Die vergangenen 26 Stunden gehörten mit Sicherheit zu den spannendsten Momenten seit ich Finanzmärkte beobachte. Und das sind schon gut 30 Jahre (klammere mal meinen ersten Börsenbesuch als kleiner Junge aus). Solche Zeiten des intensiven Finanzmarktkonsums machen fast süchtig nach mehr und lassen viele Gedanken aufkommen. Einer dieser Gedankenstränge führt mich zu auffallend vielen Parallelen zwischen Fußball und Finanzmärkten.
Es kommt anders man denkt
Vor vielen Fußballspielen ist den meisten Interessierten klar, wie ein Spiel ausgehen wird. Häufig passiert dann gerade das nicht, was alle erwarten. Verliert eine Top-Mannschaft gegen einen Underdog, dann liegt es häufig daran, dass die Top-Mannschaft den Underdog unterschätzt und sich nur halbherzig engagierte. Für die Finanzmärkte haben wir noch gestern Abend für heute in Europa und Asien schwere Einbrüche erwartet. Diese sind zwar zunächst eingetreten, haben sich aber nicht verstärkt fortgesetzt, sondern die Märkte haben uns eine bemerkenswerte Erholung beschert. Ich schätze mal, da haben wir die Märkte wieder einmal unterschätzt.
Vorhersagefähigkeit von Fachleuten
Beim Fußball ist es eher selten, dass es Experten gelingt, Vorhersagen exakt zu treffen. Das Schöne am Fussball ist, dass Spiele, oft sogar die Tendenzen nur schwer vorhersehbar sind. Fußball ist die Mannschaftssportart mit den größten Überraschungspotentialen. Es reicht dazu auf den gegenwärtigen Tabellenplatz des FC Bayern in der Bundesliga zu schauen.
Mit der Börse ist es ähnlich. Die Trefferquote von Prognosen beträgt im Schnitt 50%. Die erreicht übrigens auch ein Schimpanse. An den Finanzmärkten sind die allseits bekannten Erwartungen nämlich längt in den Preisen enthalten, so dass bei ihrem Eintreffen nicht mehr viel passiert. Erst bei unerwarteten Abweichungen oder Erwartungsänderungen bewegen sich die Märkte in nicht vorhersehbare Richtungen.
Die starken Werte und Mannschaften spielen trotzdem oben
Trotz der mangelnden Vorhersagequalität spielen starke Mannschaften im Schnitt eher oben bzw. schneiden in Wettbewerbern besser ab als schwache Mannschaften. Ähnlich ist es mit Anlagemöglichkeiten an den Finanzmärkten. Es gibt „gute“ und „schlechte“ Anlagemöglichkeiten. Die „guten“ Anlagemöglichkeiten setzen sich in der Regel langfristig durch, die schlechten steigen irgendwann ab.
Nachher gibt es immer eine plausible Erklärung
So schwer die Vorhersage von Fußballergebnissen und Finanzmarktentwicklungen ist, so plausibel werden anschließend die Begründungen für Ergebnisse von den Experten geliefert. Als Zuschauer hat man stets den Eindruck: Klar, konnte ja gar nicht anders sein, dass die Märkte gestern zusammengebrochen sind und sich heute erholt haben. Dabei sind die Erklärungen im Prinzip nichts wert, weil sich daraus keinerlei zuverlässige Prognosen für das nächste Spiel bzw. die nächsten Börsensession ableiten lassen.
Gibt es ein Fazit?
Was bedeuten meine Halbweisheiten jetzt für die nächsten Tage an den Finanzmärkten? Ist doch klar. Nichts. Während der gestrige Kurssturz uns den Atem geraubt hat, hat uns die heutige Erholung erleichtert. Morgen könnte die Erleichterung wieder verpuffen oder gar weitergehen. Klingt irgendwie nach Binsen. Wenn nicht so viel dran hängen würde, dann könnten wie die aktuellen Finanzmarktentwicklungen einfach nur als als erstklassige Unterhaltung ansehen. Aber Fußball ist schließlich auch nicht einfach nur Unterhaltung oder?
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