Markets – Neue Institutionenökonomik

by Gastbeitrag on 29. Juni 2012

Gastbeitrag von André Glodde via Google-Knol*

In diesem Artikel der Reihe Markets geht es um die Neue Institutionenökonomik, den Problemen zwischen Transaktionspartnern und verschiedene Lösungsmöglichkeiten.

Inhalt
  • Einführung
  • Informationsasymmetrien
  • Transaktionskosten und Governance
  • Institutionen und politisches Verhalten
  • Bankenkrise und Mängel der Institutionen

Einführung

Die Neue Institutionenökonomik ist seit den 1970-er Jahren eine eigene Forschungsrichtung der Wirtschaftswissenschaften und geht wesentlich auf die Erkenntnisse von Ronald Coase zurück.

Zur Neuen Institutionenökonomik gehören unter anderen die Principal-Agent-Theorie, die Transaktionskostentheorie und die Property-Rights-Theorie. Speziell befasst sich die Neue Institutionenökonomik mit der Erklärung der in der Realität vorzufindenden institutionellen Infrastruktur und ihrer Entwicklung.

Was ist Ökonomik ? Was ist eine Institution ?

Ökonomik betont die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Knappheit.

Institutionenökonomik beschäftigt sich mit den Anreizsystemen bzw. den „Spielregeln“, wie mit Knappheit umgegangen wird bzw. umgegangen werden sollte. Institutionen sind somit Mittel bzw. Instrumente zur Erreichung von Zielen.

Der Institutionenbegriff ist hier sehr weit gefasst. Er umfasst neben Märkten und Unternehmungen z.B. auch soziale Normen, die Sprache, das Geld und rechtliche Einrichtungen wie etwa Verfassungen, Vertragsformen oder Verfügungsrechte. Institutionen strukturieren unser tägliches Leben und verringern auf diese Weise dessen Unsicherheiten. Sie können sich im Extremfall „spontan“ aus dem Eigeninteresse der Individuen entwickeln, d.h. sich selbst organisieren oder – im anderen Extremfall – komplett durch Autorität organisiert werden.[1]

Blickfeld der Neuen Institutionenökonomik

Die Neue Institutionenökonomik untersucht Transaktionen aller Art unter der Annahme der Existenz von Transaktionskosten. Somit erweitert sie die Neoklassische Theorie. Geht die Neoklassische Theorie davon aus, dass der Markt kostenlos funktioniere und die Allokations- und Motivationsprobleme effizient gelöst werden, so betrachten wir in der Neuen Institutionenökonomik eben auch die Transaktionskosten, wie sie bei der Anbahnung von Verträgen, Abschluss von Verträgen etc. entstehen.
Die Transaktionskosten bilden in der Neuen Institutionsökonomie die Klammer, die Teilgebiete der Volkswirtschaft zusammenfasst.

Der Begriff  Transaktion

Unter einer Transaktion verstehen wir die gegenseitige Übertragung von Gütern und Informationen zwischen zwei Wirtschaftssubjekten [2].
Eine Transaktion kommt zustande, weil sich die Transaktionspartner durch sie einen Vorteil versprechen. Organisatorisch betrachtet entsteht eine Transaktion durch Arbeitsteilung bzw. Arbeitszerlegung.

Beispiele für Markttransaktion

Beispiele für Transaktionen in einer Bürokratie/Hierarchie

  • Kauf/Verkauf am Markt
  • Leasing eines Fahrzeugs
  • Übergabe eines Werkstoffs/Werkzeugs
  • Information in einem Unternehmen oder einer Bürokratie

Beispiele für Arten der Transaktionskosten:

  • Such- und Informationskosten,
  • Verhandlungs- und Entscheidungskosten
  • Überwachungs- und Durchsetzungskosten,
  • Kosten der Errichtung,
  • Betriebskosten der Organisation.

Homo oeconomicus und REM-Hypothese

Im Mittelpunkt der Betrachtung liegt der Homo oeconomicus, den wir mit der REM-Hypothese verbinden.
Der homo oeconomicus hat ein begrenztes Rationalverhalten, er kann Aussagen über die Rationalität von bestimmten Zielen nur durch eigene Werturteile treffen. Es findet keine Kosten-Nutzen-Verhältnis Bewertung der Instrumente statt, wie es eine formale Rationalität erfordern würde. Die Eigennutzorientierung des homo oeconomicus steht im Einklang mit sozialem Verhalten (Gerechtigkeit, gegenseitige Schenkungen etc.) Um die Maximierung seinen individuellen Nutzenszu erreichen, muss er z.B. seinen Gewinn, Mitarbeiterzahl oder Budget maximieren.

