Gastbeitrag von Von Michael C. Mellinghoff
DIE WELT befürchtet den Niedergang des Finanzplatzes Zürich. Die ganze Welt? Nein! Ein kleines Dorf leistet erbitterten Widerstand – und stemmt sich mit Mitteln aus der digitalen Druidenküche vehement dagegen:
Auf Initiative von Ayondo Markets und der financemedia fand die „Finance 2.0“ bereits zum zweiten Mal in Zürich statt.
Copyright Foto: Marc P. Bernegger
Fast 300 Teilnehmer fanden sich in der AURA – nur einen Steinwurf vom Paradeplatz entfernt – ein und wurden im startenden Flugzeug eindrucksvoll vom virtuellen Flugkapitän aus dem Off zur Reise ohne finales Ziel begrüßt: der Digitalisierung im Banking.
Eine filmische Faktensammlung verdeutlichte eindrucksvoll wie weit die Banken der heutigen Welt von der Welt der Digitalisierung entfernt sind und welche Herausforderungen noch zu meistern sind.
Als Konferenzauftakt machte der Schweizer Nachrichtendienstler Marc Henauer zum Thema Cybersecurity in seinem Vortrag deutlich, dass es keinen wirkungsvollen Schutz im Netz gäbe und mehr digitale Vertriebskanäle bedeuten mehr digitale Risikoeinfallstore. Holzauge sei wachsam….
Sarah Brylewski von Ayondo erläuterte – frisch aus Frankfurt eingeflogen – das inzwischen gar nicht mehr so neue Prinzip des Social Tradings und bezeichnete Zertifikate beiläufig als ‚old school‘. Fraglich allerdings, ob die CFD’s, die auf Ayondo gehandelt werden, da so viel besser sind. Aktuell gibt es etwa 1.000 Toptrader denen man auf der Plattform folgen kann und das meiste Geld folgt einem sehr erfolgreichen virtuellen Depot. Ein paar Erfahrungswerte oder „lessons learned“ von Ayondo – immerhin ein Pionier des mirror tradings – wären hochinteressant für das fachlich sehr versierte Publikum gewesen. Leider war nur Zeit für eine Nachfrage.
In den beiden folgenden Präsentationen wurde deutlich, dass 2.0 auch Einzug in die Privatkundensegmente halten wird:
Während Crealogix dies nachvollziehbar als logische Folge für die Zukunft darstellte, kündigte Andreas Kubli von der UBS eine Produktlösung, die Anfang nächsten Jahres umgesetzt werden soll. Hier darf man sehr neugierig sein, wie diese Lösung, die Big Data-basierte Portfoliovorschläge für Schweizer Wealth Management-Kunden vorsieht, im Detail aussehen wird. Einen Vorgeschmack eines Alphatesters gibt es hier .
Mit Spannung wurde die Keynote von Chris Skinner (http://www.thefinanser.co.uk/) erwartet, der den großen Bogen spannte und die eingangs gezeigten Filmfacts mit Erkenntnissen aus seinem neuen Buch „Digital Bank“ ergänzte. Ob seine Aussage, dass es 2020 Banken auch noch in der heutigen Form gäbe, die anwesenden Banker beruhigte sei dahin gestellt.
Zwei Institute hob er sehr lobend hervor: die polnische mbank, die gerade ihren polnischen Mutterbank-Brand geschluckt hat und zur Commerzbank gehört und die börsennotierte deutsche Fidor Bank AG. Beide Institute seien heute schon auf dem Geschäftsmodell von 2020 unterwegs. „Money is just data“ ist nur ein Skinner-Fazit seines kurzlebigen Vortrags und Banken seien daher gezwungen ihr Geschäftsmodell anzupassen. Screen-to-screen statt face-to-face ist hier das Motto!
Abgerundet wurden die Fachbeiträge durch mehrere spannende Panel-Diskussionen, in denen auch die Versicherungsbranche diskutiert wurde. Tenor: Hier tut sich noch so gut wie gar nichts in Sachen Digitalisierung, was angesichts der noch größeren Abhängigkeit des Geschäftsmodells der Versicherungsbranche von Intransparenz wenig verwundern darf.
Gegen Ende der Veranstaltung hatten diverse Fintech Start-ups die Gelegenheit, zu pitchen. Einen besonders guten Eindruck hinterließen www.sentifi.com, eine Plattform, die die Meinungen von Kapitalmarktteilnehmern aggregiert und die bankenunabhängige Payment-Lösung www.mobino.com .
Als Schlußpunkt wurde die von den Konferenzveranstaltern ins Leben gerufenen Initiative „Prototyping the Future“ zur Förderung der Digitalisierung des Schweizer Bankings vorgestellt.
Insgesamt hat die Veranstaltung im Vergleich zum Vorjahr erheblich an Format gewonnen und auch deutlich mehr Publikumsinteresse erzeugt und wird sicherlich dazu beitragen, das Thema Digitalisierung in den Banken stärker zu priorisieren. Fast alle Vorträge, Pressestimmen gibt es hier.
Durch die bundesdeutsche Brille betrachtet, wäre eine ähnliche Veranstaltung in Deutschland im Herzen des Finanzzentrums sehr wünschenswert, geradezu höchste Zeit, insbesondere wenn man sich vor Augen führt, wo Deutschland in Sachen Bankendigitalisierung steht: abgeschlagen auf einem der letzten Plätze weit hinter den 3 führenden Ländern Großbritannien, Singapur, Dänemark und auch hinter Österreich und der Schweiz zurück – die Schweiz hat die Zeichen der Zeit erkannt!
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