Die besten aktiven Anleger bleiben passiv

by Karl-Heinz Thielmann on 15. November 2016

In den letzen Wochen dieses Jahres konnte man in der Finanzpresse wieder diverse Abgesänge auf das aktive Fondsmanagement lesen. Schlechte Performance-Zahlen für Publikumsfonds und hohe Mittelabflüsse für aktiv verwaltete Aktienfonds scheinen ein eindeutiges Signal zu geben: Aktives Fondsmanagement funktioniert nicht, die frustrierten Kunden laufen weg. Stattdessen rücken immer mehr kostengünstige Indexfonds und andere „passive“ Investmentprodukte in den Mittelpunkt des Investoreninteresses.

Doch ist aktives Fondsmanagement wirklich aussichtslos? Oder verbergen sich hinter der schlechten Performance grundsätzliche Probleme der Investmentbranche, die mit dem Unterschied zwischen „aktiv“ und „passiv“ nichts zu tun haben?

Der Begriff „aktives Fondsmanagement“ ist nicht eindeutig

Was genau ist eigentlich aktives Fondsmanagement? Der Begriff wird generell mit der Zielsetzung verbunden, durch bewusste Anlageentscheidungen eines Fondsmanagers „den Markt zu schlagen“. Was dies konkret bedeutet, ist aber nicht eindeutig; genau sowenig wie die genaue Abgrenzung vom vorgeblichen Gegenteil, dem passiven Management.

In der Literatur findet man zwei gängige Begriffsbestimmungen:

1) aktives Management = laufende Anpassung: Im Börsenlexikon der Deutschen Börse beispielsweise ist ein aktiv verwalteter Fonds definiert als „Investmentfonds, dessen Zusammensetzung von einem Fondsmanager beobachtet, überprüft und je nach Marktsituation angepasst wird.“

2) aktives Management = ausnutzen von Marktineffizienzen: In der Broschüre „Aktives Management“ von Allianz Global Investors heißt es hingegen: „Dem aktiven Management liegt die Zielsetzung zugrunde, durch Ausnutzung von Ineffizienzen an den Kapitalmärkten eine bessere Wertentwicklung als ein adäquater Vergleichsindex (Benchmark) zu erzielen.“

Beide Definitionen scheinen ähnlich, sind es aber nicht. Die erste impliziert, dass der Fondsmanager versucht, Finanzmarktentwicklungen vorherzusehen. Er macht Kursprognosen und investiert auf deren Basis. Nach der zweiten Definition wird bevorzugt in Wertpapiere investiert, die vom Finanzmarkt falsch gepreist sind; unabhängig davon, welche Kursentwicklung kurzfristig erwartet wird.

Dies sind durchaus verschiedene Dinge. Denn Finanzmärkte sind durch viele Faktoren getrieben, die Korrektur von Ineffizienzen ist nur einer davon. Zudem gibt es Phasen, in denen Ineffizienzen entstehen. Gerade in solchen Perioden bedingen beide Definitionen ein völlig unterschiedliches Anlage-Verhalten, was an den Beispielen Warren Buffett und Voya Fonds deutlich wird.

Sind Warren Buffett und der Voya-Fonds aktive oder passive Anleger?

Für Warren Buffett sind Aktien Anteile an produktiven Unternehmen. Daher ist für ihn entscheidend, dass diese Firmen operativ langfristig erfolgreich sind, unabhängig davon, wie dies am Aktienmarkt bewertet wird. An seinen Anteilen hält er fest, solange die Gründe für den Erfolg anhalten, am besten dauerhaft. Dies kommt auch in einem seiner berühmtesten Zitate zum Ausdruck: „My favorite holding period is forever.“ – „Am liebsten behalte ich meine Aktien ewig“.