Warum gibt es Unternehmen?

„Während eines Stipendiums in den USA begibt sich der junge Wissenschaftler Coase auf die Spurensuche. Er klappert Unternehmen ab, führt Gespräche mit Managern und kommt darauf, dass die Marktnutzung Geld kostet, also Transaktionskosten verursacht. Preise müssen verglichen werden, das Anbahnen und Abschließen von Verträgen verschlingt Zeit und Geld. Es ist also rationaler, eine Sekretärin einzustellen, als bei jeder einzelnen Sekretariatsaufgabe diese Dienstleistung am Markt einzukaufen. Die organisatorische Einheit Unternehmen mindert nach Coase die Reibungsverluste der Marktnutzung bei wiederkehrenden Transaktionen. An die Stelle des Marktes tritt das Unternehmen. Diese Überlegungen befand das Stockholmer Nobelpreis-Komitee 1991 für preiswürdig – fast 60 Jahre nach seiner spektakulären Entdeckung der Transaktionskosten.“[3]

Informationsasymmetrien

Das Gefangenen-Dilemma

Die Neue Institutionenökonomik untersucht Probleme, die sich durch die Interaktion von Wirtschaftssubjekten ergeben.
Die durchgeführten Transaktionen werden als Spiele zwischen interagierenden Spielern konstruiert. Probleme, die entstehen, wenn Wirtschaftssubjekte durch Arbeitsteilung miteinander wirtschaften, sind in diesem Sinne als Dilemmasituationen zu sehen. Dilemmasituationen werden mit Hilfe von sog. Auszahlungsmatrizen dargestellt.

Beispiel:

Zwei Gefangenen kann nur ein leichtes Vergehen nachgewiesen werden, das mit einem Jahr Haft sanktioniert wird. Ein schweres Verbrechen, welches mutmaßlich von den Gefangenen begangen wurde, kann nur im Falle eines Geständnisses mit der Höchststrafe (25 Jahre Haft) sanktioniert werden. Der Richter bietet Strafmilderung (5 Jahre) für den Fall, dass ein Gefangener kooperiert („singt“) und es dadurch möglich wird, auch den anderen zu bestrafen. Wenn beide kooperieren, verringert sich das Strafmaß von der Höchststrafe von
25 Jahren auf 15 Jahre für beide.

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Fazit: Schweigen wäre die beste Strategie, wenn man kann, dass der andere auch schweigt. Da dies in der Regel verneint werden kann, ist es für beide besser zu gestehen.

Nichtinformiertheit

Auch Nichtinformiertheit kann rational sein, da ein Einholen aller informationen zu viele Ressourcen binden und damit unrational sein würde. Manager, die bereits einen großen Erfahrungsschatz haben, können sehr wohl rationale Bauchentscheidungen treffen. Wenn jemand allerdings auf einem Gebiet überhaupt keine Kompetenz besitzt, ist davon abzuraten.

Prinzipal – Agent Beziehung

Arbeitsteilung führt zu höherer Effizienz des Wirtschaftens. Aber: Die Bedürfnisbefriedigung jedes Wirtschaftssubjekts wird von der Tätigkeit anderer Wirtschaftssubjekte abhängig. Immer, wenn in Arbeitsteilung produziert wird, bedient sich ein Auftraggeber (Prinzipal) bei der Erfüllung seiner Aufgaben eines Auftragnehmers (Agent). Eine sogenannte Agentur Beziehung entsteht.

Principal-Agent-Problem

Der Prinzipal muss dem Agenten dabei naturgemäß Entscheidungsspielräume einräumen. Allerdings kann der Prinzipal die Handlungen des Agenten nicht genau beobachten, Informationsdefizite bestehen. Der Vertrag der beiden ist unvollständig (sog. relationaler Vertrag).
Der Agent hat damit einen Anreiz sich opportunistisch zu verhalten, d.h. eher im eigenen Sinne statt zum Wohle des Prinzipals zu handeln. Ein Agentur Problem entsteht.

