Grundlagen praxisbezogener Wirtschaftsbetrachtung: Neue Institutionen- und Verhaltensökonomik

by Dirk Elsner on 17. August 2008

Nein, dieser Beitrag enthält keinen wissenschaftsmethodischen Abriss dieser zum Teil konkurrierenden Paradigmen der Wirtschaftswissenschaften. Aber ich sehe Institutionenökonomik und Verhaltensökonomik  als zwei Denkströmungen, die die Betriebswirtschaftslehre von der neoklassischen Dominanz gelöst haben. Nach meiner Auffassung eignen sich beide Ansätze besser für die betriebswirtschaftliche Praxis als die neoklassischen Ansätze, die mit dem Homo Ökonomikus und weiteren realitätsfernen Annahmen in ihren Modellen arbeiten.

Beide Ansätze helfen nicht nur deutlich besser, Institutionen und Verhalten von Menschen in der Wirtschaftspraxis zu verstehen sondern auch um praxisgerechter geeignete Steuerungsmaßnahmen abzuleiten.

Warum solche Aussagen in einem Blog, in dem es eher um die Wirtschaftspraxis gehen soll?

Ich stelle die These in den Raum, dass sich bis heute weder eine einheitliche Management- noch an der Praxis orientierte Unternehmenstheorie entwickelt hat. Theoretische Basis für die Management- und Unternehmenspraxis sind bislang zahlreiche Strömungen und Forschungsrichtungen, denen bisher ein gemeinsames Dach fehlt.

Die Ökonomik befasst sich nach mit Möglichkeiten und Problemen der gesellschaftlichen Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil. Diese Definition stellt die soziale Dimension als dominant heraus, technische Probleme sind in diese soziale Dimension eingebettet. Diese Definition ist nach Homann und Suchanek (in  Ökonomik, Tübingen 2000) streng problembezogen auf das Vorteilsstreben der einzelnen Akteure.

Die Ökonomik ist eine Sozialwissenschaft, und die soziale Welt besteht nicht aus isolierten und isoliert handelnden Individuen, sondern aus deren Interaktion im weitesten Sinn. Wenn man auf die relevanteren Fragestellungen der Ökonomik schaut, geht es immer um das Zusammenleben und Zusammenarbeiten von Menschen in einer sozialen Ordnung unter Bedingungen von Arbeitsteilung und Interdependenz (Homann und Suchanek). Die Anwendung der Ökonomik in den Sozialwissenschaften dient der Erklärung menschlichen Verhaltens bzw. Handelns.

In den letzten Jahren bemühen verschiedene Autoren die Neue Institutionenökonomik im Allgemeinen und den Property Rights-, den Transaktionskostenansatz sowie die Principal-Agent-Theorie im Besonderen für eine theoretische Fundierung der Managementpraxis XE „Managementwissenschaft“ < ![endif] >< ![endif] >. Die Akzeptanz dieser Forschungsrichtung rührt daher, dass mit Hilfe vergleichsweise einfach gehaltener Ansätze in logisch stringenter Weise viele Aktivitäten in der Wirtschaftspraxis erklärt werden können. Diese beziehen sich nicht nur auf die klassischen Anwendungsbereiche der Ökonomik. Vielmehr wird die Institutionenökonomik auf Fragen des Rechts, der Politik, der Geschichte oder Fragen des Zusammenlebens angewendet.

Die Präferenz und Entscheidung für diese Theorie basiert einerseits auf der dort getroffenen realistischen Annahme über das menschliche Verhalten und zielt auf die Erklärung möglicher Ursachen von Risiken in ökonomischen Transaktionen beziehungsweise Interaktionssituationen (Opportunismus, beschränkte Rationalität etc.). Andererseits eröffnet und schärft gerade die Transaktionskostenökonomik durch die Fokussierung der Analyse auf die einzelne Transaktion als Bezugseinheit die Perspektive für die mögliche Gestaltung von Führungs-, Steuerungs- und Kontrollstrukturen, die zur Durchführung bzw. Optimierung wirtschaftlicher Tauschprozesse und gesellschaftlicher Aufgaben geeignet sind (Wieland und Fürst, 2002).

Die neue Institutionenökonomik beachtet zwar mehr noch als die klassische Ökonomik Verhaltensweisen der wirtschaftlichen Akteure, sie lässt aus meiner Sicht jedoch noch zu viele Fragen des tatsächlichen Marktverhaltens offen. So wird nicht hinterfragt wie die Marktteilnehmer zu ihren Präferenzen kommen. Vielmehr wird angenommen, dass sie ihre Präferenzen unter den Restriktionen der neuen Institutionenökonomik (Transaktionskosten, Opportunismus, beschränkte Informationsverarbeitungskapazität) nach ökonomischen Prinzipien bilden.

Bestimmtes von den ökonomischen Modellen abweichendes Verhalten wird häufig als Anomalie bezeichnet. Diese Bezeichnung teile ich nicht. Ich begrüße daher die zunehmende Integration verhaltenswissenschaftliche Ansätze in betriebswirtschaftliche Erklärungsmodelle. So haben Behavioral Economics und Behavioral Finance längst den Elfenbeinturm verlassen und finden in der Praxis zunehmende Akzeptanz.

Die Integration der verhaltenswissenschaftlichen Modelle in die Institutionenökonomik wäre sicherlich ein wissenschaftlich sehr reizvolles Thema.

Dies ist aber kein Thema für die Berufspraxis sondern für die Wissenschaft. Gleichwohl kann betriebswirtschaftliche Praxis Honig aus diesen Ansätzen saugen. Wie dies aussehen können sollen spätere Beiträge in diesem Blog zeigen.

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