Spannung vs. Langeweile bei der Aktienanlage

by Karl-Heinz Thielmann on 19. Juli 2017

Warum kaufen Investoren eigentlich Aktien? Zuallererst natürlich, weil sie sich einen finanziellen Gewinn versprechen. Bei den meisten Anlegern spielen aber ebenfalls noch andere Faktoren eine entscheidende Rolle: Die Suche nach dem aussichtsreichsten Investment bietet ihnen eine intellektuelle Herausforderung und verspricht Selbstbestätigung. Zudem kann die Aussicht schneller und hoher Gewinne zu einem dem Glücksspiel ähnlichen Nervenkitzel führen.

Aktien haben neben ihrem finanziellen Nutzen also noch einen Unterhaltungswert, selbst wenn sich dies viele Anleger nicht eingestehen wollen. Dies gilt nicht nur für Privatleute, auch viele professionelle Investoren orientieren sich gerne bevorzugt an spannenden und herausfordernden Börsenthemen. Allerdings ist die (bewusste oder unbewusste) Orientierung daran, wie viel Spaß ein Aktieninvestment bereitet, eine der Hauptquellen für Anlegerfehler. George Soros hat deshalb hierzu Folgendes bemerkt: „Wenn Investieren unterhaltsam ist, wenn man Spaß hat, dann verdient man sehr wahrscheinlich kein Geld. Gutes Investieren ist langweilig.“

Aktien kann man grob in drei Kategorien aufteilen, die sich in Hinblick auf ihren „Spaßfaktor“ wie auch ihre Renditepotenziale deutlich unterscheiden:

  1. Zyklische Aktien, deren Ertragsverlauf stark vom Konjunkturzyklus beeinflusst wird.
  2. Ertragsstabile Titel, deren Gewinnentwicklung relativ unabhängig vom Wirtschaftsverlauf ist.
  3. Technologieaktien, deren Gewinne weder stabil noch vom Konjunkturzyklus abhängig sind, sondern von der Verbreitung technischer Innovationen.

Orientierungsmarke für Investoren sind Schätzungen über zukünftige Gewinne. Diese lassen sich aber nur bei ertragsstabilen Titeln einigermaßen genau prognostizieren. Aufgrund der starken Abhängigkeit von makroökonomischen Entwicklungen sind Ertrags-Prognosen für zyklische Aktien hingegen zumeist stark fehlerhaft; diese Titel sind entsprechend schwer zu bewerten. Mit noch höherer Unsicherheit sind die erwarteten Gewinne von Technologieaktien belastet, da sich die Bedeutung und Verbreitung von Innovationen i.d.R. nicht einmal ansatzweise vorhersagen lassen.

Bei schwer prognostizierbaren Aktien orientieren sich Anleger und Analysten deshalb an einer Zukunftsvision, die durch die Equity Story vermittelt wird. Hieraus leiten sie ihre Prognosen und die Bewertung ab. Ein spannender Narrativ der Equity Story ist ebenfalls entscheidend für den Spaßfaktor – und damit auch für viele Investment-Fehlentscheidungen verantwortlich.

Zyklische Aktien: schnelles Geld, wenn man sich schnell wieder verabschiedet

Bei zyklischen Titeln ist der Narrativ grundsätzlich zumeist recht simpel und oft relativ kurzfristig ausgelegt: Konjunkturaufschwünge oder interessante Produkteinführungen sollen Umsätze und Gewinne in kommenden Quartalen beflügeln, was zu steigenden Aktienkursen führen wird. Da die Sensitivität der Gewinne zu Umsatzsteigerungen aufgrund hoher Kapitalintensität zumeist sehr hoch ist, können selbst geringe Konjunkturschwankungen bzw. überdurchschnittliche Absatzerfolge extreme Auswirkungen auf die Ertragslage haben. Die Spannung für den Anleger ergibt sich hier weniger aus der Originalität des Investment-Narrativs, sondern aus der Unsicherheit bzgl. ökonomischer Entwicklungen. Insofern hat die Anlage in zyklischen Titeln immer ein hochspekulatives Element, die Spannung ergibt sich ähnlich wie beim Glücksspiel aus dem Nervenkitzel.