Abb.: Beispiele für Prinzipal-Agenten Beziehungen

Agentur-Beziehungen entstehen, weil zwei Wirtschaftssubjekte in Arbeitsteilung produzieren wollen. Sie werden verursacht, weil bei der durchgeführten Transaktion Informationsasymmetrien auftreten. Agentur-Beziehungen sind also als Spezialfall der Probleme asymmetrischer Informationen zwischen Transaktionspartnern zu kennzeichnen. Probleme asymmetrischer Informationen sind Transaktionen, bei denen ein Transaktionspartner besser informiert ist als der andere.

Informationsasymmetrie kann herrschen über die Qualität des gehandelten Gutes, die Vertragstreue der Beteiligten, das allgemeine Verhalten der Vertragspartner usw.

Allgemein:
Prinzipal – schlechter informierter Transaktionspartner
Agent – besser informierter Transaktionspartner

Lösung von Informationsasymmetrien
  • Screening – Der schlechter Informierte Akteur informiert sich im Vorfeld.
  • Signaling – Der besser informierte Akteur gibt seinen Wissensvorsprung weiter z.B. durch zusätzliche Gewährleistung usw.
  • Anreizkompatible Verträge – Es werden in der Vertragsgestaltung auf Boni oder Vertragsstrafen geachtet.

Transaktionskosten und Governance

Arbeitsteilung führt zu erhöhter Effizienz des Wirtschaftens.

Allokations- und Motivationsmechanismen sind notwendig, damit in Arbeitsteilung effizient gewirtschaftet werden kann.
Allokationsmechanismen = Anreiz- und Sanktionssysteme, die zu möglichst effizientem Verhalten führen (sog. Governancestruktur).
Bei der Beurteilung der effizienten Governancestruktur sind die Eigenschaften der in Frage stehenden Transaktion von Bedeutung.
Relevante Eigenschaften einer Transaktion:

1. Unsicherheit
Unsicherheit bzw. Risiko sind aufgrund der angenommenen Informationsdefizite stets gegeben.

2. Häufigkeit
Transaktionen können regelmäßig (Supermarkt verkauft seine Produkte) oder selten durchgeführt werden (Supermarkt kauft neue Kasse).

3. Spezifität
Leistungen einer Transaktion können unspezifisch (= generisch) und austauschbar (Kauf eines Regals) oder spezifisch, nicht-austauschbar (und daher spezifisch für eine einzige Transaktion) sein (Planung und Neubau eines Supermarkts).

Problem der Quasi-Rente

Der Anreiz einer hohen Rentenerwartung führt zu einer hohen Bindung des Akteurs in der Transaktion.

Der andere Akteur kann dies ausnutzen und den spezifischen Faktor ausbeuten. Beispiel: Eine Fabrik erhöht auf Grund hoher Nachfrage eines Schlüsselkunden die Maschinenkapazitäten. Nach der Erhöhung der Kapazitäten will der Kunde jedoch die Preise drücken. Er macht sich die hohe Quasi-Rente der Fabrik zunutze. Um dieses Problem zu bewältigen, kann man durch Sicherheiten (Bürgschaften, Verlangen von Garantien) einen Interessenausgleich schaffen.

Institutionen und politisches Verhalten

Regeln: individueller u. sozialer Vorteil

Damit gesellschaftliche Knappheitsprobleme effizient gelöst werden können, sind gesellschaftliche Regeln und Regelsysteme (= Institutionen) notwendig. Generell gesehen stellen gesellschaftliche Regeln, wie das Privateigentum an den Produktionsmitteln, Handlungsbeschränkungen für Wirtschaftssubjekte dar. Ohne gesellschaftliche Regeln ergeben sich soziale Probleme:

  • Langfristige Investitionen sind nicht lohnend.
  • Individuelle Kosten des Schutzes des Eigentums sind prohibitiv hoch.

Alle Individuen profitieren daher, wenn:

  • gesellschaftliche Regeln festgelegt werden und
  • der Verstoß gegen gesellschaftliche Regeln wirksam sanktioniert wird.

Regeln helfen also Informations- und Transaktionskosten zu reduzieren.