Buffett investiert in Qualitätsaktien, die nicht überbewertet sind. Er ignoriert Marktbewegungen, es sei den, sie eröffnen ihm durch gravierendes Mis-Pricing von Aktien günstige Einstiegsmöglichkeiten. Die Wertentwicklung des Referenzindex ist für seine Anlageentscheidung völlig irrelevant. Nach der ersten Definition wäre Buffett überwiegend ein passiver Anleger, da er sein Portfolio nicht in Hinblick auf erwartete Marktentwicklungen anpasst. Nach der zweiten Definition ist Buffett ein aktiver Anleger, da er mittels analytischer Methoden herauszufinden versucht, welche Unternehmen a) besser als ihre Wettbewerber sind; sowie b) inwieweit dies im Marktpreis reflektiert ist.

Das Prinzip der „ewigen“ Haltedauer wurde bisher am konsequentesten verwirklicht durch den „Voya Corporate Leaders Trust Fund“. Er besteht seit 1935 und enthielt die nach Ansicht der damaligen Fondsmanager die 30 aussichtsreichsten Titel, in die gleichgewichtet investiert wurde. Seitdem blieb die Titelauswahl unverändert; nur im Falle von Übernahmen wurde in die Nachfolgegesellschaft investiert. Langfristig gescheiterte Firmen wie Pennsylvania Railroad Co. (Bankrott der Nachfolgegesellschaft 1970) wurden nicht ersetzt, sodass inzwischen 22 Titel verblieben sind. Zu den ursprünglichen Investments, die bis heute bestehen, gehören DuPont, General Electric, Procter & Gamble und Union Pacific. Berkshire Hathaway kam durch die Übernahme von Atchison Topeka und Santa Fe Railway ins Portfolio; Honeywell durch den Kauf von Allied Chemical and Dye.

Die langfristigen Performancezahlen zeigen, dass der Voya-Fonds bis heute über längerfristige Betrachtungszeiträume die Marktindizes teilweise recht deutlich abgehängt hat. Doch ist er passiv oder aktiv? Die Fondsgesellschaft vermarktet ihn als „passiv“, weil er an seiner ursprünglichen Struktur festhält. Andererseits beruht diese feste Struktur auf „aktiven“ Anlageentscheidungen für herausragende Firmen, auch wenn diese vor 81 Jahren getroffen wurden. Nach der Definition des Börsenlexikons wäre der Voya-Fonds klar als passiv anzusehen, nach der anderen eindeutig als aktiv.

Auch „passive“ Fonds können starke Anpassungs- und Umschichtungsaktivitäten entfalten

Aktien- und Rentenindexfonds werden oft mit passiven Produkten gleichgesetzt. Aber dies ist zu oberflächlich, da sich Indizes in ihrer Konstruktion oftmals grundlegend unterscheiden. Es gibt umfassende Indizes, die ein repräsentatives Abbild von Wertpapiermärkten abbilden sollen – wie z. B. der STOXX® Global 1800 für die globalen Aktienmärkte. Und es gibt Indizes, die bestimmte Teilsegmente repräsentieren – wie z. B. der DAX für das Bluechip Segment des deutschen Aktienmarktes.

Darüber hinaus gibt es „synthetische“ Indizes, die nach bestimmten Investmentkriterien gebildet werden. Hierbei werden sowohl quantitative wie auch qualitative Kriterien zur Konstruktion herangezogen – wie z. B. bei Minimumvarianz- oder Nachhaltigkeitsindizes. Sofern sie die Zielsetzung verfolgen, bessere Performanceeigenschaften als ein repräsentativer Index zu haben, werden die zugehörigen Fonds oftmals auch unter der Bezeichnung „Smart-Beta“ vermarktet.

Dem Ideal des passiven Investments kommen Fonds am nächsten, die sich kostengünstig umsetzen lassen und an einem möglichst repräsentativen Index orientieren. Jack Bogle startete vor genau 40 Jahren mit dem „Vanguard 500“ den ersten Publikumsindexfonds und begründete damit den Siegeszug des passiven Investments. Er machte mit dem S&P 500 einen relativ umfassenden sowie einfach – und damit kostengünstig – zu replizierenden Aktienindex zur Grundlage seines passiven Produktes. Anleger sollten so möglichst unbelastet von Kosten und Fondsmanagerfehlern Zugang zur Ertragskraft des US-Aktienmarktes erhalten.

