Doppelseite ökonomische Theorie und Praxis: Keynes-Serie im Handelsblatt

by dels on 17. März 2009

Keynes ist in aller Munde. Sogar von opportunistischer Wendung zum Keynesianismus wird gesprochen. Was genau dahinter steckt, außer einer Erhöhung der Staatsausgaben, wird selten erklärt. Daher konnte man sich über diese Doppelseite in der gestrigen Ausgabe des Handelsblatts wirklich freuen. Unter der Überschrift “Keynes – geliebt, verachtet, wiederentdeckt” stellen Anja Müller und Olaf Storbeck vier Hauptströmungen der Ökonomie vor mit zentralen Thesen, Annahmen, Menschenbildern, Kritikpunkten und Schlussfolgerungen für die Wirtschaftspolitik.

Die Übersicht beginnt bei den Klassikern um Adam Smith, David Ricardo  geht dann über Keynes hin zu den Neoklassikern um Friedmann und endet bei der “neuen Synthese” um Mankiw und anderen. Nun bin ich Betriebswirt und kein Volkswirt, dennoch lohnt es sich, diese Seite aufzubewahren, die hoffentlich auch online verfügbar sein wird.

Und diese Übersicht eignet sich für mehr als die Verbesserung des eigenen Business-Smalltalk. Denn sie macht auch einen zentralen Kritikpunkt der neuen Synthese deutlich und könnte damit auf eine Schwäche der gegenwärtigen Fiskal- und Geldpolitik hinweisen. Die Neukeynesianer (darf man sie überhaupt so nennen?) arbeiten nämlich mit dem Menschenbild der Neoklassiker: “Wirtschaftliche Akteure verhalten sich rational und maximieren ihren Nutzen, der vom Einkommen abhängt.”

Ich halt dieses Menschenbild für falsch und tendiere zu dem Menschenbild von Keynes “Psychologische Faktoren spielen für das wirtschaftliche Verhalten der Menschen eine große Rolle. Die Unsicherheit über die Zukunft führt zu Schwankungen und macht das wirtschaftliche System instabil.” Auch dieses Menschenbild ist hier nur vage beschrieben, jedoch näher an der Realität.

Immerhin stehen z.B. mit der Neuen Institutionenökonomik und den Behavioural Economics potentielle Nachfolger in den Startlöchern. Ob sich mit diesen Richtungen überhaupt die Ansätze fortsetzen lassen und welche Politikempfehlungen daraus folgen, können vielleicht Volkswirte verraten. Ich fände es jedenfalls sehr interessant, diese imposante Doppelseite um eine dritte Seite ergänzt zu sehen. Anregungen gibt es sicher genug in diesen Wochen, wie z.B. von Prof. Willem Buiter von der London School of Economics, der auf Vox diesen Beitrag verfasst hat: The unfortunate uselessness of most ’state of the art’ academic monetary economics. Weitere Beiträge zur Krise der Ökonomie hat der Blick Log hier zusammengestellt.

Comments on this entry are closed.

Previous post:

Next post: