Wenn Technik in Industrien versagt

by Gastbeitrag on 8. März 2016

Gastbeitrag von Markus Müller

Sie hat viele Vorteile, die schöne neue Welt, in der die Technik regiert. Mit der zunehmenden Technisierung der letzten Jahrzehnte hat sich das Alltagsbild deutlich gewandelt und viele Dinge des täglichen Lebens wurden enorm erleichtert. Ich denke da zunächst einmal an ganz banale Dinge wie die Waschmaschine, die aus nahezu keinem modernen Haushalt mehr wegzudenken ist.

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Industrie und Technik sind untrennbar miteinander verbunden

Dabei bleibt die technische Revolution natürlich nicht auf den Haushalt und das private Umfeld begrenzt. Im industriellen Bereich hat die Technik nicht nur die Arbeit erleichtert, sondern auch so mancher bahnbrechenden Neuerung auf die Beine geholfen. Immer wieder scheint sie fast zum Greifen nahe, die perfekte Symbiose aus Mensch und Maschine – und immer wieder zeigt sich, dass wir sie vielleicht niemals erreichen werden. Technik hat ihre Tücken und ist nicht immer ein Segen.

Unbegrenzte Möglichkeiten?

Der Mensch hat gelernt, sich in vielen Bereichen seines Lebens auf die Technik zu verlassen, ja, sich in gewisser Weise sogar davon abhängig zu machen. Das moderne Zeitalter wird immer digitaler und vor allem im Geschäftsleben hat sich vieles schon jetzt auf eine virtuelle Ebene verlagert. Auch in der Industrie überlassen wir heute den Maschinen viele Arbeitsschritte. Von Computern gesteuerte Fertigungsstraßen erledigen ein Vielfaches der Arbeit eines Menschen in einem Bruchteil der Zeit. Das schafft neue Kapazitäten und Möglichkeiten. Täglich sitzen Spezialisten an der Entwicklung neuer Technologien, mit deren Hilfe der Mensch noch mehr erreichen kann. Es ist ein ständiges Streben nach unbegrenzten Möglichkeiten. Stellt sich nur die Frage, ob diese Grenzenlosigkeit nicht früher oder später zwangsläufig mit einem Kontrollverlust einhergeht.

Wenn Maschinen Verantwortung tragen

Im Zeitalter der modernen Industrie und Technik wird ein nicht unbeträchtlicher Teil der Arbeitskraft von Maschinen beigesteuert. Die Großanlagen, die in der Industrie vielfach zum Einsatz kommen, sind wie riesige, intelligente und selbstständig arbeitende Roboter. Mit der Übertragung vieler Arbeitsschritte an die Maschine hat der Mensch aber auch einen Teil der Verantwortung abgegeben. Heute, so scheint es, tragen in vielen industriellen Betrieben die Maschinen einen nicht unerheblichen Teil der Verantwortung für die täglichen Abläufe. Ist der Computer, der eine Fertigungsstraße steuert, einmal programmiert, erledigt er seine Arbeit selbständig, von gelegentlichen Anpassungen und regelmäßigen Wartungsarbeiten einmal abgesehen. Sollte künstliche Intelligenz tatsächlich so viel Verantwortung tragen? Gibt der Mensch damit nicht auch ein bisschen zu viel Kontrolle ab?

Bleiben wir einmal für einen Moment bei der schon mehrfach erwähnten Fertigungsstraße in einem industriellen Betrieb. Was passiert denn beispielsweise, wenn ein Bauteil in einer Industrieanlage den Dienst versagt? Die Folgen können unter Umständen äußerst schwerwiegend sein. Wenn die Technologie versagt, kommt der Mensch in Schwierigkeiten. Diese können sich finanziell äußern und durchaus gravierende Ausmaße annehmen. Es kann aber auch zu Beeinträchtigungen von Leib und Leben kommen, wenn beispielsweise schadhafte Produkte in den Umlauf gebracht werden oder eine Fehlfunktion in einer Industrieanlage einen Arbeiter verletzt.