Inzwischen hat seine ursprüngliche Idee aber viele Abwandlungen erfahren, welche die ursprünglichen Intentionen zunehmend infrage stellen. In Europa sind vor allem Indexfonds auf hochliquide Bluechip-Indizes wie den DAX oder EuroStoxx 50 sehr beliebt, die sich zwar für die Anbieter kostengünstig herstellen lassen, aber den Gesamtmarkt (incl. Small- und Mid Caps) nicht wirklich abbilden.

Während diese Fonds aber noch als relativ echte passive Produkte gelten können, ist dies bei Fonds auf der Basis von synthetischen Indizes weniger klar. Denn die ihnen zugrunde liegenden Auswahlkriterien basieren vielfach auf Strategien, deren Anlageergebnis den Markt übertreffen soll. Dies ist aber eigentlich das Ziel von aktivem Management. Synthetische Indizes werden auch teilweise sehr häufig umgeschichtet – an den Markt angepasst. Damit erfüllen sie Kriterien der am Anfang vorgestellten Definitionen für aktives Fondsmanagement. Allerdings sind für die Umschichtungen keine menschlichen Fondsmanager verantwortlich, sondern von Menschen festgelegte Regeln, die entweder ein Indexkomitee oder ein Computeralgorithmus umsetzt. Ob aber alleine das Outsourcing der Entscheidungsverantwortung einen Fonds „passiv“ macht, ist sehr zweifelhaft. Zumindest handelt es sich um Hybrid-Produkte zwischen beiden Kategorien, und sie sollten auch als solche angesehen werden. Hierfür sprechen auch die Gebühren für synthetische Indexfonds, die zumeist zwischen denen von traditionellen aktiven Fonds und „echten“-Indexfonds angesiedelt sind.

Sofern man „laufende Anpassung an den Markt“ als wichtiges Kriterium für aktives investieren ansieht, dann sind Indexfonds niemals hundertprozentig passive Investments. Dies gilt speziell bei Verwendung von synthetischen Indizes. Aber auch repräsentative Indizes sind keineswegs stabil. Denn Märkte wandeln sich: Erfolgreiche Firmen wachsen, erfolglose gehen unter. Zudem verändern laufend Neuemissionen, Übernahmen, Aktienrückkäufe und Kapitalerhöhungen die Gewichtung der einzelnen Aktien an den Märkten. Finanzmärkte sind einem permanenten Änderungsprozess unterworfen, und hieran werden auch die Indizes – so wie die ihnen folgenden Indexfonds – angepasst.

Gerade bei Bluechip-Indizes sind diese Veränderungen stark spürbar: So sind beispielsweise beim aktuellen DAX nur noch 16 Titel der ursprünglichen 30 Titel vom Juli 1988 enthalten. Von diesen ist allerdings Continental zweimal herausgefallen und wieder aufgenommen worden; E.ON von heute hat mit der Vorgängerfirma Veba nicht mehr viel zu tun. Insgesamt mehr als 30mal wurde der DAX in seiner Geschichte umgeschichtet – was seiner Performance gar nicht gut getan hat: Hätte man – analog zur Anlagestrategie des Voya-Fonds – an den Titeln des Ursprungs-DAX festgehalten und bei Übernahmen in die Nachfolgefirma umgeschichtet, wäre die annualisierte Performance nach Berechnungen der Wirtschaftswochezwischen 1988 und 2013 mit 10,7% p.a. um 2,5% jährlich besser gewesen als beim tatsächlichen DAX (+8,2% p.a.).

