Deutsche Kreditwirtschaft arbeitet an PayPal-Alternative

by Dirk Elsner on 23. Juni 2014

Am vergangenen Mittwoch veröffentlichten zahlreiche Medien eine umfassendere Darstellung der Nachrichtenagentur Reuters über die neuen Konkurrenten der Banken aus dem Internet:  Internetfirmen drängen ins Bankgeschäft. Regelmäßigen Lesern meines Blogs und meiner Kolumne für das Wall Street Journal dürften zwar die meisten Inhalte bekannt vorgekommen sein, dennoch war das ein gut zu lesender Roundup zu dem, was sich im Banking auf technologischer Ebene tut bzw. noch nicht tut (siehe dazu auch Prof. Nils Hafner: Was Banken wohl zu Banken macht).

 

Pioneertown’s Bank and Hotel (Foto: Flickr/nate2B)

Aber über eine Information darin habe ich noch nichts geschrieben, nämlich darüber, dass die deutsche Kreditwirtschaft an einer PayPal-Alternative arbeitet. Die Autoren schreiben:

“Die Größe und der Erfolg der Ebay-Tochter haben die Finanzbranche aufgeschreckt. Die deutschen Banken basteln unter dem Dach des Branchenverbands Deutsche Kreditwirtschaft an einer Alternative zu PayPal, wie mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen berichten. „Wir glauben, dass wir ein besseres Angebot als Paypal hinbekommen“, sagt ein mit dem Thema vertrauter Manager. Er setzt darauf, dass die meisten Deutschen beim Bezahlen im Internet lieber einen Service ihrer Bank nutzen als das Angebot eines Internetkonzerns aus Kalifornien.”

Das Gerücht waberte schon längere durch die FinTech- und Payment-Szene, hat dort aber bisher weder für Sorgen und nicht einmal für Aufregung gesorgt. “Facebook und Co. im Payment-Rausch” kommentierte ich vor einigen Wochen die Weltmeisterschaften im Ankündigen neuer Lösungen im traditionellen oder mobilen Zahlungsverkehr.  Doch trotz der Ankündigungseuphorie beim mobilen Bezahlen ist der Durchbruch am europäischen und amerikanischen Markt bisher ausgeblieben.

Selbst wenn die einzelnen mobilen Anwendungen noch so technisch ausgereift erscheinen, es gibt zu viele proprietäre Inseln, die die Akzeptanz bei Kunden und Händlern erschweren. Hier hätten die Banken einen klaren Wettbewerbsvorteil, sollten sie sich tatsächlich auf einen einheitlichen Standard einigen.  Wenn aber erneut wieder nur der kleinste gemeinsame Nenner, wie bei SEPA gesucht wird, dann muss sich wohl kein FinTech sorgen, es sei denn der Gesetzgeber hilft wieder nach und erklärt die Lösung zum Standard. Wann eine Lösung präsentiert wird ist nicht klar. Im Juli bin ich auf einer Veranstaltung des Bankenverbands und werde mich mal umhören. Die britischen Banken sollen für die clevere mobile Lösung paym 6 Jahre gebraucht haben.

Beschworener Bankenwandel

Ansonsten wird in dem gut zu lesen Beitrag von Reuters wieder intensiv der Bankenwandel beschworen und mit markigen Zitaten unterlegt, wie etwa vom Chef der Hypovereinsbank, Theodor Weimer:

“Die digitale Revolution ist kein Trend mehr, sondern eine fundamentale Umwälzung. Wie wir im 19. Jahrhundert eine Veränderung durch die industrielle Revolution hatten, haben wir jetzt eine Veränderung durch die Digitalisierung.“

Der Wandel wird freilich schon seit Jahren beschworen. Darauf weise ich in meiner 50. Kolumne für das Wall Street Journal hin:

“In den vergangenen zwei Jahren habe ich über viele Veränderungen und neue Ideen geschrieben. Ein buntes Aufblühen lässt zwar noch auf sich warten, von einer großen Dürre kann aber keine Rede sein. Es gibt eine putzmunterer Digital-Finance-Szene, die die vor allem untereinander beschworene „Disruption“ sucht. Die Entscheidungsträger der Finanzbranche schauten zunächst desinteressiert bis skeptisch auf die neuen Entwicklungen, orientieren sich aber in jüngster Zeit neu. Die Beletage der Finanzwelt spürt, dass digital nicht nur etwas mit manchmal vernachlässigten Kundenbedürfnissen zu tun hat, sondern auch für immer mehr Mitarbeiter zu einem attraktiven Arbeitsplatz gehört. Dennoch, in der Priorität vieler Institute rangiert das Überwinden der digitalen Kluft weiter hinter Regulierung, Bilanzreparatur und Kostenoptimierung. Dass genau dabei viele neue Entwicklungen helfen können, scheint sich langsam in Banken herumzusprechen.

Seit Jahren wiederholen sich die Prophezeiungen, die dem Banking wie wir es kennen den Untergang prophezeien. Selbst wenn man es mit rockiger Musik unterlegt, werden solche Ankündigungen nicht besser. Inflationär wird dabei das Attribut „disruptiv“ verwendet. Das „Disruptive“ oder „Revolutionäre“ kam aber noch nie per Ansage. Ich lese seit 20 Jahren über „Revolutionen im Finanzsektor“. Trotz der angeblich das Vertrauen so erschütternden Finanzkrise wird aber im Finanzsektor vor allem mit traditionelle Geschäft wieder viel Geld verdient.”

Die Reuters Autoren haben auch bei einigen Netzgiganten nachgefragt, allerdings:

“Google, Apple und Facebook wollen sich zu ihren Plänen in der Finanzbranche nicht äußern. Allerdings verdichten sich die Anzeichen, dass die amerikanischen Giganten bald zum Angriff blasen. Apple hat das neueste iPhone laut Konzernchef Tim Cook auch deshalb mit einem Fingerprint-Sensor ausgestattet, weil das Unternehmen Interesse am Bezahlen über das Handy hat. Erste Erfahrungen mit Geldüberweisungen hat der Konzern bereits auf seiner Musikplattform iTunes gesammelt.”

Erfrischend ist zu lesen, dass sich meine Beobachtungen aus vielen Gesprächen der letzten Monate bestätigen, nämlich dass das Interesse der traditionellen Finanzhäuser an neuen Lösungen gewachsen ist.

Gerald Fix Juni 23, 2014 um 15:30 Uhr

Er setzt darauf, dass die meisten Deutschen beim Bezahlen im Internet lieber einen Service ihrer Bank nutzen als das Angebot eines Internetkonzerns aus Kalifornien.
Das mag für diejenigen zutreffen, die von ihrer Bank mehr oder weniger sanft dahin gedrängt werden. (Z. B. über Gebührenänderungen oder durch den Wegfall vertrauter Angebote.) Für den Rest der Bevölkerung kann ich mir das nicht vorstellen – Google, Ebay und Co. dürften keinen schlechteren Ruf haben als Deutsche oder Commerz-Bank.

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