Eine technische Fehlfunktion bleibt nur selten ohne negative Folgen. Unterstützung gibt es meist von Fachfirmen, die sich nicht nur auf die Reparatur von Maschinen und Industrieanlagen spezialisiert haben, sondern auch beratenden Service rund um die juristischen Folgen anbieten. Unter DMG MORI Seiki können Unternehmen sich beispielsweise an einen Gutachter vermitteln lassen, der eine Bestandsaufnahme für die Versicherung oder juristische Anlaufstellen anfertigt. In vielen Fällen steht vor allem die Frage nach der Schuld im Vordergrund. Wer ist verantwortlich, wenn eine Maschine einen Fehler macht? Computer sind juristisch nicht zu belangen und auch eine industrielle Anlage wird wohl kaum zu Regressleistungen heranzuziehen sein. Der Mensch muss für das Versagen der Technik geradestehen. Sich auf einen dummen Zufall zu berufen, ist leider keine Option. Da hilft nur ein gutes Risikomanagement.

Das Zauberwort der Ingenieurshaftung

Die deutsche Rechtsprechung kennt in diesem Zusammenhang das Zauberwort, das Ingenieurshaftung heißt. Danach können Ingenieure für Schäden, die aus Konstruktionsfehlern entstehen, haftbar gemacht werden. Das Gesetz kennt eine vollständige aber auch eine anteilige Haftung, wenn das Risiko eines Konstruktionsfehlers beispielsweise auch dem Betreiber einer Anlage bekannt war, dieser aber keine entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat.

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Ingenieure unterliegen nach deutschem Recht einer besonderen Haftung

Ob ein Ingenieur für einen Konstruktionsfehler haftbar gemacht werden kann, hängt vom Einzelfall ab. Besonders ungemütlich kann es werden, wenn ein Konstruktionsfehler dazu geführt hat, dass Menschen zu Schaden gekommen sind. In diesem Fall bewegt sich der Vorfall nämlich im Bereich des Strafrechtes und kann besonders empfindliche Strafen mit sich bringen.

Ein Beispiel:

Am 3. Juni 1998 ereignete sich bei Eschede ein schwerer Zugunfall. Bei einem ICE war ein Radreifen gebrochen und brachte den Zug zum Entgleisen. Bei dem Unglück starben mehr als 100 Menschen. Die Ermittlungen zum Unfallhergang ergaben technisches Versagen als Ursache. In einem langwierigen Gerichtsverfahren wurde gegen drei Ingenieure ermittelt, die an der Konstruktion maßgeblich beteiligt gewesen waren. Das Verfahren wurde schließlich eingestellt, nachdem allen drei Ingenieuren eine Geldstrafe von 10.000 Euro auferlegt worden war. (Quelle: www.ingenieur.de)

Mit der Ingenieurshaftung geht für Ingenieure eine enorme Verantwortung einher, denn auch Jahre nach der Konstruktion können sie für Fehler und daraus entstehende Schäden noch haftbar gemacht werden. Geht es um Personenschäden, tritt das Strafrecht an die Stelle des zivilen Schadensersatzrechtes und die Einzelperson ist für den entstandenen Schaden haftbar. Für Unternehmen ist das eine gute Nachricht, denn sie können als juristische Person nur im Bereich des zivilen Schadensersatzrechtes verantwortlich gemacht werden. Darüber hinaus können sie in vielen Fällen die Haftung an ihre Mitarbeiter weitergeben, sofern einzelne Personen für den Konstruktionsfehler verantwortlich gemacht werden können.

Für Ingenieure bedeutet das: Bereits im Studium über den Tellerrand hinaus schauen und neben den für den eigenen Fachbereich erforderlichen Sachkenntnissen ruhig auch einmal in den juristischen Bereich hineinschnuppern. Bei der heutigen Rechtslage ist es nicht mehr ausreichend, sich mit den gültigen DIN-Normen auszukennen.

In diesen Bereichen sollten sich Ingenieure auskennen:

  • DIN-Normen
  • Technisches Sicherheitsrecht auf deutscher und europäischer Ebene
  • Produkthaftungsrecht
  • Strafrecht
  • Arbeitsschutzrecht
  • Richtlinien zur behördlichen Überwachung von Maschinen

(Quelle: www.faz.net)

Übrigens: Ingenieure können nach deutschem Recht nicht nur für Schäden verantwortlich gemacht werden, die eine ihrer Konstruktionen verursacht hat. Auch eine mangelnde Wirtschaftlichkeit von industriellen Maschinen kann dem Konstrukteur unter Umständen zur Last gelegt werden. So können sich Unternehmen beispielsweise einen Verdienstausfall erstatten lassen, der durch eine nicht wirtschaftlich arbeitende Maschine verursacht wurde.

Bildquellen:

Abbildung 1: pixabay.com © nafets (CCO 1.0)

Abbildung 2: pixabay.com © pashminu (CCO 1.0)

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