Verfügungsrechte: Bedeutung für die Effizienz von Transaktionen

Marktwirtschaften sind Wirtschaftssysteme, die sich auszeichnen durch:

a. Dominanz dezentraler Planentscheidungen und deren Koordination über Märkte (zur Lösung des Allokationsproblems)

b. Private Eigentums- und Verfügungsrechte (zur Lösung des Motivationsproblems)

  • Marktversagen tritt auf, wenn Märkte ihre Allokations- und Motivationsfunktion nicht oder nicht vollständig erbringen können.
  • Marktversagen kann auftreten, wenn Verfügungsrechte nicht erschöpfend definiert sind.

Fälle von Marktversagen, die durch mangelnde Verfügungsrechte entstehen:

1. Externe Effekte

Externe Effekte (Externalitäten) sind positive oder negative Einflüsse auf die Bedürfnisbefriedigung eines Wirtschaftssubjekts, die von diesem nicht kontrolliert werden können und die nicht über den Marktmechanismus abgebildet werden.

Beispiele negativer externer Effekte:

Automobilabgase, Bellende Hunde, Laute Musik in einem Mehrfamilienhaus Beispiele positiver externer Effekte:
Impfschutz, Forschung und Entwicklung neuer Technologien

Folge:

  • Die einzelwirtschaftlichen Kosten (oder Nutzen) der Produktion oder Nutzung unterscheiden sich von den gesellschaftlichen Kosten (oder Nutzen).

Problem:

  • Der Preismechanismus funktioniert nicht optimal, es kommt zu Fehlallokationen.

2. Kollektivgüter

Kollektivgüter stellen eine Extremform externer Effekte dar. Bei ihnen wird nur externer Nutzen generiert.

Eigenschaften von Kollektivgütern

1. Wirtschaftssubjekte, die nicht bereit sind, den Preis für ein Kollektivgut zu zahlen, können nicht von dessen Konsum ausgeschlossen werden (Nicht-Ausschlussprinzip).

Bsp.: Wirtschaftssubjekte, die nicht bereit sind, für die Sicherheit ihres Landes zu zahlen, können vom Gut „äußere Sicherheit“ nicht ausgeschlossen werden, d.h. sie werden im Verteidigungsfall trotzdem geschützt, da die Kosten ihres Ausschlusses zu groß wären.

2. Ist ein Kollektivgut einmal bereitgestellt, verursacht ein zusätzlicher Nutzer keine zusätzlichen Kosten (Nicht-Rivalität im Konsum).
Bsp.: Ist das Gut äußere Sicherheit einmal bereit gestellt, kann ein zusätzlicher Bürger geschützt werden, ohne dass zusätzliche Kosten entstehen.

3. Allmendegüter

Allmendegüter (Quasikollektivgüter) zeichnen sich aus durch:

  • Nicht-Ausschließbarkeit und
  • Rivalität im Konsum.

Beispiel: Gesellschaftliche Ressourcen, etwa: Fischbestände der Weltmeere Wirtschaftssubjekte haben Anreize, Allmendegüter möglichst intensiv zu nutzen,

  • da kein Ausschluss möglich ist
  • und der Konsum anderer mit dem eigenen Konsum rivalisiert.
  • Der eigene Konsum hat also negative externe Effekte für andere
    Wirtschaftssubjekte.
  • Problem: Bei Allmendegüter treten Übernutzungsprobleme auf.

Verfügungsrechte
Unter Verfügungsrechten (sog. Property Rights), versteht man in der Ökonomik Rechte, die für eine Gesellschaft erlaubte Handlungsweisen von unerlaubten Handlungsweisen abgrenzen.

Verfügungsrechte regeln

1. Rechte auf Nutzung des Gutes,

2. Rechte auf formale oder materielle Veränderungen an einem Gut,

3. Rechte auf die Aneignung von Erträgen, die durch die Nutzung eines Gutes
entstehen und

4. Rechte auf vollständige oder teilweise Veräußerung oder Übertragung des Gutes (bzw. der Rechte daran) an Dritte.

Sinnvoll definierte Verfügungsrechte können Marktversagensprobleme lösen.

