Zalando Börsendebüt: Erstzeichner schreien nicht vor Glück … ( + Update Rocket-Start)

by Dirk Elsner on 2. Oktober 2014

… und können es auch nicht zurück schicken.

Update zum Start von Rocket Internet und zum zweiten Börsentag Zalando am Ende des Textes.

Eigentlich habe ich das Thema Zalando-Börsengang am vergangenen Freitag hier bereits ausführlich behandelt. Gestern nun startete die Aktie des Modehändlers (Impressionen dazu hier von Olaf Kolbrück und hier von GründerSzene). Der Ausgabepreis betrug von 21,50 Euro. Bemerkenswert war gestern, welche Schlagzeilen der erste festgestellte Kurs von 24,10 Euro auslöste (siehe Screenshots unten).

Der erste Börsenpreis bestimmt also offenbar die Schlagzeilen. Die Erstzeichner, die zu diesem Kurs bereits verkauft hatten, dürften bestimmt geschrieben haben vor Glück. Über 12% Verzinsung an einem Tag, das kann sich in diesen Zeiten schon sehen lassen. Diejenigen, die nicht so fix waren, könnte die Freude vergangen sein, denn der Handelsverlauf in den ersten Stunden des gestrigen Tages zeigte, dass die Aktie eher mit dem Emissionspreis von 21,50 Euro kämpft.

Für mich sah das vor allem so aus, dass die Handelsabteilungen der Konsortialbanken sich bis an die Grenzen ihres vom Risikomanagement zugelassenen Limits bemühten, die Aktie auf keinen Fall unter 21,50 Euro fallen zu lassen.

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So lauteten die ersten Kommentare zum Start:

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Soweit ich die Quellen gelesen habe, bezog sich zunächst nur das Wall Street Journal, für das ich eine regelmäßige Kolumne schreibe, auf die enttäuschten Erwartungen der sogenannten Graumarkt-Käufer aus dem Pre-IPO-Handel. Erst später zogen andere nach.

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Aus meiner Sicht war der Handelsstart im Vergleich zu den Erwartungen und vor allem zu den in den letzten Tagen gehandelten vorbörslichen Preisen eher mäßig. Ich hatte mir vorgestern Abend noch schnell den letzten vorbörslichen Chart gesichert. Und hier haben wir Preise in den Tagen vor dem Börsendebüt bis über 34 Euro gesehen (siehe folgende Abbildung Quelle: Ariva.de). Anleger, die zu den hohen Preise gekauft haben, dürften jetzt eher schreien vor Schmerz.

 

Steffen Goenheimer schrieb gestern Mittag für das Wall Street Journal:

“Der Gang auf das Parkett ist geglückt – mehr allerdings nicht, heißt es am Markt. Die Kursentwicklung von Zalando in der ersten Handelsstunde wird als „enttäuschend“ bezeichnet. „Es ist zu erkennen, dass niemand dagegen hält“, so ein Teilnehmer. Analyst Stefan de Schutter von Alpha Wertpapierhandel spricht gar von einem „verpatzten Start“. Nachdem die Emission 10-fach überzeichnet gewesen sei, habe man mehr erwartet können. Momentan sehe es danach aus, dass der Kurs etwas gestützt werde. Verheerend wäre es, wenn der Kurs am ersten Tag unter den Emissionspreis fallen würde, so der Experte. ”

Ich bin mal gespannt, was später einmal vom ersten Börsentag hängen bleibt.

Das Handelsblatt ergänzte übrigens nach den ersten Handelsminuten.

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Das halte ich für deutlich angemessener als die oben stehenden Jubelschlagzeilen.

Ansonsten denke, sollte man den Börsengang von Zalando nicht madig reden. Die Einführung eines Unternehmens an der Börse ist bei den Ansprüchen, die von allen Seite auf eine Gesellschaft einströmen, keine einfache Angelegenheit. Ich habe viel Respekt davor, denn die Anforderungen an das Managementteam und die Stabsabteilungen sind enorm, wenn man die regulatorischen und börsentechnischen Voraussetzungen erfüllen will. Zu Häme besteht also kein Anlass, zu überzogener Jubel-PR freilich auch nicht.

Heute könnte sich das gleich Spiel noch einmal mit Rocket Internet wiederholen. Die Aktie hat aber bereits im vorbörslichen Handel viel Federn lassen müssen. Um über 24% brach der Pre-IPO-Preis gestern ein und stand zuletzt nur knapp über der oberen Preisspanne von 42,50 Euro. Mich würde es nicht wundern, wenn hier auch jemand künstlich versucht, den Preis über dieser Grenze zu halten.