Die Investmentstories bei zyklischen Aktien halten immer nur für eine gewisse Zeit, auf Phasen starker Performance folgt i.d.R. bald eine Periode sehr schwacher Wertentwicklung. Per saldo wird langfristig für die Aktionäre oft mehr Wert vernichtet als geschaffen. Wie lange die Phasen der guten Performance anhalten können, hängt sehr stark von der Dauer der Industriezyklen ab. Dies sieht man relativ deutlich im Vergleich der relativen Wertentwicklungen des Rohstoff- und des Automobilsektors. Während Automobiltitel in einem 1-3Jährigen Zyklus schwanken (untere Grafik links), können Auf- und Abschwungphasen bei Rohstoffen mehr als ein Jahrzehnt dauern (untere Grafik rechts).

Beim letzten Aufschwung der Rohstoffaktien wurde die irreführende Wirkung eines Narratives besonders deutlich. Mit steigenden Rohstoffpreisen ab 1998 entwickelte sich die Vorstellung des „Rohstoff-Superzyklus“: ein Megatrend mit immer weiter steigenden Rohstoffpreisen. Einerseits entwickelte sich die Erwartung, dass in den Schwellenländern Asiens, Afrikas und Südamerikas das Wachstum der Bevölkerung und des Wohlstandes die Nachfrage nach Rohstoffen dauerhaft steigert. Andererseits sollte aufgrund einer angenommenen Limitierung vorhandener Ressourcen die Verknappung Dauerzustand werden, was die Rohstoffpreise langfristig nach oben getrieben hätte.

Beide Erwartungen erwiesen sich als falsch: Der Nachfrageboom ebbte ab, die Minengesellschaften bauten ihre Kapazitäten aus und erhöhten die Produktion. Aktuell haben wir ein Überangebot: Der Zyklus kann nur wieder drehen, wenn Stilllegungen die Produktionskapazitäten vermindern.

Technologie: fast immer spannend, aber nur manchmal sehr lohnend

Technologietitel stehen im Mittelpunkt des disruptiven Wandels der Wirtschaft. Für ihre Anlagebewertung steht zumeist im Vordergrund, inwieweit sie bei einer grundlegenden strukturellen Veränderung eine führende Rolle spielen. Wenn sie längerfristige Wettbewerbsvorteile durch die Entwicklung bzw. Anwendung neuer Technologien etablieren können, besitzen sie langfristig ein enormes Gewinnpotenzial.

Nicht nur mögliche Gewinne machen die Investment-Narrative von Technologieaktien besonders spannend, sondern ebenfalls, dass mit ihnen immer eine Vision einer zukünftigen Welt verbunden ist. Zudem entwickeln sich mit dem technischen Fortschritt auch die Narrative weiter. Die Equity Story eines Technologieunternehmens ist eine Fortsetzungsgeschichte: Innovationen erzwingen laufend dynamische Anpassungen an das veränderte wirtschaftliche Umfeld.

Der Wettbewerb im Technologiebereich ist allerdings brutal, die meisten Firmen scheitern langfristig und ihre Equity Storys erweisen sich oft als Fantasiegeschichten. Die sorgfältige Auswahl der Investments ist noch wichtiger als bei anderen Sektoren.

Ertragsstabile Titel: so zuverlässig wie langweilig

Bei ertragsstabilen Titeln hingegen spielen Innovationen oder die allgemeine Wirtschaftsentwicklung für die Gewinne eine eher untergeordnete Rolle bzw. sind nur in seltenen Ausnahmefällen relevant. Mit traditionellen Bewertungsmethoden wie Discounted Cashflow oder KGV kann man deshalb einen fairen Wert einigermaßen genau bestimmen.

Die gute Prognostizierbarkeit macht die ertragsstabilen Titel aber auch äußerst langweilig. Sie haben zumeist eine relativ ähnliche Equity Story: Diese Firmen haben für sich eine oder mehrere Marktnischen gefunden, die sie dominieren. Aus dieser Dominanz ergibt sich eine hohe Profitabilität, die wiederum zu kontinuierlich steigenden Dividenden und Wertsteigerungen der Aktien führt. Oft (leider nicht immer) sind ertragsstabile Firmen mit einem Management ausgestattet, das nicht durch Betrugsskandale oder Gehaltsexzesse auffällt, sondern ruhig und zuverlässig seine Arbeit macht. Sofern sich eine Firma nicht durch Akquisitionen strukturell grundlegend ändert, bleibt der Newsflow dieser Unternehmen relativ ähnlich, und damit gut vorhersagbar.

