Folgen jetzt Turbulenzen im Wechselkurssystem?

by Gastbeitrag on 17. Dezember 2008

diverse Waehrungen

Währungsturbulenzen: Hier nur in Form von Bargeld

Dr. Georg Erber, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, hat in einem in der Readers-Edition veröffentlichen Beitrag kompetent die Frage untersucht, ob wir „Vor großen Turbulenzen im Wechselkurssystem der Weltwirtschaft?“ stehen:

Seit langem stehen die Verzerrungen des internationalen Wechselkursgefüges der wichtigsten Währungen der Welt in der Kritik. Der Dollar ist seit langem im Vergleich zu Euro, Yen oder Yuan überbewertet. Das Außenhandels- und Zahlungsbilanzdefizit der USA tendiert weiterhin nicht zu einer nachhaltigen Konsolidierung, die auch von allen internationalen Organisationen wie der OECD, dem IMF oder Weltbank sowie beispielsweise des IIE in Washington für unerlässlich gehalten werden.

Vor großen Korrekturen der Außenhandelsungleichgewichte

Das exportorientierte Wachstum der entsprechenden Länder und Währungsräume, bei dem Deutschland für die Eurozone eine herausragende Stellung einnimmt, wird sich im Zuge einer weltweiten Rezession nicht wie bisher fortsetzen lassen. Die USA werden und vermutlich wollen es auch mit dem Amtsantritt der neuen US-Regierung nicht weiter hinnehmen, dass diese Ungleichgewichte zu Lasten der USA bestehen bleiben. Dies wird dramatische Folgen für diejenigen Länder haben, die ihr Wachstum zu Lasten insbesondere der USA mittels der entsprechenden Exporte steigern konnten. Nach der globalen Finanzmarktkrise und der globalen Rezession drohen jetzt auch noch zusätzlich dramatische Wechselkursturbulenzen zwischen den wichtigsten Weltwährungen.

Vor einer neuen Wechselkurswende

Es ist eines der zunächst schwer erklärbaren Rätsel, warum der US Dollar zur Jahresmitte gegenüber dem Euro plötzlich rapide an Stärke gewann. Im April 2008 erreichte er nahezu einen Wert von 1,60 Dollar je Euro, um dann seit August 208 bis zum November auf einen Wert um 1,25 US Dollar je Euro aufzuwerten. Hierfür können kurzfristige Geld- und Kapitalmarktbewegungen im Rahmen der Finanzmarktkrise eine wichtige Rolle gespielt haben. Da US Banken und Finanzinvestoren rasch Liquidität in US Dollar benötigten, wurden Investitionen im Ausland abgebaut. US Hedgefunds waren auch mit Kapitalabflüssen konfrontiert, da Anleger drohende Verluste aus den dortigen Kapitalanlagen fürchteten. Cash ist derzeit King und dies bitteschön in US Dollar. Trotz der gewaltigen Anstrengungen der US-Notenbank Liquidität in beliebiger Menge den Geld- und Kapitalmärkten zur Verfügung zu stellen, gelingt es jedoch nicht allen Bedürftigen wegen der weiterhin bestehenden Kreditklemme insbesondere auf dem Interbankenmarkt, aber auch zunehmend auf den Märkten für Unternehmensanleihen, sich diese dort kostengünstig zu beschaffen.

Obama wird den Dollar nach unten sinken lassen

Obama steht mit seiner neuen Regierungsmannschaft bei der sich abzeichnenden scharfen Rezession in den USA vor dem Problem die US Wirtschaft zu stimulieren. Was wäre nicht verführerischer, als dies auf Kosten des Auslands zu bewerkstelligen? Als Anreize gelten hierbei:

