Keine Reaktion der Banken auf Giftpapierbeitrag des Spiegels

by Dirk Elsner on 20. Januar 2009

Ausriss Spon

Ausriss Spiegel Online

Am vergangenen Wochenende hat der Spiegel für Wirtschaftsschlagzeilen gesorgt. Eine Umfrage unter den führenden deutschen Finanzkonzernen hätte ergeben, dass die Bilanzen der Institute mit faulen Wertpapieren bis zu 300 Milliarden Euro belastet seien. Nur ein Viertel davon sei bereits abgeschrieben.

Bis zum Montag Abend hat keine Bank auf diese Information reagiert und etwas zur Klarstellung beigetragen. Dabei ist das Schweigen der Banken wirklich kontraproduktiv, weil so kein Beitrag zur Vertrauensbildung geleistet werden kann.

Dabei übertreibt der Artikel und dramatisiert durch die Art der Formulierung. So heißt es, die befragten Institute besäßen „toxische Wertpapiere“ im Volumen von knapp unter 300 Milliarden Euro, von denen erst rund ein Viertel abgeschrieben sei. Mit der Formulierung “erst” wird der Eindruck erweckt, als hätte ein wesentlich größerer Betrag abgeschrieben werden müssen. Der Blick Log hat aber Zweifel, dass hier noch größere Abschreibungen als 25% erforderlich sind.

Allerdings ist dies schwer von diesem Platz aus zu beurteilen. Nicht jedes “toxische Papier” erfordert eine Abschreibung von 100%. Sogar 25% können zu viel sein, wenn es sich um Kreditpapiere handelt. Denn ein so hoher Abschreibungsbedarf könnte bedeuten, dass letztlich auch Kredite bzw. Zinszahlungen in gleicher Höhe ausfallen. Dafür gibt es aber bisher keine Grundlage.

Der Spiegel erklärt auch nicht, wie er zu der Aussage kommt, der Rest der Papiere stehe noch immer zu “mittlerweile illusorischen Werten in den Büchern”. Es wäre interessant, dafür die Grundlagen zu kennen. Der folgende Satz: “Das Finanzministerium selbst geht davon aus, dass der gesamte deutsche Bankensektor Risikopapiere mit einer Summe von bis zu einer Billion Euro in den Büchern führt.” könnte außerdem falsch verstanden werden. Nämlich so, dass hier noch ein Abschreibungsbedarf in gleicher Größenordnung drohe. Auch dies wäre vollkommener Unsinn. OK, hat der Spiegel aber auch nicht geschrieben.

Intern sind die Banken sicher von solchen Artikeln genervt. Sie selbst schweigen aber, was im Prinzip noch schlimmer ist als die eher unsachliche Darstellung in den Medien. Daher sind die Banken am Zuge, für entsprechende Aufklärung zu sorgen. So müssen sie vor allem ausführlich darstellen, wie denn konkret die Verluste zustande kommen sollen oder erklären, warum solche Darstellungen übertrieben sind.

Und noch mehr Meldungen zur Bankenkrise

SZ: Der Kurssturz des Josef Ackermann

Credit Writedowns: The Eurozone and the spectre of banking collapse

Credit Writedowns: The German $400 billion toxic asset time bomb

Wirtschaftsquerschuss: „US-Banken im Tal der Tränen“

Weisgarnix: Frau Krugman rät

Ratings: Vertrauenskrise zwischen Banken und Industrie

Egghat: Royal Bank of Scotland nimmt in einem Jahr 20 Milliarden Pfund ab …

st Januar 20, 2009 um 14:58 Uhr

Wofür Steuergelder verwendet werden, scheint mir halbwegs klar zu sein. Banken ohne außenreichenden Kundenzugang brauchen Anschlussrefinanzierungen, welche sie derzeit ohne Staatgarantien nicht am Markt platzieren können. Aufgrund von Downgrades usw. usw. hat sich die Risikoaktiva erhöht – um die Eigenkapitalanforderungen zu erfüllen, müssen echte Staatsgelder (stille Einlagen usw.) in Anspruch genommen werden.

Wenn es sich wirklich um „Schrottpapiere“ handelt, so wird ein Abschlag von 25% wohl eher das Minimum darstellen. Ich weiß nicht, wie bei Lehman die Einbringungsquote war… (60-70%??). Bei Pfandbriefen, Staatsanleihen sind die 25% sicher übertrieben.

st Januar 20, 2009 um 09:21 Uhr

Was sollen „die Banken“ auch dazu sagen? Jede kann zunächst nur für sich sprechen – wer hat tatsächlich einen Gesamtüberblick (außer der Spiegel ;-))? Vielleicht sind sie deshalb auch weniger genervt, sondern eher interessiert/beunruhigt?

Coien Januar 20, 2009 um 10:13 Uhr

@St
Aus meiner Sicht müssen sich die Banken zwingend äußern, nicht unbedingt als Reaktion auf den Spiegel-Artikel, aber um überhaupt mal der Öffentlichkeit zur erklären, wo eigentlich das Kapital versickert und wofür die Steuerzahler haften. Außerdem möchte ich natürlich wissen, ob ich mit meiner These, dass hier schon wieder die ersten Reserven angelegt werden, richtig liege.
Der Spiegel-Artikel selbst spricht nicht unbedingt dafür, dass der Spiegel den Überblick hat. Aber aktuell kenne ich niemanden der einen Überblick hat. Selbst in den Banken hat man ja Probleme die Geschäfte zu verstehen, in die man investiert hat. Vielleicht ist das ja auch der Grund, warum hier so viele schweigen.

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