Konjunkturpaket schmeckt wie zäher, kalter Kartoffelbrei aus Instantpulver

by Dirk Elsner on 14. Januar 2009

Gegrillte Nünberger Bratwurst mit Sauerkraut und Kartoffelbrei - Grilled Pork Sausage with Sauerkraut and Mashed Potatoes

Nicht gerade ein Essen für Gourmets (Lizenz)

Gestern Morgen habe ich in einer Glosse über die richtig fies schmeckende Wirtschaft zum Konjunkturpaket geschrieben: „Die Berichte über die Diskussionen zum Deutschen Konjunkturpaket mit Staatsfonds schmecken wie zäher, kalter Kartoffelbrei aus Instantpulver. Es setzt sich der Eindruck fest, die Regierung wolle irgendetwas auf Matsch bauen, wobei egal erscheint, was gebaut wird.

Auch nach Bekanntgabe der Details kann ich dem Paket nicht viel abgewinnen. Auch die Börse ignoriert die Maßnahmen offensichtlich komplett, wenn man die Kursentwicklung in Deutschland nach der Bekanntgabe als Maßstab nimmt.

Tadel und Lob

Es wirkt lobbylastig. Insbesondere profitieren Bereiche, die wie die Autoindustrie schon durch viele andere Maßnahmen gefördert werden. Deutschland hat die Autoindustrie bereits mit mehreren Airbags gepolstert: Steuerliche Anreize beim Neuwagenkauf, Wiedereinführung der Pendlerpauschale, Finanzierungsunterstützung für die Autobanken auf dem Bankenrettungspaket, wahrscheinlich folgen noch direkte Kreditbürgschaften für Autokonzerne und jetzt die Verschrottungsprämie in Höhe von 2.500 € für alte Fahrzeuge müssten bei den Autobauern bereits für ungebremsten Fahrspaß sorgen. Mit gutem Gewissen kann dann dank gesunkener Benzinpreise kräftig beschleunigt werden.

Zu den Entlastungen bei Steuern und Sozialversicherung fällt mir Ludwig Erhards Aussage ein, dass Wirtschaft zu 50% Psychologie ist. Die Steuerzahler freuen sich über den Geldsegen. Sie geben aber die ihnen mehr zufließenden Mittel nur aus, wenn sie darauf vertrauen, ihre persönliche Einkommenssituation bleibt dauerhaft stabil, sprich sie bleiben auch in Lohn und Brot. Immerhin, die marginalen Erhöhungen bei den Hartz-IV-Sätzen für Familien werden vermutlich ohne Ersparnis in den Konsum fließen.

Die Entlastung bei den Sozialversicherungen könnte dazu führen, dass die Arbeitskosten geringer werden und dadurch Beschäftigungseffekt entstehen. Diese Wirkung wird aber nur entfaltet, wenn darauf vertraut werden kann, dass die Reduktion dauerhaft und nicht temporär ist.

Ein Investitionsprogramm klingt zunächst gut. Allerdings fragt man sich, warum gerade Bau und Breitbanktechnologie gefördert werden müssen. Die Bauindustrie selbst hat derzeit keine Probleme, wird aber sich noch das Jammern hinterher schieben. Um etwas gegen die Förderung von Schulen und Hochschulen einwenden zu können, muss man zunächst wissen, was diese mit den Geldern machen wollen. Für bauliche Investitionen gilt das oben Gesagte. Förderung der Studenten, Erwerb neuer Technik etc. ist durchaus sinnvoll.

Über den Rettungsschirm für Unternehmen ist zu lesen, dass lediglich ein Bürgschaftsprogramm für Kredite an Großunternehmen im Umfang von bis zu 100 Milliarden Euro aufgelegt wird. Damit kann die KfW bis zu 80 Prozent des Risikos der kreditgebenden Hausbank übernehmen. Direkte Staatsbeteiligungen an Firmen seien nicht vorgesehen.

Der Blick Log begrüßt grundsätzlich die Maßnahme, unter bestimmten Umständen staatliche Bürgschaften (natürlich gegen marktgerechtes Entgelt) für Unternehmen zu vergeben. Dieser Maßnahme belassen nämlich Unternehmen und deren Anteilseigner voll in der Mithaftung und damit in der Verantwortung. Wenig Verständnis habe ich allerdings dafür, dass hier nur von Großunternehmen die Rede ist. Der Mittelstand, der in Deutschland die meisten Steuern zahlt und die meisten Menschen beschäftigt, fällt hier aber offenbar runter.

Dabei spürt der deutsche Mittelstand sehr intensiv die Schlaglöcher der Finanzkrise. Der Credit Crunch macht sich hier ebenfalls bemerkbar, allerdings nicht so spektakulär, wie bei Großunternehmen. Und die Hindernisse summieren sich. So sind Finanzierungen für Investitionen schwerer zu erhalten, die Finanzierungskosten für Leasing- und Kreditversicherungen sind gestiegen und Lieferanten haben ihre Lieferkreditlinien gekürzt. Die Liste lässt sich leicht verlängern. Neben diesen Finanzierungsbremsen, geraten viele Unternehmen zusätzlich unter Druck, weil die Umsatzerlöse ins Stottern geraten.

Profitieren kann der Mittelstand vielleicht von Neuregelung bei der Kurzarbeit und so Entlassungen vermeiden.

Das war es dann auch schon mit den Maßnahmen. Schwups sind 50 Mrd. weg und es bleibt das Gefühl, nicht satt geworden zu sein. Dabei geht es nicht darum, mehr Geld in die Hand zu nehmen, sondern es sinnvoller einzusetzen. Allerdings ist es einfach für Blogs und Medien dies einzufordern. Es müssten ja erst einmal entsprechende Gegenvorschläge her, die man dann zerlegen kann. Und leider hat die Konjunktur keine Zeit für Diskussionen.

Meldungen zum Konjunkturpaket

FAZ: Autoindustrie jubelt über Abwrackprämie

Zeit: Masse allein macht’s nicht

FTD: Koalition feiert sich selbst

Spon: Kuschelkurs in Krisenzeiten

FTD: Börse ignoriert das Konjunkturpaket

Handelsblatt: Was im zweiten Konjunkturpaket steckt

Weissgarnix: Konjunkturpolitische Dekadenz

Weihnachten im Januar – Das Konjunkturpaket-2 ist da!

Viel Kritik, wenig Lob für Konjunkturpaket II

HB: Koalition einig über zweite Konjunkturspritze

SZ: Der 50-Milliarden-Fresskorb

Spon: Koalition verabschiedet Konjunkturpaket: 50 Milliarden Euro gegen die Angst

Blogs

Ruhrbarone: Fahr zur Hölle Golf IV

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