der US-Immobilienblase gegeben hatte und viele Analysten Händler in den “Märkten” Argumente hatten, warum es trotzdem anders kommt.

Nun aber endlich zum Muppet-Faktor der Facebook-Emission. Ich hatte Ende März in dem Beitrag “So bestimmt man den Muppet-Faktor” das Konzept erläutert und wende dies nun auf den Kauf von Facebook an. Pro Kriterium gibt es zwischen 0 und 2 Punkten. Maximal sind 10 Punkte erreichbar. Je höher der Muppet-Faktor, desto höher ist zumindest das Potenzial dafür, dass man übers Ohr gehauen werden könnte (aber nicht muss) und es möglicherweise nicht einmal merkt. Das bedeutet, bei einem hohen Punktzahl sollte man ziemlich genau hinsehen und sich das Risiko bewusst machen.

1. Komplexität der Leistung und Umfang der Mitwirkung: 2 Punkte

Facebook ist zwar für die Kunden einfach zu verstehen. Aber wie mit dem Produkt und damit zusammen hängenden Dienstleistung Geld verdient werden kann, ist hoch komplex. Um hier die Qualität wirklich im Detail zu verstehen und die Sichtweise von Facebook zu haben, bräuchte man man eine umfangreiche Spezialausbildung und/oder viel Erfahrungen

2. Informationsasymmetrie zwischen Anbieter und Kunde: 1 Punkte

Über Facebook selbst gibt es einen sehr regen öffentlichen Austausch. Ebenfalls über die Details des Geschäftsmodells. Gleichwohl bewegt sich der öffentliche Austausch im spekulativen Raum.

Nachträgliche Anmerkung zu diesem Punkt: Hier hätte ich im Nachhinein besser 2 Punkte vergeben, weil durch die Beteiligung und Interessen der Konsortialbanken sowie der Alteigentümer von Facebook zusätzliche Probleme der Informationsverteilung auftauchen.

3. Häufigkeit der Inanspruchnahme: 1 Punkt

Nur zu Erinnerung: Die in Anspruch genommene Leistung ist hier nicht die Nutzung kostenloser Angebote des sozialen Netzwerkes, sondern die Beschaffung von Kapital über die Börse. Diese Leistung wird zwar nicht so häufig benötigt. Andererseits  könnte aber auch Facebook später noch einmal über eine Kapitalerhöhung Geld beschaffen wollen und daneben müssen die Emissionsbanken darauf achten, nicht zu überziehen, weil sie noch andere Unternehmen an die Börse bringen wollen.

4. Wettbewerbsintensität 1 Punkt

Finde ich nicht einfach in der Einschätzung. Ich würde hier einen Punkt geben, weil es für Aktionäre verschiedene gut miteinander vergleichbare Anbieter gibt.

5. Persönliche Anreizsysteme 2 Punkte

Hier ganz klar 2 Punkte, weil die monetären Anreize für die bisherigen Eigentümer alles übertrifft, was bisher bei einem Börsengang zu beobachten war.

Klar könnte man die einzelnen Punkte diskutieren und vielleicht anders bewerten. Wir können das gern über Google+ oder Twitter machen, allerdings nicht über Facebook.

Ansonsten werde ich heute, wenn ich kann, den weiteren Hype beobachten beim Börsenhandel. Wie vorgestern bereits getwittert, können die Aktien auch heute schon in Deutschland gehandelt werden. WKN A1JWVX / ISIN: US30303M1027. Und wer es noch härter braucht, der kann bereits Optionsschein bei seiner Bank handeln. Immerhin gibt es auch Puts, die auf fallende Kurse setzen.

Update 1

Überschrift und Text angepasst an Werte vom Vormittag. Am Vormittag startet die Aktie außerbörslich nämlich erneut durch. L&S notiert sie bei 63 US$. Die Webschau von DRadio Wissens hat sich ebenfalls intensiv mit dem Börsengang beschäftigt. Ich habe den Hype mal genutzt und einen kleinen Teil meines Preisgeldes gegen Facebook gesetzt. Achtung! Nicht zum Nachmachen empfehlen.

Auf der Facebookseite der NASDAQ wird die Eröffnung heute Nachmittag übrigens live übertragen.

Ein feiner aber nicht mit meiner Position übereinstimmender Artikel, der verschiedene Sichtweisen gegenüberstellt stammt von The Motley Fool: Psst! What if Facebook Is Actually Cheap?

Update 2

Überschrift und Text angepasst an Werte vom Mittag.

