Am 1. Oktober sollen die Zalando-Aktien an der Börse gehandelt werden. Angeboten werden die Aktien in einer Preisspanne von 18,00 bis 22,50 Euro je Aktie. Die Aktie wird schon seit einiger Zeit im Pre-IPO-Handel per Erscheinen gehandelt. Dort werden derzeit die Spreads zwischen 27,20 und 28,10 Euro gestellt.
Auf Ariva kann man dazu bereits einen Chart über den Handelsverlauf der ersten Tage sehen. Natürlich sollte man diese Daten mit großer Vorsicht betrachten. Aber ganz offensichtlich kommen zu diesem Preis Transaktionen zustande. Das bedeutet, es gibt Käufer. Wer dahinter steckt, ist nicht klar. Das können Anleger oder aber “interessierte Kreise” sein, die Zeichnungsinteressenten einen hohen Preis signalisieren wollen. Im Pre-IPO-Handel könnten bereits relativ kleine Aufträge für Kursbewegung sorgen.
Schrei vor Glück oder schick´s zurück geht bei der Aktie nicht
Wie bei Alibaba frage ich mich, wie lässt sich ein solcher Preis für eine Aktie rechtfertigen. Ich bin bei Bewertungen richtig Old School. Damit meine ich, wenn ich heute eine Zahlung für eine Anlage/Investition leiste, dann will ich wissen, welche Zahlungen mir daraus in Zukunft zurückfließen können. Bei einer Aktie sind das Dividendenzahlungen und der Erlös für den Verkauf der Aktie. Wird keine Dividende gezahlt, dann hoffe ich einen Käufer zu finden, der mir in Zukunft mehr zahlt als ich für die Aktie gezahlt habe. Dieser Käufer wird seinerseits ebenfalls eine solche Erwartung bilden und entweder mit Dividenden rechnen und/oder einen noch höheren Verkaufspreis.
Nun gibt mindestens 1001 Methode den Wert eines Unternehmens zu ermitteln oder zu begründen. Egghat hat in seinem Blog ausgerechnet, dass ein Kunde bei Zalando mit etwa 400 Euro bewertet wird und bei Amazon mit 480 Euro. Demnach wäre die Zalando-Aktie noch günstig. Ich kann mit solchen Bewertungen nichts anfangen, weil solche Zahlen keine Indikatoren für Rückflüsse sind. Egal welches Bewertungsverfahren man anwendet, irgendwann muss ich als Investor mit einem Rückfluss der eingesetzten Mittel kalkulieren und sei es nur aus dem Verkauf der Aktie.
Ich hatte im Zusammenhang mit meiner Alibaba-Schätzung bereits geschrieben, dass in vielen Modellen für die Preisbestimmung von Wertpapieren künftige Gewinne oder Cash-Flows geschätzt und dann auf den aktuellen Marktwert abgezinst werden (Discounted Cash-Flow-Methode). Für Zalando gibt es zwar im Emissionsprospekt aktuelle Daten. Niemand kann aber einschätzen, wie solide diese sind. Es wurden auch keine Plandaten veröffentlicht, wobei ich ganz sicher bin, dass Zalando und die Großaktionäre über diese verfügen.
Ich kann nun aber umgekehrt mir überlegen, welche Gewinne das Unternehmen eigentlich in den nächsten Jahren machen müsste, um bei gegebener Risikoprämie eine Bewertung von 6 Mrd. Euro zu rechtfertigen. Bei dieser Betrachtung kommt man schnell auf sehr gewaltige Zahlen, denn je weiter die Gewinne in der Zukunft liegen, desto höher müssen sie angenommen werden, um die heute Bewertung zu rechtfertigen.
Ein Beispiel, um zu verdeutlichen, was ich meine: Mal angenommen, Zalando macht in fünf Jahren einen ausschüttungsfähigen (oder reinvestierbaren) Gewinn in Höhe von 500 Mio. und in 10 Jahren 2 Mrd. Euro Gewinn. Mit einer einfachen Barwertformel kann man dann jeweils ausrechnen, was diese Beträge heute wert sind. Dazu werden die Zahlungen mit einer Risikoprämie abgezinst. Wer dabei glaubt, dass Zalando-Aktien nur ein geringes Risiko aufweisen, der zinst mit 3% ab. Wer, wie ich glaubt, dass das Risiko groß ist, der wählt 12%, 15% oder mehr. Je nach gewähltem Zins berechnet sich ein anderer Barwert
in Jahre | 5 | 10 |
Cash-Flow. in Mio. € | 500,00 | 2.000,00 |
Risikoprämie | heutiger Wert = Barwert | |
3,00% | 431,30 | 1.488,19 |
4,00% | 410,96 | 1.351,13 |
5,00% | 391,76 | 1.227,83 |
6,00% | 373,63 | 1.116,79 |
7,00% | 356,49 | 1.016,70 |
8,00% | 340,29 | 926,39 |
9,00% | 324,97 | 844,82 |
10,00% | 310,46 | 771,09 |
11,00% | 296,73 | 704,37 |
12,00% | 283,71 | 643,95 |
13,00% | 271,38 | 589,18 |
14,00% | 259,68 | 539,49 |
15,00% | 248,59 | 494,37 |
Es ist jetzt keine (Achtung Wortspiel) keine Rocket-Science, sich einfach mal eine beispielhafte Reihe aufzubauen, um daraus die Summe der Barwerte zu ziehen. Folgende vereinfachte Tabelle zeigt, welcher Cash-Flow am Ende zu einem Wert von 5 Mrd. Euro führen kann. Dabei wird angenommen, dass der Cash-Flow entweder ausgeschüttet oder reinvestiert wird. Im Jahre 2024 wird außerdem unterstellt, dass die Aktie zum aktuellen Wert verkauft werden kann.