Indexänderungen schaden i.d.R. ungemein insbesondere der Performance von Bluechip-Indexfonds, denn bei ihren Regeln ist prozyklisches Anlegen quasi eingebaut. Neu aufgenommen werden – abgesehen von großen Neuemissionen wie Deutsche Telekom – immer Titel, die vorher sehr stark gestiegen sind. Hierbei ist unerheblich, ob der Anstieg fundamental begründet war, oder ob es sich um einen Börsen-Hype handelt. In letzterem Fall bricht dann irgendwann der Hype wieder zusammen, die Aktie muss zu einem tieferen Kurs als zur Aufnahme den Index wieder verlassen. Continental im DAX ist hingegen ein Beispiel dafür, dass zyklische Aktien nach einem starken Abschwung aus dem Index zu Tiefstkursen hinausfallen können, um nach der Erholung wieder aufgenommen zu werden.

Empirische Belege für das Scheitern aktiven Managements: eine Sache der Datenauswahl

Es gibt viele Untersuchungen, die das angebliche Scheitern von aktivem Fondsmanagement empirisch belegen. Sie vergleichen i.d.R. die Performance von Publikums-Aktienfonds mit derjenigen von repräsentativen Marktindizes. Je nach Betrachtungszeitraum und Markt kommt dabei zumeist heraus, dass zwischen 66% und 97% der aktiv verwalteten Fonds nicht in der Lage sind, den Markt zu schlagen. Doch diese Zahlen kommen auf fragwürdige Weise zustande:

  • Die schlechten Performance-Zahlen für aktive Manager basieren i.d.R. auf stark mit Kosten belasteten Publikumsfonds. Relativ kostengünstig verwaltete institutionelle Fonds hingegen gehen nicht in die Performancevergleiche nicht mit ein. Insofern sind sie von vornherein extrem unfair: Indizes ohne Kosten werden gegen das mit Abstand kostenintensivste Teilsegment des Fondsmarktes gemessen, um daraus angeblich allgemeingültige Aussagen abzuleiten.
  • Die selektive Vorauswahl der Daten für die Untersuchungen über die angebliche Unterlegenheit aktiven Managements dürfte damit zutun haben, dass sie zumeist von Wissenschaftlern erstellt und verbreitet werden, die entweder Anhänger der Effizienzmarktthese (die eine Unmöglichkeit aktiver Outperformance impliziert) sind; oder Anbieter von Aktienindizes wie z. B. Standard & Poor’s (die an Lizenzgebühren von Indexfonds verdienen). Insofern werden sie sie keineswegs von neutralen Institutionen vorgenommen, sondern von parteiischen Gutachtern, die Belege für Behauptungen so zurechtbiegen, damit sie ihren Interessen am besten nützen.
  • Bei dem Sammelbegriff „aktive Fonds“ wird nicht nach der Methodik differenziert. Es wird nicht unterschieden, ob die Manager einer stringenten Value- oder Growth-Methode folgen, eine sonstige Systematik verwenden, wild herumzocken, ihre Aktien mit Astrologie aussuchen oder einfach ein Affe Pfeile auf eine mit Aktiennamen gespickte Dartscheibe wirft.
  • Weiterhin werden sogenannte „Index-Schmuser“ (Closet Indexer) als aktive Fonds gezählt. Hierbei handelt es sich um Fondsmanager, deren Anlagestruktur einen Marktindex sehr nahe kommt, die aber genauso hohe Gebühren wie richtige aktive Manager verlangen. Effektiv handelt es sich um überteuerte Indexfonds, die in der Performancestatistik dann aber als aktiv gelten – und zum schlechten Ruf beitragen.

Sind Finanzmärkte so effizient, dass aktives Fondsmanagement zwangsläufig scheitern muss?

Bei Finanzmarkteffizienz spiegelt der Kurs eines Wertpapiers alle aktuell vorhandenen Informationen wieder. Als Hinderungsgründe für Markteffizienz gelten in der Ökonomie hohe Transaktionskosten, intransparente Informationen oder Wettbewerbspositionen, die den Missbrauch von Marktmacht erlauben. Diese Einschränkungen sind an Finanzmärkten i.d.R. nicht gegeben (oder wenn, dann nur sehr kurzfristig). Bei vielen Ökonomen hat sich deshalb vor Jahrzehnten die Überzeugung herausgebildet, dass Finanzmärkte effizient sein müssen. Deswegen glauben sie, dass aktives Fondsmanagement, welches auf das Ausnutzen von Marktineffizienzen ausgelegt ist, zwangsläufig scheitern muss.