Investments in langweilige Aktien sind grundsätzlich eine smarte Anlageidee. Dies belegen u.A. die Untersuchungen von James O’Shaughnessy, der in der Buchreihe „What Works on Wall Street“ Erfolgsfaktoren beim Investment empirisch getestet hat. Hierbei kam er zwar grundsätzlich zu dem Ergebnis, dass es keine quantitativen Kriterien gibt, die in jeder Börsenphase gleichermaßen gut dem Anleger zu überdurchschnittlicher Performance verhelfen. Über den Börsenzyklus hinweg betrachtet gab es allerdings einige wenige Strategien, die langfristig konsistent erfolgreich waren. Eine davon ist die Anlage in einem Portfolio aus sehr langweiligen Aktien:

“Unsere Sektoranalyse […] zeigte, dass mit Versorgern und stabilen Konsumtiteln die am wenigsten volatile Branchen herausragende Renditen […] erzielten. Sie besitzen einen grundsätzlichen Vorteil, der die Volatilität reduziert: Monopolmacht für Versorger und Markenmacht bei Konsumaktien. Und falls die Regierung nicht explizit die Versorger dereguliert oder eine der großen Marken sich selbst zerstört, erscheinen diese Wettbewerbsvorteile dauerhaft.“

Auch wenn inzwischen die Monopolmacht von Energie erzeugenden Versorgern durch Deregulierung sowie den disruptiven Ausbau alternativer Energien gefährdet ist, so bleibt als Gesamtergebnis, dass Unternehmen mit Marktmacht in relativ stabilen Märkten für ihre Aktionäre langfristig deutlich höhere Erträge erwirtschaften als der Gesamtmarkt. Bei niedrigerem Risiko gibt es also höhere Erträge. Langweilige Aktien spielen deshalb eine zentrale Rolle bei der Anlagestrategie vieler erfolgreicher Anleger. Beispielsweise Warren Buffett verdankt seine hohen Renditen u. A. langfristigen Kerninvestments in sehr langweiligen Unternehmen wie Coca Cola, Gillette oder Sara Lee.

Leider gibt es keinen Börsenindex für langweilige Aktien. Aber es gibt zumindest einen Sektor, der weitgehend aus sehr langweiligen Firmen besteht und sich deswegen als Proxy für diese  Anlagekategorie anbietet: die Nahrungsmittelbranche (Abb. unten). Ihre stabile und langfristig herausragende Performance zeigt, dass sie nicht nur für Buffett, sondern auch für jeden anderen Langfristanleger interessant ist. Dies wird z. B. in der Entwicklung des globalen Nahrungsmittelindex von STOXX deutlich, der sich seit Jahrzehnten stabil nach oben bewegte und seit Anfang 1992 in € auf Netto-Return-Basis knapp 936% an Wert gewann.

Die relative Entwicklung zum Gesamtmarkt ist langfristig überdurchschnittlich, allerdings weniger stabil als die absolute Performance. Die relative Instabilität kommt vor allem durch die viel stärkeren Schwankungen des Gesamtmarktes zustande (Abb. unten). Insbesondere in Aufschwungphasen hängt der Nahrungsmittelsektor zurück; so z. B. vor der Internetblase 2000, vor der Finanzkrise 2008, oder eben zuletzt während der jüngsten Trump-Rallye. In einem Bullen-Markt werden langweilige Aktien gerne links liegen gelassen, holen ihre Underperformance aber nach gewisser Zeit immer wieder auf.

Langweilige Aktien sollten für langfristige Anleger grundsätzlich immer interessant sein. Dennoch widmen ihnen die meisten Investoren nur eine geringe Aufmerksamkeit. Stattdessen versuchen sie, entweder durch Trading mit zyklischen Aktien oder durch Langfristinvestments in den Gewinneraktien des Technologiesektors den Markt zu schlagen. Den allermeisten Anlegern misslingt dies jedoch.

Drei Gründe sind im Wesentlichen dafür verantwortlich, dass die große Masse der Anleger trotzdem immer wieder versucht, mit Investments in riskanten zyklischen bzw. technologiegetriebenen Aktien besser abzuschneiden als der Markt:

  • Vorfreude ist die schönste Freude: Die Möglichkeit eines schnellen großen Gewinns ist psychologisch verlockender als die Aussicht auf regelmäßige, aber langsame Ertragsteigerungen.
  • Selbstüberschätzung führt zur Unterschätzung der Komplexität der Finanzmärkte: Viele Anleger halten sich intellektuell anderen überlegen und glauben deshalb, Gewinner besser identifizieren zu können.
  • Überzeugungsnarrative: Risikofreudige Anleger orientieren sich bei der Bildung ihrer Erwartungen an die Zukunft an einem vorteilhaften Basisszenario und ignorieren Unsicherheiten.

