Covid-19-Notes (Tag 79): #Sparquote #Mehrwertsteuersenkung #Welle2

by Dirk Elsner on 6. Juni 2020

Sparquote und Mehrwertsteuersenkung

Die Bundesregierung hat in dieser Woche ein weiteres Riesenprogramm für die Konjunktur vorgeschlagen. Darunter ist auch eine bis zum Jahresende befristete Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 16 Prozent bzw. für den reduzierten Steuersatz von sieben auf fünf Prozent. Damit soll der Konsum trotz Corona-Krise angekurbelt werden.

Mal abgesehen davon, dass diese Senkung für Teile des Handels eher als Last denn als Hilfe angesehen werden, stelle ich mir die Frage, ob diese Form der Stimulation wirklich notwendig ist, denn die Deutschen sitzen auf einer großen Portion Bargeld, das sie in den letzten Monaten nicht ausgeben konnten. Die FAZ berichtete in dieser Woche, dass die Sparquote deutlich angestiegen ist. Christian Siedenbiedel erläutert dazu:

Die Sparquote “drückt aus, welchen Teil ihres verfügbaren Einkommens die privaten Haushalte zurücklegen und nicht für Konsumzwecke auf den Kopf hauen. In den Vereinigten Staaten hat diese Quote im April spektakuläre 33 Prozent erreicht – den höchsten Wert seit Beginn der Aufzeichnungen. Und in Deutschland ist die Sparquote laut Bundesbank von 9,7 Prozent im letzten Quartal 2019 auf 16,7 Prozent im ersten Quartal dieses Jahres gestiegen. Fürs zweite Quartal, also die Monate April bis Juni, prognostiziert die Commerzbank einen Anstieg auf bis zu 20 Prozent. Etwa jeder fünfte Euro wird in der Krise also gespart, nicht ausgegeben. Auch die DZ Bank geht davon aus, dass die Sparquote im ohnehin eher sparsamen Deutschland dieses Jahr den höchsten Stand seit 1992 erreicht.”

Kommt die 2. Welle oder nicht?

Manchmal wundere ich mich über die unterschiedlichen Aussagen zur viel gefürchteten zweiten Welle von Corona-Infektionen. So berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland, dass das Robert Koch Institut (RKI) mit einer zweiten, dritten und vierten Welle rechnet. Allerdings betont das RKI auch, “dass die Einhaltung der Maßnahmen eine weitere Infektionswelle verhindern könnte.”

Ich glaube, man kann das gar nicht wirklich vorhersehen, denn, wenn wir eines gelernt haben in den letzten Wochen, dann das die Verbreitung des SARS-CoV-2-Erregers von sehr vielen Faktoren abhängig ist. Es handelt sich hier um komplexe, nichtlineare Systeme. Das macht exakte Vorhersagen unmöglich.

Sibylle Anderl bemüht dazu in der FAZ in ihrem Beitrag “Vergebliche Suche nach Sicherheiten” die amerikanische Wissenschaftsphilosophin Sandra Mitchell:

“Wir können nicht so tun, als seien wir sicher, wenn es nicht so ist – und wir können nicht beharrlich Sicherheit fordern, wo man sie nicht finden wird“, schreibt sie dort. Die Erwartung von mehr oder weniger wörtlich zu nehmenden Prognosen auf der Grundlage wissenschaftlicher Modelle, die in eine streng zu verfolgende politische Strategie übersetzt werden können, greife heute fast immer zu kurz. Prognosen seien vielmehr durch die Berechnung und Analyse verschiedener Szenarien zu ersetzen: zahlreiche variierende Berechnungen, die Handlungsspielräume aufzeigen. Deren Robustheit, ihre Empfindlichkeit hinsichtlich eingehender Annahmen und unsicherer Parameter, ist stets kritisch zu prüfen. Sie gibt ein Gefühl für die Belastbarkeit der Rechnungen, für den Grad der Unsicherheit, ohne diese beseitigen zu können. Für die Politik bedeutet das nach Mitchell die Notwendigkeit einer „von Rückkopplung geprägten Strategie der Entscheidungsfindung“, ein Vorgehen der kleinen Schritte und dynamischer Anpassung an den jeweils aktuellen, immer zu einem gewissen Grad unsicheren Wissensstand. Wer dagegen erst darauf wartet, dass die Unsicherheit ausgemerzt wird, laufe Gefahr, das Zeitfenster wirksamen Handelns zu verpassen.”

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