Welt der FinTechs und britische Banken im Payment-Rausch

by Dirk Elsner on 5. Mai 2014

Über kaum ein Thema aus der FinTech-Welt wird soviel geschrieben (Auswahl hier) wie über neue Bezahlverfahren (payment) für PC-Anwendungen (Desktop) und Smartphone (mobile) Lösungen. FinTech ist übrigens der Branchenjargon für Unternehmen bzw. Star-ups aus dem Telekommunikations- und Internetumfeld, die Lösungen für die Finanzwelt anbieten.  Es scheint fasst so, als ob die FinTechs im Payment den heiligen Gral des Bankings der nächsten Generation erwarten.

Im April elektrisierte die Nachricht, dass sich Facebook um eine europäische E-Geld Lizenz bemüht. Darum und um die weiteren Aktivitäten einiger großer Mitspieler geht es in meiner aktuellen Kolumne für das Wall Street Journal:

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Das freilich längst nicht jeder Hype im Payment-Business zum Erfolg führt, unterstreichen Spekulation zum einst hochgejazzten Square (siehe dazu meinen Beitrag Hype hoch 2). Square hat sich in die Wertschöpfungskette zwischen Shops, Zahlungsdienstleistern und Kunden gezwängt und erlaubt Nutzern über einen Smartphone-Aufsatz, mobil mit Karte zu zahlen und bietet weitere Dienstleistungen. Das Start-up des Twitter-Gründers Jack Dorsey soll im letzten Jahr 100 Millionen Dollar verbrannt haben und sucht offenbar im Umfeld von Google, Apple und PayPal nach einem Übernahmepartner (siehe Bericht auf t3n).

Den Banken, denen man eine gewisse Behäbigkeit im Umgang mit neuen Technologien vorwirft, scheinen dagegen aufgewacht zu sein. In England jedenfalls startete eine Allianz mehrerer im Payments Council organisierter Banken vergangene Woche das mobile Zahlungssystem Paym.  Bankkunden brauchen sich mit Paym nicht mehr mit den steinzeitlich anmutenden umständlichen SEPA-IBANS und BICs zu quälen. Notwendig sind nur ein Smartphone und die Mobilnummer des Zahlungsempfängers. Bis zu 250 Pfund können so versendet werden. Das Geld soll innerhalb von zwei Stunden auf dem Empfängerkonto gutgeschrieben sein.

Der starke Vorteil von Paym ist, dass dies bankübergreifend gilt und Zahlungen sich nicht durch eine so lange Nahrungskette wie bei vielen FinTechs „quälen“ müssen. Die proprietären Lösungen der GAFAPYs (Google, Amazon, Facebook, Apple, Payal und Yapital) nutzen ja die Infrastruktur des klassischen Finanzsystems und sind bisher auf die Nahrungskette von Payment Service Providern, Acquirern, Kartengesellschaften, Banken und anderen angewiesen. All diese Unternehmen wollen ein paar Krümel von den Gebühren abbekommen. Da außerdem jedes Unternehmen sein eigenes Süppchen kocht, hätten die Nutzer der FinTech-Apps schnell einen ganzen Zoo von Zahlungsanwendungen auf ihren Smartphones.

Beispiel für den Zahlungsfluss bei einem Checkout im Onlineshop (gilt auch bei mobiler Bezahlung).
Paymill_Cashflow_Kreditkarte

Besten Dank an Paymill, deren Presseabteilung mir diese Grafik zur Verfügung gestellt hat.

Wenn also heute zwischen Endkunde und Tankstelle mobil bezahlt wird, dann sind an diesem Prozess zahlreiche Parteien beteiligt, die durch komplizierte Regelwerke und Techniken miteinander verbunden sind und die vom „transaction flow“ profitieren möchten. Und am Ende steht bisher immer ein Bankkonto, über das der Zahlungsvorgang juristisch abgeschlossen wird. Wenn sich die sechs Unternehmen mit weiteren Playern auf einen plattformübergreifenden Zahlungsstandard einigen und darüber hinaus wie Banken Guthaben führen würden, dann könnten sie die traditionelle Nahrungskette aufbrechen. Zu besichtigen ist das bereits in Afrika und Asien.

Die britischen Banken haben also vielleicht gerade noch rechtzeitig eine gute Lösung an den Markt gebracht. Ich bin gespannt, wann Banken in Deutschland nachziehen. Bei sechs Jahren Entwicklungszeit für Paym sollte man damit aber besser schon begonnen haben.

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