Ökonomen-Blogparade: Die Grenzen des Wachstums für Unternehmen

by Dirk Elsner on 30. November 2012

Im Blog des Wirtschaftswurms sind bereits viele Beiträge zu der Blogparade für November zum Thema “Grenzen des Wachstums” gesammelt. Ich tue mich schwer mit dem Thema, weil ich am überlegen bin, unter welchen Aspekt man sich mit den “Grenzen des Wachstums” überhaupt befassen soll. Was folgt konkret daraus, wenn man die Grenzen des Wachstums betrachtet? Kann man überhaupt die Grenzen des Wachstums betrachten, und was versteht die Ökonomie überhaupt unter Wachstum.

Wachstum lässt sich volkswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich betrachten, was eher meine Domäne ist. Und wenn ich es richtig gesehen habe, dann befassen sich die meisten anderen Autoren dieser Blogparade eher mit dem volkswirtschaftlichen Aspekten der Wachstumsgrenzen.

In dem Buch “Wege zum Wachstum” heißt es im Geleitwort von Markus Sulzberger: “Wachstum ist heute eine der wichtigsten Themenstellungen und Herausforderungen in der Unternehmensführung. Es finden sich kaum ernstzunehmende Meinungsmacher und Unternehmerpersönlichkeiten, die die Notwendigkeit einer wohlüberlegten Wachstumsstrategie negieren. Bei dieser Ausgangslage treten Fragen der Gewichtung der Wachstumskomponenten, der Ausgewogenheit und der Umsetzung in den Vordergrund.” Sebastian Raisch, Gilbert Probst, und Peter Gomez haben dann ein 272-Seiten Buch dazu geschrieben, wie man nachhaltigen Unternehmenserfolg erzielt. Für sie stehen Umsatz und Gewinn im Vordergrund der Wachstumsgrößen.

Nach dieser Sichtweise wird Wachstum unreflektiert als positiv angesehen. Und tatsächlich stellt kaum jemand in der Wirtschaftspraxis das Wachstumsparadigma grundsätzlich in Frage. Immerhin werden die gesellschaftlich relevanten Nebenwirkungen des Wachstums, wie sie etwa der Club of Rome populär gemacht hat, mittlerweile auch in Unternehmen berücksichtigt. Dies geschieht aber oft nicht aus einer tieferen Einsichtnahme, sondern weil die “rücksichtslose” Verfolgung von Wachstumszielen negativ durch Kunden und Staat sanktioniert werden könnte und so künftiges Wachstum mindern würde.

Aber selbst wenn Unternehmen stets nach Wachstum streben, so ist ihren Managern und Mitarbeitern sehr wohl bewusst, wie fragil jeweils das Wachstum des eigenen Unternehmens ist. Der Lebenszyklus der meisten Produkte geht nie ins Unendliche, sondern endet meist irgendwann.

Es ist eine Binsenweisheit, dass mit dem Ende von Produkten immer wieder auch Unternehmen enden, wenn sie sich nicht, in welcher Form auch immer, neu erfinden.

Für Einzelunternehmen gibt es aber nicht nur aufgrund des Produktlebenszylus, sondern auch aus anderen Gründen kein grenzenloses Wachstum zu geben. Ronald Coase hat dazu die theoretischen Grundlagen gelegt. Er schrieb schon 1937 : „… ein Unternehmen neigt dazu, sich zu vergrößern, bis die Kosten der Organisation einer zusätzlichen Transaktion innerhalb des Unternehmens den Kosten der Durchführung derselben Transaktion im Tauschwege auf dem offenen Markt oder den Kosten der Organisation in einem anderen Unternehmen gleich werden.“ Wir bewegen uns damit in der neuen Institutionenökonomik, die zeigt, dass u.a. unter Berücksichtigung von Transaktionskosten, Informationsasymmetrie  und opportunistisch handelnden Personen die Grenzen von Unternehmen aufgezeigt werden können.

Ich habe jetzt für diesen Text nicht nach entsprechenden Studien geschaut, aber viele Untersuchungen werden zeigen, dass Unternehmen gerade nicht unbegrenzt wachsen (sollen) und ab einer bestimmten Größe eher Probleme dadurch haben.

Ich belasse es vorläufig bei dieser Betrachtung, die natürlich unvollständig sein muss. In unserem nächsten Ökonomen-Hangout am 11. Dezember werden wir uns noch einmal intensiver mit den Grenzen des Wachstums befassen. Da werden vermutlich wieder eher die volkswirtschaftlichen Fragen im Vordergrund stehen, vielleicht lassen die sich aber auch durch die institutionenökonomische Brille betrachten.

Andreas Bangemann Dezember 2, 2012 um 16:25 Uhr

Wie immer man es auch betrachtet: Nirgends gibt es unendliches Wachstum, nicht im Unternehmen, nicht volkswirtschaftlich und schon gar nicht bei natürlichen Prozessen.
Wachstum gibt es immer nur bis zu einer optimalen Größe.
Betriebs- und volkswirtschaftlich kommen automatisch Rückkopplungsprozesse in Gang, die Wachstum immer an Grenzen stoßen lässt. Inwieweit diese Grenzen dann zu Überleitungen führen, die zu einem „inneren“ Wachstum übergehen hängt von weiteren Faktoren ab.
Ein volkswirtschaftlicher Faktor, der weitgehend unbeachtet bleibt, weil man ihm quasi seit Jahrzehnten wissenschaftlich „Neutralität“ unterstellt, ist das Geldsystem. Und in genau diesem haben wir – weil es so schön ist – unendliches Wachstum eingepflanzt. Angelegtes Geld wächst nach mathematischen Prinzipien nicht nur unendlich, sondern auch noch exponentiell.
Schade nur, dass dieses Wachstum die Verschuldung als pendant braucht. Und diese wiederum unterliegt leider den physikalischen Gesetzen, die Grenzen finden. Grenzen bei der menschlichen Leistungsfähigkeit.
Irgendwann werden wir so schlau werden und dieses künstliche System durch eines ersetzen, das Wachstum zulässt, aber nur bis zu dem Punkt, bis zu dem es natürlich und förderlich ist.

Wirtschaftswurm November 30, 2012 um 09:45 Uhr

Coase konnte zwar sehr schön herleiten, dass es eine Grenze des Unternehmenswachstums geben muss. Konkret hilft die Transaktionskostentheorie jedoch mMn wenig, wenn man sich fragt, ob ein Unternehmen diese Grenze schon erreicht hat. Dazu sind Transaktionskosten nicht genau genug messbar.

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