Jahr | Gewinn* | Barwert |
2015 | 55,00 | 47,83 |
2016 | 100,00 | 75,61 |
2017 | 150,00 | 98,63 |
2018 | 300,00 | 171,53 |
2019 | 750,00 | 372,88 |
2020 | 900,00 | 389,09 |
2021 | 1.000,00 | 375,94 |
2022 | 1.500,00 | 490,35 |
2023 | 2.000,00 | 568,52 |
2024 | 9.745,45 | 2.408,93 |
Summe | 4.999,31 |
Man kann beliebige andere Werte verwenden. Steigen die Cash-Flows am Anfang langsamer, müssen sie später schneller steigen, um einen Wert von 5 Mrd. zu rechtfertigen. Natürlich kann man auch eine geringere Risikoprämie wählen. Ich habe hier jetzt mit 15% gerechnet. Rechnet man mit 10%, dann kommt man für die gleiche Zahlungsreihe auf einen Wert von 7,2 Mrd. Euro.
Wie gesagt, das hier sind rein fiktive Zahlen. Bisher wies Zalando einen negativen Cash-flow aus. Das Beispiel zeigt aber, dass die Gewinnsteigerungserwartungen von Zalando schon phänomenal sein müssen und zwar allein um den Emissionspreis zu rechtfertigen. Wenn man Spaß mit der Aktie in Form von Kurssteigerungen haben möchte, dann müssten diese Erwartungen in den nächsten Monaten und Jahren sogar deutlich übertroffen werden. Diese Fantasie fehlt mir bei Zalando völlig. Ansonsten gilt hier das, was ich bereits zu Alibaba geschrieben habe: Die Aktie wird hochsensibel auf Wachstumsschwankungen reagieren und ist nichts für schwache Nerven. Dennoch werden die ersten Börsenpreise mit hoher Wahrscheinlichkeit über dem Emissionspreis liegen.
Abschließend empfehle ich Lesern den ausgezeichneten Beitrag von Michael Mr. Market Schulte, der am Beispiel Alibaba erklärt, warum er grundsätzlich die Finger von Neuemissionen lässt, selbst wenn man damit mal eine gute Gelegenheit verpasst: Alibaba und IPOs – Sinn oder Unsinn für Anleger?
PS
Bei Rocket Internet habe ich übrigens deutlich mehr Fantasie. Dazu mehr Anfang der nächsten Woche.
Weitere Blogs, die sich mit der Zalando-Aktie beschäftigen
Preis und Wert: Zalando Börsengang – Warum die Aktien zu teuer sind
egghat: Zalando IPO Zahlen sind raus. Bewertung bis zu 5,5 Milliarden Euro.
Financeblog: Schon wieder ein IPO – “Zalando” – zahlt es sich aus dabei zu sein?
Mich erinnert das an alte Zeiten. Anno 2000. Einfach mal lesen, was ich damals über Leute geschrieben habe, die viel zu viel Geld in die falschen Hoffnungen investiert hatten. Und dann mal vergleichen, wo Cisco (damals Extrembeispiel) heute steht. Mit dem damaligen KGV wären sie heute mit 2,2 (deutschen!) Billionen Dollar (= $2200 bn) bewertet.
http://wp.ujf.biz/?p=52472
Schon alleine die Gier der Spekulanten wird den Börsenkurs zumindest zu Beginn steigen lassen.
Dividente? Eey Mann, das ist so „altmodisch“ ;-(
Sie sind schlicht uninformiert. Zalando hat schon über 50 Mio. an Subventionen von Staat kassiert und wird hofiert wie eine „Systemrelevante Bank“.
Sprich, die Investoren wissen, das Geld kommt auf jeden Fall rein, völlig unabhöngig von der wirtschaftlichen Realität.
„unabhängig“ meine ich ^^
Aha, und die Subventionen führen dann zu so hohen Gewinnsteigerungen? Nein.
Wenn wir davon ausgehen dass Online auch eine Bereinigung der Shops stattfindet und Zalando Erfolg mit seiner Vertriebsplattform hat, sowie der Regel die großen werden immer größer unterstellen würde ich dem Unternehmen trotzdem nicht vertrauen. Grund dafür ist die Einstellung von Rocket welche sich sicherlich auch bei Zalando wiederfindet. Jede Möglichkeit gute Zahlen zu präsentieren wird genutzt. Keine gesunde Selbstkritik. Erfolg auf Teufel komm raus. Verkaufen bevor das Leck entdeckt wird. So mein subjektiver Eindruck.
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