Storytelling für die Kursstürze funktioniert perfekt: Ben´s Schuld

by Dirk Elsner on 21. Juni 2013

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Das Wetter der letzten Tage erinnerte mich die Börsensituation der letzten Wochen und vor allem gestern. Erst Aufheizen, dann krachen und nun abkühlen. Nichts anderes haben wir nun erlebt, auch wenn uns die Spindoktoren wieder einmal etwas anderes erklären wollen.

Das weltweite Storrytelling wollte gestern Ben Bernanke als Schuldigen ausgemacht haben (Presseerklärung der FED hier). Ich halte das für absoluten Blödsinn. Er hat ja letztlich nur das ausgesprochen, was sowieso jeder weiß, nämlich, dass die quantitative Lockerung irgendwann einmal vorbei sein muss und auch die Zinsen sich mal wieder nach Norden bewegen könnten.

Ich begreife auch weiter nicht, warum es sich um einen gescheiterten Beruhigungsversuch für die Märkte gehandelte haben soll, wie Mark Schieritz im Herdentrieb meint. Die Bewertung der Äußerung eines Notenbankpräsidenten kann sich doch nicht allein danach orientieren, wie sich anschließend die Märkte bewegen.

Jedenfalls folgte gestern anscheinend der Mainstream der Ausrede Nr. 2, der Top 10, die Karl-Heinz Thielmann hier am Dienstag präsentiert hat:

“Wenn Aktien und Renten steigen, liegt es daran, dass erwartet wird, dass die Notenbank der USA, auch Federal Reserve bzw. kurz Fed genannt, den Geldhahn weiter aufdreht. Wenn Aktien und Renten fallen, liegt es daran, dass erwartet wird, dass die Fed den Geldhahn wieder zudreht.

Auf diese kurzen Sätze kann man 2/3 der Börsenberichterstattung dieser Tage reduzieren. Meistens macht die Fed garnichts und ist damit für die meisten Finanzmarktakteure gefährlich unberechenbar.

Möglicherweise werden an der Börse aber noch irgendwann einmal wieder andere Dinge wichtig als die Fed. Oder die Unsicherheit.”

Dann hat es noch die Edelmetalle zerlegt. Auch hier war die Fed schuld: “Inflationsangst der Fed hilft Gold nicht mehr”.

Das US-Blog Zero Hedge hat erwartungsgemäß hyperventiliert: “Artificial Abundance, Moral Hazard And The Fed’s Doomsday Machine” oder mit dem Bild “Night of the living fed” in “Financial Market Russian Roulette”.

Ich halte es wieder einmal mit Mr. Market, der gestern schon gewohnt nüchtern die Lage analysierte:

“Und auch hier ist es wieder klar, dass kurzfristig für den Rest der Woche die Algos den Trend vorgeben werden, dem man einfach folgen sollte. Hier fundamentale Logik anzuwenden ist verfehlt, wir haben keine Wahl als dem demütig zu folgen, was “Big Money” uns vorgibt.”

Für die Folgen der erwarteten Zinssteigerungen hat Patrick Bernau gestern auf FAZ Online schon mal eine Agenda gesetzt, die sicher noch in den nächsten Tagen erweitert wird:

  1. Der Dollar wird wertvoller

  2. Krisengefahr in den Schwellenländern

  3. Inflationsdruck in Europa

  4. Europäische Firmen werden wettbewerbsfähiger

  5. Aktienkurse sinken

  6. Für den amerikanischen Staat werden Schulden teurer

  7. Die Blasengefahr sinkt

Ergänzen kann man sicherlich noch, dass die eine oder andere Bank Probleme bekommen wird, weil sie zu viele lang laufende Kredite kurzfristig finanziert hat und unter dem Preisdruck der Aktivseite leiden wird.

Lutz Breunig Juni 21, 2013 um 16:04 Uhr

… wobei sich „Big Money“ an „Big Data“ orientiert – vermute ich einfach mal.

Jens22 Juni 21, 2013 um 07:48 Uhr

Ser guter Artikel zum Thema passend mit erschreckenden Zahlen:

http://www.format.at/articles/1325/692/360599/aktienboom-crash

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