Große und kleine Wirkungen der Finanzkrise

by Dirk Elsner on 26. Oktober 2008

Eingestellte Arbeiten an einem Luxushotel

Eingestellte Arbeiten an einem Luxushotel

Die Finanzkrise schreibt in diesen Tagen viele Geschichten. Zu viele, als das sie ein privater Blog alle verarbeiten und kommentieren kann. Zunehmend erschwert wird die Erklärung dessen, was wir in diesen Wochen erleben. Die Ökonomie scheint, wie Spiegel Online schreibt, etwas ratlos vor der Entwicklung zu stehen und schiebt immer mehr Erklärungen auf die Psychologie.

Für Erklärungen scheint es ohnehin noch sehr früh zu sein. Sieht man den Zusammenbruch von Lehman Brothers als Sunspot, dann dauert die heiße Phase der Krise gerade erst sechs Wochen. Hier daher einfach ein paar Impressionen auf einige große und kleine Wirkungen, die uns die Finanzkrise beschert.

Die großen Stories beginnen bei den Problemen ganzer Staaten. Island ist in Deutschland auch deswegen in aller Munde, weil dort viele Deutsche ihr Geld angelegt haben. Daneben sind Ungarn und Pakistan stärker ins  Gerede gekommen. In den nächsten Tagen und Wochen werden sich wahrscheinlich noch mehr Länder dazu gesellen.

Dass damit bereits die Krise die Finanzmärkte verlassen hat und eigentlich Wirtschaftskrise heißen muss, dürfte kaum noch angezweifelt werden. Newsweek versucht die Krise in Bildern zu erfassen, was erstaunlich gut gelingt. Als einen von vielen weiteren Belegen für das Erreichen der Realwirtschaft mag man den Hinweis des Blogs Boersennotizbuch auf den Absturz der Frachtraten für den Schiffsverkehr sehen.

Der Einfluss auf den Arbeitsmarkt macht sich besonders schnell in den USA bemerkbar, wo kurze Kündigungfristen dazu führen, dass die Unternehmen sehr schnell ihre Kapazitäten an die neue Lage anpassen. Experten, schreibt Spiegel Online, erwarten eine neue Entlassungswelle an der Wall Street. Bis Ende des Jahres könnte die Zahl der Entlassungen auf bis zu 200.000 steigen. Bis zum zweiten Quartal 2009 könne die Zahl sogar auf 250.000 steigen, sagte der Wirtschaftswissenschaftler Michael Williams vom Touro College in New York.

Auf der Mikroebene kommen einem kaum die Tränen, wenn man sich die Übersichten ansieht, wie viele Milliarden an Buchwerten prominente Firmeneigentümer verloren haben.  Die vom Handelsblatt veröffentlichte Rangliste führt übrigens Warren Buffet an mit einem Wertverlust von 9,6 Mrd. $.

Da berühren schon mehr die Berichte über Kleinsparer, die z.B. bei der isländischen Kaupthing Bank ihre Ersparnisse angelegt haben. Das Tagebuch eines verzweifelten Sparers konnte man in der FAZ nachlesen. Der hatte sich verlassen auf den isländischen Einlagensicherungsfonds, um jetzt zu erfahren, dass dieser nicht für deutsche Kunden zahle.

Lorenz Wagner von der deutschen Financial Times hat sich auf Deutschlandreise begeben und unter der Überschrift „Endstation Sehnsucht“ seine Impressionen aufgeschrieben. Danach halten sich aber die Auswirkungen auf Deutschland in Grenzen, noch möchte man ergänzen.

Die USA sind hier wieder einmal weiter. Im Wall Street Journal waren letzte Woche schon ganz praktische Tips für den Fall der persönlichen Insolvenz zu lesen.

Während US-Bürger solche Krisen wie immer schnell und pragmatisch anpacken, muss man in Deutschland zunächst einmal ausholen und z.B. schauen, ob das Gesellschaftsmodell von Karl Marx nicht doch mehr verspricht  als wir bisher dachten. Jedenfalls soll sich das Kapital plötzlich besser verkaufen als je zuvor in den letzten 20 Jahren.

Interessanter als sich zu überlegen, wie wir jetzt schnell die Krise meistern ist es auch, Personen zu jagen. In der vergangenen Woche hat es Herrn Ackermann besonders heftig erwischt. Wieder einmal sind ein paar eigentlich gut gemeinte Handlungen in der öffentlichen Darstellung so verunglückt, dass die FAZ jetzt eine „neue Einsamkeit des Josef Ackermann“ beobachtet.

Die Bauarbeiten an dem Luxushotel, dessen Rohbau auf dem Foto zu sehen ist, waren übrigens schon lange vor der Finanzkrise eingestellt. Eine Aufnahme bei Google Earth vom 29.3.2007 zeigt den gleichen Zustand wie auf dem Foto. Nicht alles, was jetzt brach liegt, ist also durch die Finanzkrise verursacht.

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