Die Echtzeitspreads und -preise von Lang und Schwarz können hier über Ariva aufgerufen werden:

Nachtrag von 10.30 zum Start von Rocket Internet

Beim Start der der Rocket Aktie werden wir wohl heute noch einige Wortspiele sehen. Jedenfalls verlief der Start sehr ruckelig.  Die Aktie schmierte wie eine Versuchsrakete zunächst regelrecht ab auf unter 37 Euro. Das sieht so aus, als wären die Emissionsbanken vom Kursdruck überrascht gewesen. Vielleicht wird später einmal bekannt, wer hier eigentlich Stücke auf den Markt geworfen hat. Kaum vorstellbar, dass dies Erstzeichner waren. Wenn hier schon Short-Seller am Markt aktiv sind, dann dürfte die spannende Frage sein, wo die ihr Material herbekommen haben, also von wem sie sich Aktien geliehen haben. Im weiteren Verlauf gelang es zunächst, den Kurs zu stabilisieren. Ich gehen davon aus, dass es hinter den Kulissen zwischen Rocket und den begleitenden Banken diverse Telefonate gab, um den Kurs zu stützen.

Zalando ist derweil deutlich unter den Emissionspreis von 21.50 Euro gefallen. Nicht auszuschließen, dass in beiden Fällen die Konsortialbanken an ihre Risikolimite gekommen sind.

Die vorläufige Bilanz der beiden Börsengänge zieht Egghat:

Ansonsten bleibe ich bei meiner „Prognose“ vom Montag:

„Irgendwann wird sich herausstellen, ob die Erwartungen gerechtfertigt waren oder hier eine Blase geplatzt ist. Je nach Entwicklung werden entweder die Jünger oder die Skeptiker von Rocket Internet mit Häme überschüttet. Je nach Ausgang werden sich anschließend wieder „Experten“ damit brüsten, dass die Entwicklung doch klar gewesen sei. Das ist die einzige Vorhersage, die ich zu der künftigen Entwicklung machen kann.

Von Gründer Szene gibt es auch heute einen Live-Ticker zum Rocket Börsenstart.

Nachtrag zu beiden IPOs

Erstaunlich, wie schnell sich die Stimmung der Börsianer dreht. Das WSJ schreibt:

„Beide Börsengänge haben Signalwirkung für die gesamte deutsche Tech-Branche. Sie galten auch als Test, ob Anleger nach dem Absturz des Neuen Marktes um die Jahrtausendwende wieder bereit sind, ihr Geld in Internet-Unternehmen zu investieren. Mit der Enttäuschung beider Börsenstarts könnten nun auch weitere Börsenaspiranten unter deutschen Tech-Unternehmen – darunter der Hamburger Browserspiele-Anbieter Goodgames, der Online-Brillenverkäufer Mr. Spex aus Berlin und der Münchener Online-Möbelhändler Westwing, an dem auch Rocket Internet beteiligt ist, ihre Pläne zurückstellen

Die Stimmung von Peters ist mau, was weitere Börsengänge im vierten Quartal betrifft. „Die Hoffnung, dass diese beiden spektakulären Börsengänge dem Finanzplatz Frankfurt einen neuen IPO-Boom bescheren, dürfte nach diesem Debüt sicher getrübt sein.““

Diesen Abgesang halte ich für deutlich zu verfrüht. Manchmal klingt das so, als drehten die die Leute an der Börse ihre Meinung permanent mit der Richtung der Kurse.

Nachtrag 20:30

Der erste Börsentag von Rocket Internet und der zweite Tag von Zalando gingen ziemlich in die Hose. Stephan Dörner fasst das in „Rocket-Aktie: Es hat nicht „Pop“ gemacht“ so zusammen:

„Der erste Kurs der Start-up-Schmiede Rocket Internet war am Morgen genau zum Ausgabepreis der Aktie von 42,50 Euro festgestellt worden, anschließend aber war die Notierung massiv eingebrochen. Zwischenzeitlich gelang dann wieder eine Erholung, doch am Ende ging Rocket Internet nach einem Zickzack-Kurs mit rund 37 Euro aus dem ersten Handelstag – ein tiefrotes Minus von 13 Prozent.

Am Mittwoch schon hatte der Börsengang von Online-Modehändler Zalando viele enttäuscht – die Aktie verlor am zweiten Handelstag ebenfalls massiv und schloss auf dem Tagestief von 18,65 Euro – deutlich unter dem Ausgabepreis von 21,50 Euro.“

Was ich erstaunlich finde ist, dass die Emissionsbanken offenbar nicht intensiver versuchten, den Verfall aufzuhalten. Ich kann hier nur spekulieren, dass es hier entweder keine Vereinbarung gab oder nur eine sehr beschränkte Verpflichtung, deren Grenzen andere Marktteilnehmer schnell ausreizten. Ich bin gespannt, ob wir dazu in den nächsten Tagen mehr erfahren.

Weitere Kommentare

FAZ: Mies an der Börse

Gründerszene: Respekt, Rocket!

 


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