Wow, das sind Aussagen, die man sich merken sollte, wenn es zum Crash bei Facebook kommen sollte: Nils Rüdel zitiert auf Handelsblatt Online die New York Times

“Das ist nicht einfach nur ein Börsengang“, jubelte die „New York Times“. „Das fühlt sich an wie eine kulturelle Veranstaltung, wie ein Höhepunkt der Technologie-Geschichte.“

Mittlerweile sieht man bei Comdirect auch Geld und Briefpreis, d.h. verkaufen könnte man Facebook jetzt bei 63,657 und kaufen für 68,657. Das ist natürlich ein idiotischer Spread.

Update 3

Kurz vor dem Börsenstart läuft alles heiß. Hier mal die außerbörsliche Kursentwicklung der letzten Stunden vor dem Börsenstart auf Basis indikativer Preisen von L&S

11:00 63,50

11:20 64,50

11:30 66,75

12:00 66,75

12:30 64,00

13:00 62,00

14:00 63,85

16:45 68,50

Update 4 ist ganz oben

Mit geänderter Überschrift

* Der eigentliche Handel von Facebook startet erst gegen 17:30 deutscher Zeit. Kurz nach dem offiziellen Börsenstart gab es zwar einen Tweet mit einem Preis von 57,70 US$, der aber falsch war. Ein Preis von 45 US$ wurde gegen 17:00 von Business Insider genannt. Auch dieser stimmte nicht, weil sich der Handelsbeginn noch einmal verschob. Die 42,99 stammen jetzt vom Liveblog des Wall Street Journals. Der Business Insider nannte 42,05 US$, die Zahl bestätigt auch Bloomberg

Der eigentliche Handel hat erst um 17:00 begonnen. US-Blogs, wie Business Insider, orientierten sich bis dahin an den Preisindikationen, die aus Deutschland kamen. Bei L&S gab es kurz vor 17:00 noch eine Indikation bei 68,50 US$. Da entspräche einem Marktwert von 187,69 Mrd. US$.

Liveblogs zum Start gibt es

Vom Dealbook der New York Times

Vom Wall Street Journal

Update 5 vom 19.5.

Schlusskurs vom ersten Handelstag war 38,2318. Nicht schlecht. Ich hatte in dem Beitrag “Finger weg von der Facebook-Aktie!” einen Schlusskurs von 38,50 USD prognostiziert und bereits erwartet, dass die Aktie von den Konsortialbanken gestützt wird. Siehe zum Verlauf des 1. Handelstages auch FTD: Facebook legt maues Börsendebüt hin

christian Mai 18, 2012 um 18:37 Uhr

Bitte entschuldige die vielen schreib-fehler. (ipad) 😉

christian Mai 18, 2012 um 18:34 Uhr

Weiss an wie lang&schwarz diese indikationen rechnet? Diese waren ja auch basis fūr die call-optionen die heut wie wild gehandelt wurden. (ok es gab auch puts) ,aber es war ein eindeutiger call-überhang. Diese calls sind nun nicht mehr viel wert. Bspw der 70er ist von 1.20 auf 0.15 runter nach fb-erstnotitz http://www.scoach.de/de/parts/global/chart/chart.m?secu=107882067&t=week&layout=derivat&boerse_id=39
Brisamt ist das l&s nur 60er und 70er optionen im angebot hatte. Dann würde ich auch mit solchen indikatione rechnen… Hier zu den Optionen http://www.scoach.de/de/suchen-finden/klassische-suche/search-result?underlying_ag=107840887&eq_class=21-2100

Dirk Elsner Mai 19, 2012 um 08:45 Uhr

Das ist eine wirklich interessante Frage, die ich Montag noch einmal in einem Blogeintrag stellen werde.

Dirk Elsner Mai 18, 2012 um 11:02 Uhr

Nein, der Muppetfaktor geht maximal bis 10 und ist unabhängig von der Marktbewertung 🙂

FDominicus Mai 18, 2012 um 10:07 Uhr

Oh, ich hatte falsche Zahlen im Kopf also 1,7 Millliarden verdient dafür 170 Milliarden auslegen nun das KGV von 100 halt ich ebenfalls für „etwas hoch“. Aber nun ja KGV ist ja so vorherige Jahrhunderte….. (Warum wünschte ich mir eigentlich man könnte Kommentare noch mal ändern?)

FDominicus Mai 18, 2012 um 10:01 Uhr

Für mich sieht das nach Fiat-Geldschwemme bei der Arbeit aus. Ich erinnere micht noch gut an den Tag an dem RedHat an die Börse ging, meine Güte was waren die Leute entschuldigung „durchgeknallt“. Mir scheint auch ein KGV von 170 „etwas“ hoch. Also ich denke den Muppetfaktor ist irgendwo um 15 😉

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