Was Führungskräfte aus Löws Schwäche lernen können für die Mitarbeiterführung

by Dirk Elsner on 2. November 2008

Konfliktgespräche sind nicht einfach

Konfliktgespräche sind nicht einfach

Heftig schwappen die Wellen durch Print- und Onlinegazetten zum Streit zwischen Joachim Löw, Michael Ballack und Thorsten Frings. Die Diskussion konzentriert sich dabei vor allem darauf, ob Ballack und Frings weiter bei der Nationalmannschaft bleiben oder wer den „Machtkampf“ gewinnt.

Diese Fragestellungen mögen für den Boulevard interessant sein. Viel interessanter fände ich eine Diskussion über das Führungsverhalten von Joachim Löw. Nach meiner Ansicht liegt offensichtlich im Führungsstil von Löw das Hauptproblem. Dieser Beitrag beleuchtet, was Führungskräfte daraus für ihre Praxis lernen können.

Löws Kernschwäche

Die Kernfrage bei Löw scheint zu lauten: Wie gehe ich mit schlechten Nachrichten an meine Mitarbeiter um?  Hier tut sich nicht nur Löw schwer, sondern viele Führungskräfte und versuchen so weit wie möglich, schlechte Nachrichten zu verschleiern, sie gar nicht anzusprechen oder sie über Dritte transportieren zu lassen. Das alles sind große Fehler, die nicht nur gestandene Nationalspieler aufregen, sondern auch Mitarbeiter im Betrieb ärgern und frustrieren. Führungskräfte dürfen sich nicht wundern, wenn sie dadurch kräftig an Ansehen verlieren.

Vielleicht erinnern sich Fußballfreunde noch an die Frage bei der Teamvorstellung für die Euro 2008, ob Löw mit Timo Hildebrand wegen seiner Nichtnominierung gesprochen hätte. Löw antwortete damals, nicht er sondern Andreas Köpke hätte mit Hildebrand gesprochen. Erschreckend für eine Führungskraft. Offensichtlich hat Löw große Probleme, Menschen negative Nachrichten zu überbringen und zu erklären.

Konfliktangst führt zu Fehlentscheidungen und zu Wut

Nun kann man trefflich darüber streiten, was gut Führung ausmacht. Unbestritten dürfte aber sein, dass gute Führungskräfte unangenehme Themen nicht ignorieren sollten. Dennoch mögen Menschen Konflikte nicht und haben Furcht, unangenehme Themen zu transportieren.  Dies kann in der Wirtschaftspraxis zu verschiedenen Fehlern führen:

  1. Unangenehme Entscheidungen werden in der Hoffnung aufgeschoben, dass sich später vielleicht noch eine Lösung ergibt, die weniger unangenehm ist.
  2. Unangenehme Entscheidungen werden nicht oder schlecht kommuniziert. Das Ergebnis sieht man im Streit der Nationalmannschaft.
  3. Unangenehme Entscheidungen werden positiv verpackt. Mitarbeiter merken so etwas i. d. R. sehr schnell und fühlen sich dann nicht ernst genommen.
  4. Es wird nur die zweitbeste Entscheidung getroffen, um unangenehmer Kommunikation aus dem Weg zu gehen.

Harmoniebedürfte Menschen verschleppen unangenehme Entscheidungen oder klare Kommunikation bis ihnen eines Tages der sprichwörtliche Kragen platzt oder sich die Harmonie aus anderen Gründen nicht mehr retten läßt. Die Harmonie wird dann plötzlich zur Wut und kann zu emotionalen Überreaktionen führen. Konstruktive Kritik ist dann kaum noch möglich.

Was gute Führungskräfte tun sollten

Die Vermeidungsstrategien helfen in der Praxis genau so wenig, wie in der Nationalmannschaft. Es baut sich Frust auf, der irgendwann raus gelassen wird.

Gute Führungskräfte machen keinen Bogen um unangenehme Nachrichten. Sie treffen auch nicht falsche Entscheidungen oder schieben Entscheidungen auf, nur um das Überbringen schlechter Botschaften zu vermeiden. Sie sprechen unangenehmen Entscheidungen mutig und frühzeitig an, und nicht erst dann, wenn sie keine andere Wahl mehr haben. So verlieren sie auch nicht ihre Glaubwürdigkeit.

Verletzung des Mitarbeiters vermeiden

Bei der Kommunikation sollten sich Führungskräfte offen und konstruktiv verhalten. Sie sollten bei einer Schlechtleistung des Mitarbeiters die Kritik möglichst deutlich und nachvollziehbar machen, den Mitarbeiter dabei aber nicht verletzen. Auch hier gilt, der Mitarbeiter muss sein „Gesicht wahren“ können, wenn er Fehler gemacht hat.

Viele Mitarbeiter fühlen sich dann durch Kritik verletzt, wenn sie das Gefühl bekommen, sie werden „klein gemacht“. Kritik sollte daher nicht in feindseliger Absicht transportiert werden, mit dem Ziel den Mitarbeiter zu verletzen. Führungskräfte die dies heute noch tun, sollten schleunigst eine Fortbildung in moderner Führung erhalten.

Häufig verwechseln Führungskräfte Härte mit Deutlichkeit. Man kann und muss als Führungskraft deutlich kritisieren dürfen. Dabei darf man den Mitarbeiter aber nicht als Person herabsetzen, sondern sollte ihn als Mensch immer auch ernst nehmen. Härte zielt darauf ab, die eigene Position kompromisslos durchzusetzen und dem Mitarbeiter quasi eine „Niederlage“ beizubringen. Deutlichkeit schafft Klarheit und signalisiert dem Mitarbeiter, dass die Führungskraft ihm helfen will, die Ziele zu erreichen.

Führungskräfte müssen bei Kritik nicht Lösungsvorschläge liefern

Häufig denken Führungskräfte, sie müssten bei Kritik sofort Lösungsvorschläge liefern. Deswegen warten viele mit der Kritik an Mitarbeitern. Im Führungsalltag ist dies aber aus verschiedensten Gründen nicht immer möglich. Werden Probleme erst dann angesprochen, wenn die Führungskraft eine Lösung entwickelt hat, dann vergeht zu viel Zeit. Außerdem haben Führungskräfte nicht immer die besseren Lösungsalternativen. Häufig wissen Mitarbeiter bei Kritik ganz genau und häufig auch besser, was zu verändern ist.

Wort zu Schluss

In diesem Beitrag habe ich eine Facette von Führungsverhalten angesprochen. Es ist klar, dass dies in der Praxis (und natürlich erst recht nicht in der Theorie) alles sein kann. Es ist ein Ausschnitt aus dem Führungsalltag. Ich nehme diesen Beitrag zum Anlass, eine neue Serie über Führungsthemen zu beginnen und hoffe, diese Serie in den nächsten Wochen erweitern zu können. Freuen würde ich mich aber auch über Beiträge von anderen Führungskräften, die hier von ihren praktischen Erfahrungen berichten wollen.

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