„Wie die Erfahrung lehrt, hat das Eigentum an einer Ressource durchaus Einfluss auf das wirtschaftliche Resultat. Es sind die wirtschaftlichen Anreize des privaten Eigentums, die zu sparsamen Umgang mit natürlichen Ressourcen und damit zur sozialen Wohlfahrt beitragen. Dabei versuchen die Individuen aus ihren Verfügungsrechten „das meiste herauszuholen“ (Nutzenmaximierung). Eine geschickte Ausgestaltung der Verfügungsrechte trägt dabei zur Einsparung von Transaktionskosten sowie zu einer pfleglicheren Nutzung von Ressourcen bei.“[4]

Beispiel: Umwelt
Die Umwelt an sich ist in seiner Eigenschaft als Kollektivgut unentgeltlich. Es besteht somit ein fehlender Anreiz zur Sparsamkeit und die Gefahr zur Übernutzung von Ressourcen. Wegen der Rivalität im Konsum spricht man bei solchen Ressourcen von Allmendegütern. Letzteres äußert sich zum Beispiel in der Überfischung der Meere oder Abholzung von tropischen Regenwäldern. Während der Gewinn individualisiert ist, ist ein etwaiger Schaden am Gut sozialisiert. Es folgt die Nichtausschließbarkeit von Akteuren. Eine Bezahlung für das Kollektivgut kommt nicht zustande, weil jeder Akteur hofft am Nutzenkollektiv teil zu haben ohne Teil des Kostenkollektivs zu sein. In diesem Fall tritt aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht also ein Marktversagen ein und der Staat übernimmt die Regulierung.[5]

Nutzungsdilemmata lassen sich prototypisch am Beispiel der Überfischung der Meere veranschaulichen. Der Ausbeutung einer natürlichen, sich selbst regenerierenden Ressource (z. B. Fischbestand im Atlantik) sind durch ihre Regenerationsgeschwindigkeit Grenzen gesetzt und die Ressource kann durch zu hohe Nutzung schwerwiegend geschädigt werden (Überfischung). Der Gewinn für den einzelnen Fischer ist umso größer, je mehr der Fischer fängt, während Verluste durch Schädigung der Ressource alle Fischer betreffen. Das heißt, der Gewinn ist individualisiert und fällt sofort an, während der Schaden von allen getragen wird. Da – bedingt durch das soziale Dilemma – auch die Fischer geschädigt werden, die verantwortungsvoll mit der Ressource umgegangen sind und weniger gefischt haben, besteht kein wirtschaftlicher Anreiz für den einzelnen Fischer zu verantwortungsvollem Verhalten. Zusätzlich zu diesem Dilemma kommt eine Zeitfalle, denn der Gewinn bei Ressourcenübernutzung entsteht sofort, während der Verlust später eintritt. Dieses temporale Problem betrifft viele Ressourcen, und zwar auch dann, wenn sie individuell genutzt werden, also kein soziales Dilemma im eigentlichen Sinn vorliegt. Häufig ist die Zeitfalle mit erheblicher Zeitverzögerung der negativen Konsequenzen verbunden (oft Jahre oder Jahrzehnte) im Vergleich zu den kurzfristig positiven Erträgen. Die Verluste in der Zukunft werden diskontiert, sodass intertemporale Präferenzverschiebungen stattfinden.[6]

Bankenkrise und Mängel der Institutionen

Einführung

Der konjunkturelle Rückgang in den USA 2001 und nach den Terroranschlägen von 9/11 führt zu Ausgabenprogrammen der US-amerikanischen Regierung sowie massiven Zinssenkungen durch die Fed. Die erstärkte Bankenliquidität sucht daraufhin ihre Anlagemöglichkeiten verstärkt im Immobilienbereich. Bei dem weiter niedrigen Zinsniveau und leichteren Kreditbedingungen kommen auch immer mehr Kreditnehmer mit niedriger Bonität zum Zuge. Die Hypothekenkredite werden verkauft oder verbrieft. Die dadurch gestärkte Liquidität der Banken führt zu neuen Immobilienkrediten. Die Bonität der Kreditnehmer spielt ab jetzt keine Rolle mehr, sondern die Aussicht auf steigende Immobilienpreise ist ausreichend.