Im Folgenden werden diese Punkte im Einzelnen genauer erläutert.

1) Erwartete Gewinne sind psychologisch besser als realisierte, finanziell ist es andersherum

Es ist in Deutschland sprichwörtlich: Vorfreude ist die schönste Freude. Aktuelle psychologische Untersuchungen bestätigen dies. Bei den meisten Menschen verschafft vor allem Antizipation von Gewinnen einen Lustgewinn, während die tatsächliche Bestätigung von Gewinnen kaum Freude verursacht bzw. sogar in der Konsequenz manchmal negativ empfunden wird. Bei Erfolg freut man sich nicht richtig über diesen, weil die mit der Vorfreude verbundene Spannung nachlässt. Diese Spannung kann man nur wiederbekommen, wenn man sich die nächste, schwierigere Aufgabe sucht. Misserfolg wird hingegen nicht so stark wahrgenommen wie die vorherige Vorfreude. Zudem neigen erfolglose Anleger dazu, Gründe für ihr Versagen eher bei Anderen zu suchen als bei sich selbst.

Anleger, für die die Vorfreude auf spektakuläre Gewinne ausschlaggebend ist, ähneln Glücksspielern, die sich trotz ungünstiger Wahrscheinlichkeiten auf ruinöse Glücksspiele einlassen, weil sie von fantastischen Gewinnen träumen. Und ähnlich wie die Spieler verzocken sie sich regelmäßig.

2) Selbstüberschätzung und zu einfache Erfolgsrezepte statt Erfahrung und Fachkompetenz

Viele Anleger sind davon überzeugt, dass sie cleverer sind als der übrige Markt, und deshalb zukünftige Gewinner besser identifizieren können als andere Investoren. Tatsächlich gibt es einige Anleger, die mit Aktieninvestments langfristig den Markt schlagen. Diese verfügen immer über eine langjährige Kapitalmarkterfahrung. Sie gehen entweder fundamentanalytisch sehr gründlich vor (wie z. B. Warren Buffett), besitzen spezifische Industriekenntnisse (wie z. B. T. Boone Pickens im Erdölsektor), oder haben einen Wissensvorsprung bei der Anwendung quantitativer Methoden (wie z. B. J. Simons mit dem Renaissance-Fonds).

Die meisten Anleger, die sich bei der Suche nach Gewinnern anderen Investoren überlegen fühlt, unterliegen jedoch einer Selbsttäuschung. Meist haben sie mit einem mehr oder weniger simplen Investment-Rezept Erfolg gehabt und glauben, dies wird auch in Zukunft so bleiben. Die Finanzmärkte sind hochkomplex sowie ständigen Veränderungsprozessen unterworfen, weshalb an der Börse nichts so flüchtig ist, wie einfache prozyklische Erfolgsrezepte. Dies belegen u. A. die bereits erwähnten Untersuchungen von James O’Shaughnessy, der in „What Works on Wall Street“ viele Beispiele dafür aufführte, dass einfache Strategien kurzfristig oft spektakuläre Erfolge produzieren, nach einer gewissen Zeit aber zumeist ins Gegenteil umschlagen. Kurzfristige Börsengewinner sind oft die Verlierer von morgen; konsistente Langfristperformer – wie z. B. die langweiligen Nahrungsmittelaktien – stehen in den kurz- bis mittelfristigen Gewinnerrankings selten weit vorne.

Prozyklische Erfolgsrezepte am Kapitalmarkt haben eine ungebrochene Anziehungskraft für Anleger, die sich einen schnellen und unkomplizierten Weg zum Reichtum wünschen. Dies sieht man aktuell wieder am Absatzboom von sog. Smart-Beta-Fonds, die i.d.R. überdurchschnittlichen Anlageerfolg auf der Basis einfacher quantitativer Selektionskriterien versprechen, nach ein paar guten Quartalen jedoch meist langfristig versagen.

Erfolgreiche Investoren wie Buffett wissen um die Komplexität der Finanzmärkte und haben ihren spezifischen Weg gefunden, damit umzugehen. Dabei haben sie anfangs auch viel Lehrgeld gezahlt, weil sie zu simplen Ideen folgten – es hat sich für sie aber gelohnt, weil sie aus ihren Fehlern lernten.

