Game over für Thomas Schaaf

by Dirk Elsner on 28. Mai 2013

Meine Urlaubszeit ist nun definitiv zu Ende. Beginnen muss ich nach der Pause mit einem Ereignis, dass sich in der Zwischenzeit ereignet hat und wenig mit Wirtschaft zu tun hat. Wenn dieser Beitrag in meinem Blog erscheint, ist die Episode längst Geschichte und die Fußballwelt hat ganz andere Themen. Aber mich interessiert am Champions League-Sieg der Bayern höchstens, wie der künftige Trainer Pep Gardioloa mit den hohen Erwartungen umgehen wird. Mich interessierte die Trennung zwischen Werder und Bremen und Thomas Schaaf. Die Nachricht erreichte mich am 15. Mai, erst per WhatsApp und dann über die üblichen Medienkanäle.

Etwas fassungslos und mit viel Wehmut verschlang ich die Berichte über die Trennung (siehe einige unten). Während viele Journalisten die richtigen Worte fanden, wirkte das offizielle Werder irgendwie kalt und so gar nicht authentisch. In beiderseitigem Einvernehmen trennt man sich, wenn man nach außen den Krach unter der Decke halten will. Die Erklärung von Schaaf selbst liest sich ebenfalls wie durch einen Spin-Doktor verfasst. Schaaf war aber ohnehin nicht der Mann für geschliffene Rhetorik, dafür aber für Authentizität.

Alex Raack hat für 11 Freunde passende Worte gefunden zum irgendwie als unwürdig empfundenen Abschied von Thomas Schaaf. Für ihn war Schaaf wie eine Mutter, die immer da war und nun nicht mehr. Das klingt zwar übertrieben, drückt aber in Bremen vielleicht am besten aus, was dort viele Menschen denken. Man darf zwar unzufrieden mit seiner Mutter sein, tauschen wollte man sie aber deswegen noch lange nicht. Sie sollte immer da bleiben.

Nun haben wir es aber im Profifußball nicht mit einem Familienbetrieb, sondern mit einer professionellen Unterhaltungsbranche zu tun. Hier gelten andere Gesetze. Heute müssen Trainer nicht nur gut sein, sie müssen auch medientauglich sein. Ein Konzept und gute Methoden reichen da nicht, sie müssen auch dem zahlenden Publikum vermittelbar sein. Meist scheint es eher darauf anzukommen, einen Trainer, Manager oder was auch immer zu finden, der eine gute Story liefert und erst in zweiter Linie kommt es darauf an, auch geeignete Methoden zu haben.

Genial vorgemacht hatten das vor ein paar Jahren die Bayern mit Jürgen Klinsmann. Der lies sich bei der Anstellung ausgezeichnet verkaufen, scheiterte dann aber grandios und wurde samt Buddafiguren entfernt. Nun haben die Bayern mit ebenfalls Riesenvorschuss einen Trainer engagiert, mit dem alles noch besser als unter Heynckes werden soll. Ich persönlich glaube übrigens nicht daran, das Gardiola in Bayern zu Recht kommt. Aber wird eine andere Geschichte.

Zum Zirkus des Betriebs Bundesliga gehört es, bei Vereinen, die nicht erfolgreich sind, irgendwelche Experten und Kommentatoren nach neuem Personal rufen zu lassen. Irgendjemand weiß immer besser, wie es geht. Und da von 18 Vereinen immer einige unten stehen, gebietet es die sportliche Logik von Gewinnern und Verlierern, dass es immer etwas zu diskutieren gibt. Ich weiß nicht, ob schon einmal jemand ausgewertet hat, was eigentlich ein Trainerwechsel bei einem Verein bringt. Ich vermute mal die Effekte sind gering bzw. eher zufällig verteilt. Selbstverständlich gibt es Beispiele, die den vermeintlichen Erfolg eines Wechsels zeigen und mit etwas Alltagspsychologie (Neuer-Besen-Effekt) begründet werden können. Aber am Ende der Saison steigen immer Mannschaften ab, egal wie viel Personal durchgetauscht wurde.

Es sei einmal dahin gestellt, ob Werder in den nächsten Saison mit neuem Personal besser spielen wird (ich hoffe es natürlich). Ich will gern glauben, dass Schaaf müde war und deswegen vielleicht eine Pause brauchte. Aber woher soll ich so etwas wissen? Aus ein paar Interviewäußerungen? Aus Übermittlungen von Journalisten, die dichter am Verein sind? Die Begründungen über Personalwechsel in der Bundesliga sind genauso brauchbar, wie die Erklärungen über die vergangenen Bewegungen an den Finanzmärkten. Solche Analysen taugen als Unterhaltung. Ableiten für zukünftige Entwicklungen lässt sich daraus nichts. Aber Fußballvereine im Profigeschäft ticken hier mittlerweile ähnlich, wie große börsennotierte Unternehmen. Wenn es nicht läuft, dann soll es neues Personal richten. Auch bei Unternehmen klappt das nicht oft.

Andererseits gilt natürlich die Binsenweisheit: Wenn man das Gefühl hat, im Job passt es nicht mehr, dann ist es richtig, die Konsequenzen daraus zu ziehen. Dabei muss man nicht immer warten, bis der Arbeitgeber aktiv wird.

Laut 11 Freunde soll Schaaf bei seinem Engagement als Trainer gesagt haben, damit hätte es seine eigene Entlassung unterschrieben. Schaaf wusste schon immer ziemlich genau, was passiert könnte. Er wird aber damals wohl nicht geahnt haben, dass er 14 Jahre und 3 Tage auf diesen Tag warten musste.

Ich werde den alten Knurrhahn jedenfalls vermissen und danke ihm für den tollen und vor allem offensiven Fußball, den er uns bis vor drei Jahren mit der Mannschaft beschert hat. Mit Robin Dutt ist jedenfalls ein Nachfolger gefunden, mit dem ich als Zuschauer zufrieden bin. Da stimmt die Story.  Und die ist ja wichtiger als die eigentliche Qualifikation, die ich ohnehin nicht beurteilen kann 😉

Reaktionen in den Medien

Lexi Juni 5, 2013 um 08:08 Uhr

Statistik einst gelesen, dass nach 7 Spielen eine Trendwende einsetzt, egal ob mit oder ohne Trainerwechsel, aber Ausnahmen bestätigen unwissenschaftlicherweise die Regel,
weil Peter Neururer Bochum immer sofort rettet. Aber das ist eine andere Geschichte 😉

Thomas Mai 28, 2013 um 22:41 Uhr

Das Problem ist, dass eine Vereinsführung keine andere Möglichkeit zum Eingreifen in der laufenden Saison hat, als den Trainerwechsel.
Neue Spieler kann man nur in der Winterpause holen. Das nicht jeder die Geduld aufbringt an einem Trainer festzuhalten ist auch klar – vor allem wenn es die sogenannten Fans fordern. Da ist dann der neue Trainer die logische Konsequenz.

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