Die von Ackermann beschleunigte Gierdebatte führt von Krisenursachen weg

by Dirk Elsner on 20. Oktober 2008

Marc Beise spürt in der Süddeutschen, dass die öffentliche Diskussion über die Finanzkrise in eine falsche Richtung läuft und nur nach einfachen Wahrheiten in der komplexen Krise gesucht wird. Zu diesen einfachen „Wahrheiten“ gehört auch die Gierdiskussion.

Diese hatte der Chef der Deutschen Bank, Joseph Ackermann, durch seine Äußerungen in einem Interview mit der Bild am Sonntag ungewollt beflügelt.

Hans Nagl stellt dazu heute im Handelsblatt fest:

„Sicherlich: Die Deutsche Bank hat sich im Vergleich zu vielen Konkurrenten besser geschlagen. Sie ist nicht pleite und musste nicht einmal die Aktionäre um frisches Geld anbetteln. Zumindest bislang. Ergo reicht es offenbar, der Einäugige unter den Blinden zu sein, um millionenschwere Boni zu kassieren – auf die man dann wieder großzügig verzichten kann. Ein System, das solche Anreize setzt, ist dem Bürger nicht zu vermitteln. Und es liegt auf der Hand, dass es unweigerlich in die Krise führen muss. Unumgänglich ist deshalb eine schonungslose Debatte über die Gehaltsstrukturen in der Finanzwirtschaft.“

Heute nun hat sich auch die Bundesregierung positioniert und nach meiner Kenntnis erstmalig eine offizielle Marke für Gehaltsgrenzen festgelegt. Sie sieht eine monetäre Vergütung, die 500.000 € pro Jahr übersteigt, grundsätzlich als unangemessen an (§ 5 Abs. 2 a) der FMStFV). Sollte eine Bank die Hilfen nach dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz in Anspruch nehmen, dann wird sie auf eine Herabsetzung der Organvergütung „im Rahmen der zivielrechtlichen Möglichkeiten“ hinwirken. Das bedeutet im Klartext: Sie kann natürlich nicht einseitig die Gehälter der Bankmanager bestimmen, sie wird aber in den Aufsichtsgremien darauf hinwirken.

Am Wochenende hatte ein Bericht im englischen Guardian über 70 Milliarden Dollar an Bonus-Zahlungen an die Manger der abgestürzten Banken sorgt für Wirbel gesorgt. Die internationale Presse scheint sich nun darauf einzuschießen.

Allerdings sollte man aufpassen, dass die Debatte über die Ursachen der Finanzkrise nicht verkürzt wird auf eine Gierdebatte. Das wird der Ursachenanalyse wirklich nicht gerecht, läßt sich aber in Wahlkampfzeiten gut verwenden.

Unternehmen und Finanzwirtschaft basieren nun mal auf einem Prinzip – dem Prinzip des Selbstinteresses. Es ist das Rückgrat unserer Wirtschaft, unabdingbar für ökonomischen Erfolg und sozialen Wohlstand – und sollte deshalb nicht verteufelt werden.“ schreibt die Vancouver Sun und hat Recht damit. Weiter heißt es dort: „Gesellschaften, in denen Unternehmer frei handeln dürften, verfügten nicht von ungefähr über einen höheren Lebensstandard, denn ökonomische Freiheit resultiere in höheren Einkommen, höherer Lebenserwartung, besseren Bürgerrechten und Umweltschutz.“

Für die Aufräumarbeiten für eine neue Finanzordnung ist wesentlich mehr zu tun, als über Managergehälter zu diskutieren. So müssen wir uns selbst fragen, welchen Beitrag wir persönlich leisten wollen, wenn wir eine neue „Wirtschaftsordnung“ wollen.

Dazu gehört aber auch – und nun zeige ich doch wieder auf die Banken – , dass von den Banken eine selbstkritischere Haltung zu ihren Geschäften folgt. Einen Anfang hat die Commerzbank gemacht. Ausreichend ist das nicht. So findet auch Marc Beise in der SZ, dass „die Debatte über eigene Versäumnisse sehr defensiv geführt“ wird und „So aber wird man kein Vertrauen zurückgewinnen, weder in der Öffentlichkeit noch in den eigenen Branchenkreisen.“

Damit sind die Banken auch ein Stück selbst schuld, dass sich die öffentliche Aufmerksamkeit jetzt auf die Entlohnung ihrer Manager richtet.

Nachtrag: Der Blog Beratung-Therapie.de betrachtet die Aussagen von Herrn Ackermann übrigens durch die psychologische Brille, was ich sehr interessant finde.

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