Wegen des Zinsänderungsrisikos (Risiko der steigenden Zinsen) werden Hypothekenkredite mit festen Zinsen nur für kurze Zeit vergeben. Als bald die Zinsen schneller als die Immobilienpreise steigen, wankt das Geschäftsmodell. Notleidende Kredite führen zu Zwangsvollstreckungen, die Immobilienpreise sinken, damit ist eine Kettenreaktion eingeleitet: Die Blase platzt.

Bei dem Bekanntwerden der drohenden Insolvenz von Banken, beginnt die US-Regierung in der ersten Phase mit Maßnahmen zur Eigenkapitalsicherung und beschließt zuletzt die temporäre Verstaatlichung von Banken.

In der zweiten Phase wird eine Reregulierung der Banken forciert, indem „Kreditschneeballsysteme“, Verbriefungen, unqualifizierte Ratings eingeschränkt werden.

Beispiele von Principal-Agent-Problemen im Bankensektor
  1. Kunde <-> Bankangestellter: Kunde bekommt nicht das für ihn günstigste Produkt, sondern eventuell eines für das der Banker die größte Provision erhält
  2. Bank <-> Ratingagentur: Die Bank beauftragt und bezahlt die Ratingagentur. Daher sind diese dazu geneigt die Bank tendenziell besser zu bewerten als dies objektiv angemessen wäre.
  3. Bank, die Forderungen verbrieft <-> Kunde: Sobald die Bank ihre Forderung verbrieft hat sie kein Ausfallrisiko mehr und pflegt kaum noch die Beziehung zu dem Kunden, was unter Umständen das Ausfallrisiko erhöhen kann.

 

Verstaatlichung und „bad banks“

Besser: Schaffung von „good banks“ zur Wiederherstellung von Vertrauen
Zunächst: Bewertung der „toxischen Papiere“ zu Marktpreisen (bei fehlenden Marktpreisen Bewertung zu Null bzw. 1 EUR). Damit dürfte das Eigenkapital stark reduziert sein. Um den Geschäftsbetrieb der „good bank“ (Einlagen, Inhaberschuldverschreibungen auf der Passivseite, „gute“ Forderungen auf der Aktivseite) aufrecht zu erhalten, ersetzt der Staat das fehlende Eigenkapital (Aktivseite: virtuelle Forderungen an den Staat; Passivseite: virtuelles Eigenkapital des Staates).

Die toxischen Papiere sind in die „bad bank“ auszugliedern und über einen langen Zeitraum abzuwickeln. Damit wird der Preisverfall der „toxic assets“ aufgrund von Notverkäufen gestoppt. Abwicklungsüberschüsse (Liquidationserlös höher als ursprüngliche Bewertung) erhöhen das Eigenkapital der „realen“ Aktionäre. Der „Staatsanteil“ reduziert sich entsprechend. Die Staatshaftung wird somit geordnet (parallel zur Liquidation der toxischen Papiere) zurückgeführt.
Endgültige Verluste des „realen“ Eigenkapitals sind durch Kapitalaufstockung auszugleichen.

Notfalls ersetzt der Staat sein „virtuelles“ Eigenkapital durch „reales“, womit er dann Aktionärsrechte und somit auch Gewinnansprüche erhält. Eine „reale“ Staatsbeteiligung dürfte allerdings kaum im Interesse der Altaktionäre sein. Daher: Die „good bank“ kann jederzeit Kapitalerhöhungen vornehmen, um den Staatsanteil zu reduzieren oder um zu wachsen.

Für die Haftung des Staates ist eine marktübliche Prämie zu zahlen. Sollte nach Bewertung der „toxischen Papiere“ das Eigenkapital negativ werden, müssten die Schuldverschreibungen der Bank zu Lasten der Gläubiger reduziert werden. In Höhe dieser Abschreibungen erhalten die Gläubiger Forderungen an die „bad bank“ („Hoffnungswerte“). Verwertungserlöse fallen dann zunächst diesen Gläubigern zu, erst dann den Aktionären.

Welche Probleme sind mit der „bad bank“-Lösung der Regierung verbunden?

Bei der „bad bank“-Lösung der Regierung könnten Verluste entstehen, die der Steuerzahler zu übernehmen hätte.

Die amerikanische Zentralbank ist auf die Ziele „Hoher Beschäftigungsstand“, „Preisstabilität“ und „moderate langfristige Zinsen“ festgelegt. Ist das ein Problem?