Doch die tagtägliche Erfahrung an den Finanzmärkten, an denen es oft zu kurzfristigen Spekulationsexzessen und gelegentlich auch zu großen, lang anhaltenden Blasen kommt, widerspricht offensichtlich dem Vorhandensein von Markteffizienz. Denn nur weil Finanzmärkte sich schnell an Informationsänderungen anpassen, heißt dies noch lange nicht, dass sie dies auch sich richtig machen. Auf neue Nachrichten wird zumeist „überreagiert“; Kursänderungen überzeichnen ihre negativen oder positiven Konsequenzen oftmals grotesk.

Diese Überreaktionen lassen sich eigentlich nur damit erklären, dass Anleger nicht – wie von den Effizienzmarkttheoretikern angenommen – ein optimales Modell zur Zukunfts-Prognose besitzen, sondern sich kurzfristig vor allem durch das Sentiment treiben lassen. Insofern führt in der Praxis gerade die schnelle Anpassung der Märkte zu ineffizienten Preisen – und eröffnet damit sogar Investmentchancen für Anleger, die diese erkennen können.

Man kann den Markt schlagen, es ist aber alles andere als einfach

In der Tat gibt es viele institutionelle Anlageverwalter und sogar einige Publikumsfondsmanager, die es geschafft haben, über eine längere Periode deutlich bessere Anlageergebnisse als ein repräsentativer Marktindex bzw. eine Peer Group von Konkurrenten zu erzielen. Zu den bekannteren zählen:

  • John Maynard Keynes (Cambridge Endowment): +5,6% p.a. vs. UK Markt (1922-1946)
  • Peter Lynch (Magellan Fund): +13,7% p.a. vs. S&P 500 (1977-1990)
  • Warren Buffett (Berkshire Hathaway): +11,3% p.a. vs. S&P 500 TR (1965-2014)
  • Benjamin Graham (Graham-Newman Corp.): ca. +8% p.a. vs. US Markt (1936-1956)
  • John Neff (Vanguard Windsor Fund): +3,1% p.a. vs. S&P 500 (1961 to 1995)
  • Neil Woodford (Invesco Perpetual): + 3.8 % p.a. vs. Peer Group (1988-2013)

Diese aktiven Investoren haben Gemeinsamkeiten, die sie von weniger erfolgreichen Anlagemanagern unterscheiden. Diese Erfolgsfaktoren sind:

1)   Systematik: Sie folgten bei der Aktienauswahl relativ konsequent entweder einer Value- oder Growth-Systematik (bzw. wie Buffett einer Kombination aus beidem).

2)   Man muss nicht immer besser als der Markt sein, aber meistens: Die Performance ihrer Anlagen wich mittelfristig oft stark von der Indexperformance ab. Nur in ca. 2/3 der Jahre konnten diese Manager den Markt deutlich abhängen, in ca. 1/3 der Jahre waren sie sogar deutlich schlechter.

3)   Konsequenz: Relativ zum Index gab es für alle Manager oftmals auch längere Perioden, in denen sie deutlich schlechter lagen als der Index. Value-Investor John Neff produzierte mit seinem Windsor Fund beispielsweise zwischen 1972 und 1974 eine jährliche Underperformance von durchschnittlich 8% zum S&P 500. Neff – wie auch alle anderen erwähnten Manager – ließ sich aber durch eine zwischenzeitlich bessere Marktperformance nicht aus dem Konzept bringen und hielt konsequent an eigenen Stil fest. Dies führte dann dazu, dass in gegenläufigen Marktphasen zwischenzeitlich schlechte Ergebnisse leicht wieder aufgeholt werden konnten.

