Die Banken haben unisono den Mittelstand als lukrative Zielgruppe entdeckt. Glaubt man der Strategierhetorik, dann stehen die Kreditinstitute wieder Schlange vor den Unternehmen. Mittlerweile soll ja wieder genug Liquidität da sein, nur diesmal wollen die Pferde nicht so richtig saufen. In einem Gespräch mit dem Handelsblatt hat jüngst Firmeninhaber Thomas Kübler genau das bestätigt, was ich seit einiger Zeit auch bei meinen Kunden beobachte. Den Banken wird die Wende zum Mittelstand nicht abgenommen.
Viele Unternehmen fühlten sich insbesondere in den Krisenjahren 2008/2009 allein gelassen. Ich kenne niemanden im Mittelstand, der dies vergessen hat. Gerade als es auf die Banken ankam, bewahrheitete sich erneut der Spruch von Mark Twain: “Banker sind Menschen, die dir bei guten Wetter einen Regenschirm leihen, ihn aber zurückfordern sobald es zu regnen beginnt.”
In Deutschland herrscht mittlerweile wieder gutes Wetter für die Unternehmen. Viele CFOs spüren aber noch die Nässe der Krisenjahre. Trotz der Kreditklemme haben die meisten Unternehmen sich auch ohne Unterstützung ihrer Banken helfen können. Sie investierten weniger und griffen verstärkt auf die Innenfinanzierung zurück, wie gerade die Bundesbank im jüngsten Monatsbericht festgestellt hat. Daneben haben sie sich untereinander stärker finanziert.
Zu der jetzt umfassend ausgewerteten Finanzierungslage 2011 schreibt die Zentralbank: “Das gebremste Investitions- und Anlageverhalten der Unternehmen war im Verein mit den nach wie vor üppigen Innenfinanzierungsmöglichkeiten ein wichtiger Grund dafür, dass der Fremdmittelzuwachs erheblich geringer als zu Beginn der Erholung ausfiel. Darüber hinaus nahm im Zuge der Verstetigung des Absatzwachstums das Volumen an Handelskrediten nicht mehr so kräftig zu, weil es neben der Einräumung neuer Zahlungsziele auch in erheblichem Umfang zu Tilgungen kam. Da überdies die Kapitalzuführungen rückläufig waren, legte die Außenfinanzierung 2011 insgesamt nur noch halb so stark wie im Jahr davor zu.”
Natürlich nehmen Unternehmen weiter Finanzierungen von Banken in Anspruch. Aber, wie hier schon häufiger betont, suchen sie immer stärker nach Alternativen. Dazu trägt auch bei, dass viele Institute im Vorgriff auf die gerade verschobenen Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften von Basel III ihre Anforderungen an die Finanzierungen erhöhen. Und das schmeckt gerade Mittelständlern nicht. So bemängelte Thomas Kübler, dass die Banken nicht nur 50% Eigenkapital für Finanzierung erwarten, sondern er auch noch das eigene Haus als Sicherheit mit einbringen solle. Solche Forderungen unterstreichen, dass die Mittelstandsoffensive klar an den Bedürfnissen der Zielgruppen vorbei geht.
Ohnehin ist die Zuneigung zum Mittelstand eher deswegen entflammt, weil die Großunternehmen Banken die Liebe entzogen haben. Viele Konzerne können sich nämlich dank erstklassiger Bonität zu Konditionen (im Zweifel über den Anleihemarkt) finanzieren, bei denen vielen Banken nicht mehr mithalten können. Die Risiko-Return-Steuerung der Banken sieht daher kaum noch andere Einsatzmöglichkeiten des Kapitals als für das margenträchtige Mittelstandsgeschäft. Dieser Schwenk entspringt also weniger einer gezielten Analyse mittelständischer Finanzierungsbedürfnisse als purer Notwendigkeit, überhaupt im Kreditgeschäft etwas verdienen zu können.
Dennoch macht es für Unternehmen wenig Sinn, sich schmollend den Werbeversuchen der Banken zu entziehen. CFOs sollten vielmehr die Flirtangebote für die weitere Verbesserung der eigenen Lage nutzen. So sollten sie etwa die Freigabe von Kreditsicherheiten verlangen und strenge Financial Covenants (Kreditklauseln) lockern. Wichtig ist es auch, die Finanzierungsbeziehungen einem Stresstest zu unterziehen, um zu checken, ob die willigen Banken nicht in schlechten Zeiten einfach wieder verschwinden.
Dieser Beitrag ist eine überarbeitete und aktualisierte Fassung eines Beitrags, den ich für die Webseite der CFOWorld geschrieben.
ich stimme dem zu, dass in diesem Jahr ein schönes Zeitfenster sich auftut, um Kreditsicherheiten in Darlehensverträgen zu reduzieren und Cov-Lite zu bekommen.
Kündigen:
Und nicht nur das. Gerade in D können auf die niedrige Ausfallraten (und Ausfallerwartungen) verweisen und den Zins drücken. Insbesondere wenn Firmen ihre Kredite kündigen können, sollten sie ggf. davon aktiv Gebrauch machen. Ich rechne im syndizierte HY Loan Markt 200bps via vorzeitige Kündigungen in 2013 realisiert werden. Firmen wären also schön blöd wenn sie nur zugucken wenn eventuelle Wettbewerber bessere Finanzierungsbedingungen abgrasen und man selbst die Hände in Schoß legt. (Es ist einfach zu viel Geld da)
Rollover Risk:
Dabei sollte man sich aber auch sein Laufzeitprofil aktiv gestalten, z.B. seine eigenen Projekte, Fertigungslinien, usw. sowie potentielle Konjunkturverläufe durchspielen (Achja im J.o.Finance gab es 2012 eine schöne Studie zum „Rollover-Risk“).
FX:
Ebenso können internationalisierte Firmen (soll es ja geben) mal schauen ob sie sich nicht teilweise in Fremdwährungen verschulden anstatt ihre EUR-Kredite mit Zinsswaps ihr Auslandsgeschäft zu hedgen (Wenn der CFO sich das nicht zutraut, sollte er es aber wirklich NICHT tun. Ehmm beides…).
Regenschirme:
ich bin mir nicht sicher ob das immer ob man vorher sagen kann ob eine Bank einem im Regen stehen lassen wird. Tendenziell sollte man immer davon ausgehen. Ich glaube dass man besser fährt zu überprüfen, ob für ein Schock-Jahr 2014, 2015, 2016, usw. (Annahme: 100% aller Banken gehen auf Tauchstation) jeweils die Refi-Bedarf (siehe Laufzeitprofil) ggf. auch mit Innenfinanzierung und sonstige Reserven abzudecken wäre bzw. mit welchen Anteil. Zumindestens würde ich so die Problemanalyse anpacken.
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