Wenn eine Institution auf mehrere Ziele festgelegt ist, die im Zielkonflikt stehen, könnte das eigentliche Ziel der Geldpolitik, nämlich Preisniveaustabilität, ins Hintertreffen geraten.

Links
References
  1. Stader – Neue Institutionenökonomie: Eine Zusammenfassung (abgerufen am 17.01.2011)
    http://stader.de/2009/10/17/neue-institutionenokonomie-eine-zusammenfassung/
  2. wikipedia.de – Transaktion
    http://de.wikipedia.org/wiki/Transaktion_(Wirtschaft)
  3. Wirtschaftswoche – Warum es Unternehmen gibt (abgerufen am 17.01.2011)
    http://www.wiwo.de/politik-weltwirtschaft/warum-es-unternehmen-ueberhaupt-gibt-378579/
  4. Stadler – Neue Institutionenökonomik: Eine Zusammenfassung (abgerufen am 17.01.2011)
    http://stader.de/2009/10/17/neue-institutionenokonomie-eine-zusammenfassung/
  5. Vgl. Braun, M.: Kollektivgut Umweltschutz, S. 7
  6. Wikipedia – Soziales Dilemma
    http://de.wikipedia.org/wiki/Soziales_Dilemma

* Google knol hat ab 1.5.2012 den Betrieb eingestellt. Dieser Beitrag wäre dann nicht mehr sichtbar. Da die Beiträge unter Creative Commons Attribution 3.0 License veröffentlicht wurden, kann er hier übernommen werden.

Dirk Elsner Juni 29, 2012 um 14:12 Uhr

Super, vielen Dank für die Hinweise. Da das nicht mein Text ist, will ich darin aber nicht einfach etwas drin ändern.

Maik Juni 29, 2012 um 15:59 Uhr

„Da das nicht mein Text ist, will ich darin aber nicht einfach etwas drin ändern.“
Zumindest lt. Lizenz (CC 3.0 by) darf der Text verändert werden („You are free: to Remix“) und wenn man das dann auch noch dementsprechend transparent macht, spricht eigentlich nichts dagegen.

Maik Juni 29, 2012 um 10:25 Uhr

Kleine Korrektur: Die Auszahlungsmatrix des „Gefangenendilemmas“ gibt kein Gefangenendilemma wieder. Unter der Annahme, dass B schweigt, sollte A auch schweigen (1 Jahr ist besser als 5 Jahre). Bei dieser Auszahlungsmatrix haben wir zwei Nash-Gleichgewichte (singen,singen) und (schweigen,schweigen), wobei ersteres von letzterem dominiert wird und damit „wahrscheinlich“ eintreten wird.
Für ein Gefangenendilemma müsste man demnach die Auszahlung für einseitiges singen von 5 auf Null Jahre senken (Kronzeugenregelung) oder bspw. die Haftjahre tauschen (5 1), so dass sich auf jeden Fall der einseitiger „Singer“ gegenüber dem simultanen singen verbessern kann.

causb Juni 29, 2012 um 09:56 Uhr

Das Beispiel des Gefangenendilemmas ist falsch.

Der Kick an der Sache ist eigentlich, dass wenn einer schweigt es für den Anderen günstiger ist zu singen und somit beide singen werden.

Das ist hier nicht der Fall. Im Beispiel lohnt es sich nicht abzuweichen.
Im Falle, dass der Andere singt, werde ich auch singen ( 15 < 25 ), im Falle, das der andere schweigt werde ich auch schweigen (1 < 5 ).
Somit wissen beide wie der Andere entscheiden wird und werden deshalb beide Schweigen, denn diese Strategie dominiert die Strategie des Singens (1 < 15 ).

Es müsste eine Strafe von mehr als 5 Jahren Haft, statt dem einem Jahr, für beide verhängt werden, damit das Beispiel zu dem (klassischen) Gefangenendilemma wird.
Die Gesamthaft ( 6+6=12 ) wäre im Fall beiderseitigen Schweigens zwar am geringsten, aber jeder hätte eine individuelle Motivation (5 < 6 ) zu singen falls der andere schweigt. Was letztlich zu einer suboptimalen Gesamthaft von 15+15=30 Jahren führt.

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