4)   Glauben an die eigenen Überzeugungen und psychologische Stärke: Wenn Fondsmanager sich anders positionieren als der Markt, und nicht so schnell recht bekommen, kann der externe Druck auf sie sehr groß werden. Schon 1936 schrieb John Maynard Keynes in seiner General Theory: Es ist der langfristig orientierte Anleger, … der in der Praxis am meisten kritisiert wird … Sein Verhalten erscheint der öffentlichen Meinung exzentrisch, unkonventionell und unvorsichtig.Eine große Rolle für den Erfolg langfristig erfolgreicher Anleger spielt daher, dass sie sich durch Kritik in der Öffentlichkeit und zwischenzeitliche Performance-Misserfolge nicht irritieren lassen.

5)   Wenige Umschichtungen: „Hin und her macht Taschen leer“ lautet eine alte Börsenweisheit, die durch die erfolgreichen Investoren eindrucksvoll bestätigt wird. Soweit bekannt, lagen die Umschichtungsfaktoren zumeist deutlich unter 30% jährlich, während sie bei heutigen Publikumsfonds normalerweise deutlich über 100% sind (z. B. laut Morningstar bei durchschnittlich 130% für US-Aktienfonds). Praktisch alle haben oder hatten sogenannte „Kerninvestments“ – hohe Gewichtungen an Aktien von Unternehmen, die sie besonders gut kennen, deren Management sie vertrauen und die nicht mehr umgeschichtet werden. Hinzu kamen zumeist im unterschiedlichen Umfang Titel von Firmen, die mehrere Jahre gehalten und nach erreichen der jeweiligen – fundamentalanalytisch ermittelten – Performanceziele auch wieder verkauft wurden.

Die Unterscheidung von Spekulation und Investment ist relevanter als zwischen Aktiv und Passiv

Der bereits erwähnte Jack Bogle hat 2012 im Alter von 82 Jahren das Buch The Clash of the Cultures: Investment vs. Speculation veröffentlicht, in dem er eine kritische Bilanz seines Berufslebens in der Investmentbranche zieht.Für ihn verläuft die entscheidende Grenzlinie bei den Methoden nicht zwischen aktiv und passiv, sondern zwischen spekulativ und investiv. Das Kernproblem vieler schlechter aktiver (und zunehmend auch passiver) Fonds ist für ihn, dass sie unter dem Deckmantel „Investment“ eigentlich Spekulation betreiben. Statt Erträge für Anleger durch produktive Investments zu erzielen, wird erwarteten Kursänderungen hinterhergejagt. Diese sind jedoch nicht auf konsistente Weise zu prognostizieren; insofern wird auf die Dauer Vermögen vernichtet. Bogle sieht die Gefahr, dass sich die „Spekulationskultur“ zunehmend durchsetzt – zum Schaden der Investoren.

Bogle hat recht: Die meisten heutzutage als „aktiv gemanagt“ beworbenen Investmentfonds sind im Grunde Spekulationsfonds, die durch die Vorhersage von Markttrends Out-Performance generieren sollen. Sie agieren dabei allerdings zumeist sehr viel langsamer als echte Spekulanten. Somit ist ihr Misserfolg eigentlich vorprogrammiert, sie machen weder Spekulation noch Investment richtig. Wenn sie verdrängt werden, ist es nicht schade. Ihr Scheitern spricht nicht gegen aktives Fondsmanagement, demonstriert aber, wie unsinnig der Begriff ist.

Für langfristige Anleger kommt es letztlich darauf an, dass Fonds die Wertgenerierung durch Unternehmen reflektieren. Dies geht mit repräsentativen Indexfonds. Aktive Vermögensverwalter sind nur dann besser, wenn sie systematisch und konsequent in niedrig bewertete bzw. herausragende Firmen investieren. Ihr Erfolg ist insbesondere dann herausragend, wenn sie zu wenig Aktivität neigen und „passiv“ Markttrends ignorieren.

Dieser Text erschien in leicht abgewandelter Form ebenfalls in „Mit ruhiger Hand“ Nummer 50 vom 7. November 2016

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