Die notwendige Konsolidierung der Landesbanken wirft immer mehr Fragezeichen auf. Vielversprechende Lösungsansätze kommen weder von den Landesbanken noch von ihren Eigentümern, den Ländern und Sparkassen. Insgesamt ergibt sich aus den verschiedenen Äußerungen und Aktivitäten der letzten Wochen ein sehr zerstrittenes Bild. Allein die öffentlichen Äußerungen der letzten 10 Tage offenbaren ein „management by muddling through“.
Unter „Muddling-Through“ (Deutsch: „Sich-Durchwursteln“) versteht Wikipedia übrigens eine Steuerungskonzeption, die zur Gänze auf zentrale bzw. zentralistische Planung verzichtet, bei der sich die Systemsteuerung gleichsam als Ergebnis einer untereinander wechselseitig erfolgten Abstimmung aller beteiligten Akteure ergibt. In Lehrbücher hat eine Führungskonzeption des „management by muddling through“ noch nicht ihren Weg gefunden. In der Praxis indessen wird sie sehr häufig angewendet, nur möchten leider keine Unternehmensleiter diese Erfolgsgeheimnisse für die Business-Ausbildungen teilen.
Glücklicherweise gibt es einige wenigen Ausnahmen. Die Eigentümer der Landesbanken geben uns nämlich in diesen Wochen eine Fortsetzung ihrer Lehrstunde in Unternehmensführung. Oder sollten wir das, was es gleich zu lesen gibt besser Leerstunde nennen?
Im Interview mit dem Handelblatt hat jedenfalls Heinrich Haasis, Chef des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes gesagt: „Vor allem wollen die Sparkassen geringere Kapazitäten bei Landesbanken. Dies ist über Fusionen zu erreichen. Den Sparkassen reichen zwei oder drei Landesbanken, theoretisch sogar eine, die stärker von der Realwirtschaft leben können und nicht in Kreditersatzgeschäft ausweichen müssen.“
Und während nach Ansicht von Haasis die Gespräche zwischen der WestLB und der Deka Priorität haben sollen, sieht dies die Deka selbst offenbar ganz anders. Für die öffentlich-rechtliche Dekabank ist nämlich derzeit keine rasche Einigung auf eine Teilfusion mit der WestLB in Sicht. Vor dem Jahresende wird es nach Angaben von Dekabank-Vorstandschef Franz S. Waas keine entsprechende Absichtserklärung mehr geben, schrieb das Handelsblatt vor Weihnachten.
Der geschäftsführende Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbandes (OSV), Claus Friedrich Holtmann, hat sich wiederum für Fusionen ausgesprochen. Die sieben Finanzinstitute sollten zunächst auf drei verringert und dann schrittweise zu einer einzigen Sparkassen-Landesbank zusammengeführt werden, sagte Holtmann der „Leipziger Volkszeitung“ nach Angaben der FTD.
Unterdessen kommt aus Niedersachsen wie bereits in den vergangenen Fusionsdebatten entschiedener Widerstand: „Das ist mit uns nicht zu machen. Der Vorschlag ist völlig abwegig“, sagte der niedersächsische Finanzminister Hartmut Möllring dem Handelsblatt.
Ähnlich begeistert von einer Fusion zeigt sich wieder einmal der Chef der LBBW Siegfried Jaschinsk. Er sieht noch große Hürden vor einem etwaigen Zusammengehen mit der BayernLB. Beide Landesbanken erledigten derzeit ihre Hausaufgaben für eine „Südschiene“, sagte Jaschinski der „Stuttgarter Zeitung“ (zitiert nach Reuters). „Das bedeutet, die Risiken müssen vor einer Fusion von den jeweiligen Instituten verdaut sowie die Kapazitäten angepasst werden. Erst dann ist die Perspektive des Zusammenschlusses gegeben.“ Am Ende müsse dieser zu einem vernünftigen Geschäftsmodell führen, machte der Manager deutlich.
Während die Eigentümer der Landesbanken über den richtigen Kurs streiten, machen sich die Institute selbst lächerlich. Die TAZ belächelt polemisch aber keineswegs abwegig unter der Überschrift „Das Bayernbankwrack“ die „strategischen Aktivitäten“ der BayernLB auf der Suche nach einem neuen Geschäftsmodell.
„Alle Landesbanken sind eine Zwitterkonstruktion aus staatlichem Auftrag und Bankunternehmen am Markt,“ weiß auch Otto Graf Lambsdorff, der alte Herr der FDP in einem Gastbeitrag für die Welt. Darin schreibt er weiter: „Eine solche Vermengung politischer und unternehmerischer Aufgaben im Zusammenklang kann auf Dauer nicht gut gehen.“
Unklar ist auch, was mit dem Plan einer sogenannten „Bad Bank“ passieren soll, in die die aus hochriskanten Spekulationsgeschäften angehäuften Risiko-Papiere der Landesbanken in Höhe von rund 200 Milliarden Euro ausgegliedert werden sollen. Es sei zwingend erforderlich, Risikoaktiva deutscher Banken in eine ´Bad Bank´ auszugliedern, sagte WestLB-Vorstandschef Heinz Hilgert dem Handelsblatt in der vergangenen Woche. Hilgert regte an, dass der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin) dabei eine zentrale Rolle spielen soll. „Der Soffin müsste die Refinanzierung der Bad Bank sicherstellen, die jeweiligen Alteigentümer sollten die Risikoabschirmung gewährleisten.“ Finanzexperten sehen eine „Bad Bank“ kritisch und die Regierung selbst sieht keinen Bedarf dafür.
Die Eigentümer der Landesbanken agieren insgesamt in den letzten Wochen komplett kopf- und strategielos. Das mag auch daran liegen, dass widersprechende betriebswirtschaftliche und politökonomische Ziele hier gern kräftig gemischt werden. Einerseits möchte man stabile Institute, die sich im Wettbewerb behaupten und ihren Eigentümern eine markadäquate Verzinsung bringen. Andererseits möchten die Landesregierungen die Institute weiter als politisches Instrument nutzen und Einfluss auf die Geschäftspolitik zu Gunsten der Landeswirtschaft ausüben. Dabei scheint es keine Rolle zu spielen, dass das Spiel mit den Landesbanken bereits in der Vergangenheit nicht funktioniert hat.
Aber vielleicht kommt die Methode des Muddling Through doch noch zu einem Erfolg, weil dieses eher chaotische Vorgehen einem darwinistischen Evolutionsprozess gleicht und solche Prozesse häufig zu Ergebnissen führen, die das Fortbestehen einer Gattung sichern. Manchmal sterben Gattungen aber auch aus.
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