Retro: Erwartungen an Künstliche Intelligenz für das Jahr 2000

by Dirk Elsner on 6. April 2016

Vor zwei Wochen hatte ich hier im Blog eine kleine Reise zur “Künstlichen Intelligenz” unternommen. Ich erinnerte darin u.a. an die 90er Jahre des letzten Jahrhunderts, in denen es bereits einen großen KI-Hype gab.

Am Wochenende war ich beim Stöbern zu den Schlagworten Anwendungen der Künstlichen Intelligenz über Google Books auf das Buch “Künstliche Intelligenz, Expertensysteme: Anwendungsfelder, neue Dienste, soziale Folgen” gestoßen.

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In dem Buch wagten die Autoren einige Prognosen für das Jahr 2000. So ist darin z.B. zu lesen:

“Aufgrund der betrieblichen und gesellschaftlichen Strategie, alle anfallenden Probleme, wenn möglich technisch zu lösen, und der staatlichen Förderung, haben Expertensysteme im Jahr 2000 eine starke Verbreitung gefunden. Sie sind in der BRD in fast allen Bereichen der Industrie, den Dienstleistungsunternehmen und zum Teil auch in den öffentlichen Verwaltungen zu finden. Ihre Verbreitung ist allerdings noch immer um einiges geringer als in Marktstudien der 80er Jahre prognostiziert wurde.”

Sehr interessant ist auch, was die Fachleute im Jahr 1993 bei den Banken erwarteten für das Jahr 2000 (S.131):

“Bis zum Jahr 2000 arbeiten fast alle großen Finanzdienstleister mit Expertensystemen. Bei den Banken sind sie Teil des umfassenden Rationalisierungskonzeptes, das mit dem Schlagwort "Electronic Banking" belegt ist. Bei der Beratung der Kunden ist es Standard geworden, daß der Berater mit einem Expertensystem arbeitet. Seine Empfehlungen zur Geldanlage, Altervorsorge oder Finanzierung erhalten durch die schriftliche Expertise des Systems Gewicht und Autorität für den Kunden.

Mit diesen Beratungssystemen ist der Berater in der Lage, das gesamte Produktangebot einer Bank, das sich inzwischen weiter vergrößert hat, kompetent anzubieten. Der Kunde wird nicht mehr von Fachberater zu Fachberater gereicht und der Kundenberater muß nicht mehr darauf warten, daß ihm von den Fachabteilungen zugearbeitet wird. Auch bei der Vergabe von Krediten werden Kreditrisiko und Bonitätsprüfung direkt beim Beratungsgespräch durchgeführt. Bei der Bewertung der Risiken bei Großkrediten und Finanzierungsvorhaben werden entsprechende Expertensysteme herangezogen. Die Bank läßt sich Vorschläge zur Anlagenpolitik und Aktivitäten an der Börse machen.

Durch Fusion von Banken, Versicherungen und Bausparkassen in den letzten zehn Jahren haben sich die Organisationsformen dieser neuen Finanzdienstleister geändert. Sie haben zum Teil den Außendienst der Versicherungen übernommen. Der Kundenberater im Außendienst arbeitet mit tragbaren Beratungssystemen, die innerhalb kürzester Zeit für den Kunden gut ausgearbeitete Produktvorschläge ausdrucken können.

Inzwischen ist bekannt geworden, daß einige Unternehmen dazu übergegangen sind, z. B. die Meldung eines Versicherungsfalles durch ein Expertensystem bearbeiten zu lassen. Handelt es sich dabei um Routinefälle, wird der Vorgang direkt vom Expertensystem bearbeitet und die nötigen Vorgänge von ihm veranlaßt. Nur bei Sonderfällen oder in Fällen, in denen das Expertensystem wegen Unklarheiten zu keiner Lösung kommt, wird ein Sachbearbeiter tätig.

Für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater ist es im Jahr 2000 üblich, die betrieblichen Zahlen des Rechnungswesens, der Bilanz usw., die sich schon im Rechner befinden, durch ein Expertensystem analysieren und interpretieren zu lassen. Das Expertensystem erstellt eine längere schriftliche Expertise, die der menschliche Bearbeiter nur noch in bestimmten Punkten abzuändern oder zu ergänzen braucht.

Rechtsanwaltskanzleien lassen sich insbesondere bei Problemen unterstützen, bei denen in komplexen, umfangreichen, juristischen Fällen Vorschriften und Regelungen eine Rolle spielen. Auch Unternehmensberater bedienen sich zunehmend der neuen Technik, um wertvolles Erfahrungswissen, das in vielen Beratungsfällen durch Seniorberater erworben wurde, allen Beratern zur Verfügung zu stellen.”

Wie gesagt, das wurde für das Jahr 2000 erwartet. Mittlerweile befinden wir uns im Jahr 2016. Und heute fragt man sich immer noch, wann diese Entwicklungen serienreif sind.

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