 3) Überzeugungsnarrative unterstützen den Glauben an Gewinner  

Der Soziologe Jens Beckert hat in seinem Buch „Imagined Futures“ die Rolle beschrieben, die Vorstellungen über die zukünftige Welt für die Entwicklung der Wirtschaft spielen. Seiner Einschätzung nach werden Unternehmer und Investoren weniger durch die Gegenwart motiviert, sondern durch Narrative über mögliche zukünftige Zustände der Welt. Dies gilt insbesondere für die Finanzmärkte und hier speziell für Aktien. Es gibt zumindest einen dominanten Narrativ, der die durchschnittliche Marktmeinung widerspiegelt. In den Jahren nach der Finanzkrise bestand der vorherrschende Narrativ in der Vorstellung einer in der Dauerkrise gefangenen Weltwirtschaft und führte zu einem von extremer Vorsicht geprägten Investmentverhalten. Aktuell hat sich dieser Narrativ zumindest am Aktienmarkt gewandelt: Heutzutage richtet sich der Blick auf eine weitgehend digitalisierte, automatisierte sowie interkonnektiv verbundene Gesellschaft der Zukunft.

Laut Beckert spielen diese Narrative eine entscheidende Rolle dabei, die grundsätzliche Unsicherheit über die Zukunft zu überwinden. Sehr wichtig sind hierbei die starken Überzeugungsnarrative (conviction narratives), die aus zwei Bestandteilen bestehen: Attraktoren, die diesen Narrativ als besonders interessant oder attraktiv erscheinen lassen, z. B. weil sie entweder sozialen Status oder finanziellen Gewinn versprechen; sowie Zweifel-Zerstreuer (doubt repellor), die Zweifeln und Ängsten begegnen und hiermit Sicherheit vermitteln.

Überzeugungsnarrative spielen gerade für risikofreudige Anleger eine sehr große Rolle, die in zyklischen Aktien bzw. Technologietiteln investieren. Denn sie vermitteln eine Sicherheit über etwas, worüber man eigentlich gar nicht sicher sein kann: Über zukünftigen Erfolg kann man nichts wissen, sondern lediglich an ihn glauben – und ein plausibler Überzeugungsnarrativ bestärkt diesen Glauben.

Man kann sich des Erfolgs nie sicher sein, die Verdrängung von Risikofaktoren ist für eine Investmententscheidung notwendig. Gerade bei Technologieaktien ist ein spannender Überzeugungsnarrativ entscheidend für den Erfolg an der Börse, die in den Kursgewinnen zukünftige Entwicklungen vorwegnimmt. Und im Gegensatz zu zyklischen Aktien, deren Equity-Storys und die hieraus resultierenden Kursgewinne i.d.R. relativ kurzlebig sind, können sich Narrative bei Technologie-Gewinnern im Nachhinein als langlebig und hochprofitabel erweisen, wenn sie zutreffend sind.

Bei spannenden Technologieaktien ist die Identifikation von langfristigen Gewinnern schwierig, aber nicht unmöglich

Spannende Aktien haben i.d.R. einen sehr interessanten Narrativ, der sich oft aber nur als kurzfristig richtig oder als ganz falsch erweist. Sie stellen sich daher im Nachhinein nicht selten als Börsenflops heraus. Gerade bei Technologieaktien ist die Suche nach tatsächlichen langfristigen Gewinnern nicht unmöglich, wenn auch sehr schwierig. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass man als Anleger die Börsennarrative zu den jeweiligen Aktien richtig einzuschätzen kann. Hierbei helfen Fachwissen und Erfahrung. Und man sollte sich bewusst sein, dass man ein enormes Risiko eingeht: Mit nur wenigen Anlageformen kann man so schnell so viel Geld verlieren wie mit Aktien von gescheiterten Technologiefirmen.

Langweilige Aktien haben hingegen keinen besonders spannenden Investment-Narrativ, der sich zumindest bei Konsumwerten zumeist noch in einem Wort zusammenfassen lässt: Markenmacht. Deswegen wird die große Masse der Anleger sie weiterhin ignorieren – zu ihrem eigenen Schaden.

Dieser Text erschien in leicht abgewandelter Form ebenfalls in „Mit ruhiger Hand“ Nummer 53 vom 10. Juli 2017

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