Finanz- und Wirtschaftskrise: Chance für neues Denken?

by Gastbeitrag on 18. Dezember 2008

Last Chance

Titel des Fotos: Last Chance

Dieser von Norbert Jakobi verfasste Beitrag ist in der Readers Edition erschienen unter unter den Lizenzbedingungen der Readers Edition für den Blick Log übernommen.

Finanz – und Wirtschaftskrisen sowie der bevorstehende Klimawandel konnten in der Vergangenheit in ihren Auswirkungen, seitens der Politik und Wissenschaft, so nicht vorhergesagt werden. Politiker und Experten aller Couleur mussten ständig ihre Voraussagen revidieren, um anschließend immer die gleichen Diskussionen um Reformen, Ziele und die hierzu notwendigen Entscheidungen zuführen. Auch die jetzige Finanz- und Wirtschaftskrise offenbart uns wieder wie die verantwortlichen Institutionen und die Menschen selbst durch ihre Gier, Arroganz, Verantwortungslosigkeit und Unwissenheit sich dem gesellschaftlichen Abgrund nähern, weil keiner bereit ist auf lieb gewordene Privilegien und auf überzogene materielle Ansprüche zu verzichten.

Das Zusammenleben wird immer schwieriger

Das Zusammenleben wird mit Hilfe diffizilere Regelwerke, die durch Kompromisse zwischen den Interessenvertretern entwickelt wurden, immer komplizierter. Diese Regelwerke oder besser Gesetze, Regeln, Vorschriften etc. beeinflussen nicht nur unser gesellschaftliches Miteinander, sondern durchdringen all unsere persönlichen Bereiche. Der Staat nimmt und gibt, aber alles mit einer überbordenden Bürokratie. Der überwiegende Teil der Empfänger solcher Transferleistungen, ob Wirtschaft, staatliche Institutionen oder arme und reiche Menschen, entwickeln wenig Eigeninitiative, um sich wieder aus dieser Abhängigkeit zu lösen oder sind nicht mehr in der Lage dazu. Das Zusammenleben wird immer schwieriger und ein immer größerer Teil dieser Gesellschaft will, darf oder kann nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Die einen müssen einen Offenbarungseid leisten, um pünktlich ihre Sozialhilfe zu erhalten – die anderen entziehen sich mit ausgeklügelten Steuersparmodellen oder Steuerhinterziehung der Verantwortung gegenüber der Gesellschaft.

Der Starke hilft den Schwachen

Der zahlenmäßige Anteil der Bevölkerung, der den hierzu notwendigen Mehrwert erzeugt, schrumpft dagegen stetig. Das heißt, ein großer Teil der Bevölkerung wird bereits durch die Gesellschaft mehr oder weniger alimentiert. Ob Reiche, Rentner, Kinder, Beamte, öffentlicher Dienst, Armee, Politik sowie Sozialhilfeempfänger, sie leben vom Mehrwert der Gesellschaft. Wäre es dann nicht menschlicher und kostensparender, jedem von vornherein eine Grundsicherung einzuräumen und alle anderen Vergünstigungen über Bord zu werfen. Die Würde jedes Einzelnen wäre dann gesichert und seiner freien Entfaltung für die Gesellschaft stände nichts mehr im Wege. Es gilt das Solidarprinzip, der Starke hilft den Schwachen und der Gesunde dem Kranken. Diese Grundsicherung muss von ihrer Höhe so bemessen sein, dass sie die Grundbedürfnisse befriedigt und nur diese. Dazu zählen Wohnraum, Krankenversicherung, Kleidung und ausreichend Lebensmittel. Der Ansporn, seinen eigenen Lebensstandard zu erhöhen, muss gewahrt werden.

Der Staat definiert einheitliche Rahmenbedingungen des Zusammenlebens, wie Rechte und Pflichten, ohne Ausnahmetatbestände. Er überwacht deren Einhaltung, ahnt bei Nichteinhaltung und passt sie fortwährend den neuen Bedingungen an. Durch das Grundeinkommen entsteht wieder mehr Eigenverantwortung für das eigene Leben, da jeder frei und ohne Zwang seinen Platz in der Gesellschaft, entsprechend seinen individuellen Eigenheiten, suchen und finden kann.

Kompetenz- und Hoffnungsträger gehen verloren und damit auch deren Fachwissen

Die Idee der Grundsicherung ist ein altes Thema, das in den Medien durch Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens schon oft diskutiert wurde und dessen Durchführbarkeit von vielen Experten angezweifelt wird. Unsere Gesellschaft ist aber an einen Punkt angekommen, wo Maschinen und Computer die Arbeit von Menschen komplett ersetzen können, weil sie schneller, billiger und unkomplizierter sind. Sie werden zukünftig einen wesentlichen Teil unseres Mehrwerts erzeugen. So wird die Hoffnung der Politiker auf mehr Arbeitsplätze enttäuscht, denn durch die Globalisierung verschärft sich der Wettbewerb. Denn die angebotenen Produkte und Dienstleistungen sind mittlerweile international und haben Eigenschaften und Kostenstrukturen, die immer vergleichbarer werden. Um konkurrenzfähig zu bleiben, muss die Wirtschaft Rationalisierung und Automatisierung beschleunigen oder kostengünstigere Produktionsstandorte suchen, was dazu führt, dass immer mehr Menschen aus dem Arbeitsprozess herausgelöst werden. Kompetenz- und Hoffnungsträger gehen verloren und damit auch deren Fachwissen, Erfahrungsvielfalt und Kundenbeziehungen.
Nur das Grundeinkommen wird Waffengleichheit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer herstellen und zwingt die Unternehmen sich auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter einzustellen und umgedreht die Mitarbeiter auf die Unternehmen.Das wird die Basis des wirtschaftlichen Erfolges sein.

Durch die materielle Unabhängigkeit des Menschen, verursacht durch das Grundeinkommen, entsteht ein enormes Innovationspotenzial (Wissensgesellschaft), das die Quelle des ökonomischen, ökologischen und sozialen Fortschritts der Gesellschaft sein wird. Die so oft beschworene Wissensgesellschaft muss eines Tages Realität werden. Denn unser Planet – kränkelt verursacht durch den Menschen. Der Bedarf an kreativen Köpfen wird in Zukunft immens sein, um die jetzigen und zukünftigen Probleme in Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft zu lösen. Auch deshalb können wir es uns nicht mehr leisten, junge oder ältere Menschen auszuschließen.

Ohne diese radikale soziale und ökonomische Wende – unterstützt durch eine ökologisch, nachhaltige und preisgünstige Energieversorgung – werden Verteilungskämpfe, Terror, Hunger, Massenarbeitslosigkeit, mangelhafte Energie- und Wasserversorgung, ausgelöst durch den Klimawandel, unsere Gesellschaft zugrunde richten.

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