  1. Fällt der US Dollar gegenüber den Währungen seiner wichtigsten Außenhandelspartner insbesondere beim Import, dann kann er die Wettbewerbsfähigkeit der US-Wirtschaft gegenüber dem Ausland steigern. Damit entstehen Jobs im Inland zulasten von Jobs im Ausland.
  2. Da die USA über die letzten Jahre ihr Leistungsbilanzdefizit durch die Notenpresse in den USA finanzieren konnten und in der Regel ihre Auslandsschulden in US Dollar nominiert sind, bedeutet ein Dollarfall einen automatischen Schuldenabbau. Die Billionen an ausländischen Währungsreserven an US Dollar sowie Forderungen des Auslands auf Dollarbasis werden entwertet.
  3. Eine Abwertung des US Dollar belastet den amerikanischen Staatshaushalt nicht. Es ist eine elegante Form sowohl private wie auch Staatsschulden der USA haushaltsneutral zu entsorgen. Bei bereits jetzt angespannter Haushaltslage der US-Regierung – nicht nur des Bundeshaushalts, sondern auch der Bundesstaaten und Kommunen – ist ein solcher Schritt aus egoistischer Sicht der USA der einzig gangbare.
  4. Es fehlt an einer konkurrenzfähigen Weltreservewährung zum US Dollar. Weder der Yen noch der Euro haben derzeit das Potential als Fluchtwährung im erforderlichen Umfang für globale Finanzinvestoren ausreichend an Finanzvolumen einer umfassenden Flucht aus dem US Dollar Raum bieten zu können. Mithin bleibt das quasi-Monopol des US-Dollar als vorherrschender Weltreservewährung ungefährdet.
  5. Eine US-Dollarabwertung senkt das Deflationsrisiko in den USA: Da die Kursverluste nicht vollständig von den Exporteuren der anderen Länder angefangen werden können, werden die Importpreise in den USA stärker als das allgemeine Preisniveau bei den Verbraucherpreisen steigen. Infolgedessen dämpft ein moderater Inflationsimport die Deflationsgefahr in den USA.

Ohne Stützung der Binnennachfrage droht den exportorientierten Ländern eine besonders harte Landung

Es ist kein Zufall, dass insbesondere jetzt auch die exportorientierten Länder die Weltrezession besonders hart zu spüren kriegen. Seien es reine Rohstoffexporteure wie die Ölländer oder der Exportweltmeister Deutschland. Da man auch die weltweite Nachfrage insbesondere eines engen Produktspektrums angewiesen ist, besteht auch eine geringe Substituierbarkeit zwischen Auslands- und Binnennachfrage. Wer vorwiegend Autos und Industriegüter wie Maschinen und Anlagen herstellt, kann diese weitaus weniger leicht in Konsumgüter wie Fernseher und Kühnschränke für die privaten Haushalte im Inland wechseln. Mithin schafft die mangelhafte Elastizität der Angebotsseite auch Grenzen bei der Stimulierung der Inlandsnachfrage auf nationalem Niveau. Sowenig die Saudis ihr Öl gegen Investitionsgüter im Inland substituieren können, sowenig hat Deutschland durch seine einseitige Spezialisierung aus Industriegüter und Automobile noch ausreichend Flexibilität rasch von Export- auf Binnennachfrage sich umzustellen. Dies macht aber eine konzertierte globale Nachfragepolitik umso wichtiger.

Nur wenn die Leakage-Effekte durch Importnachfrage bei Expansion der Binnennachfrage durch komplementäre Effekte im Ausland kompensiert werden, ist es egal ob die Binnennachfrage auch die Wirtschaft der anderen Länder mit stimuliert. Wenn Chinas Binnennachfrageprogramm auch die Exporte von Maschinen und Anlagen aus Deutschland fördert, dann ist das angemessen, wenn wir im Gegenzug durch den Import von Flachbildfernsehern oder chinesischen Haushaltartikeln dies kompensieren. Da in einer globalen Wirtschaft mit ihrer Vernetzung eine Trennung von inländischem und ausländischem Angebot nur schwer sicherzustellen ist, hilft eine nationale Kirchturmspolitik der nationalen Konjunkturprogramme, die ausschließlich nur der heimischen Wirtschaft zufließen sollen, nicht weiter. Es braucht eine globale Nachfragepolitik aller G20-Länder, so dass per Saldo alle näherungsweise gleichmäßig von diesem globalen Nachfrageeffekt profitieren. Wenn Paul Krugman Steinbrück Stupidity vorwirft, dann meint er genau das: „It’s the global economy and its global demand that matters, stuupid!!!“ Im Übrigen: Einen Abwertungswettlauf der nationalen Währungen hatten wir bereits 1929.

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