Als ehemaliger Banker grummelt es, wenn ich Berichte darüber lese, dass Banken vielfach so tun, als hätte es die noch immer nicht ausgestandene Vertrauenskrise an den Finanzmärkte nie gegeben. Es grummelt nicht etwa gegen die Medien, die solche Artikel schreiben, sondern
1. weil viele Banken tatsächlich da weitermachen, wo sie ab dem 15. September pausiert haben und
2. weil sie weder mit ihrer Geschäfts- noch Kommunikationspolitik dagegen steuern.
Die Welt am Sonntag hat offenbar selbst recherchiert und schreibt:
“Viel wurde seit Ausbruch der Finanzkrise über Transparenz und Fairness geredet, geändert hat sich wenig, wie Recherchen der „Welt am Sonntag“ zeigen. Im Gegenteil: Bankmitarbeiter klagen, dass sich der Vertriebsdruck eher noch erhöht hat. Statt einfacher und transparenter Angebote werden in den Filialen weiter mit Vorliebe Zertifikate, Dachfonds oder Garantievehikel unterschiedlichster Art verkauft.”
In der Folge führt das Blatt einige Produktbeispiele auf, die nicht einmal die Berater selbst zu verstehen scheinen. Und das scheint offenbar auch noch gut zu sein, denn
“Den Mitarbeitern in den Filialen ist diese Unwissenheit nicht einmal vorzuwerfen. „Je besser sich ein Berater auskennt, desto schlechter verkauft er“, sagt Rolf Beike von der auf Finanzdienstleister spezialisierten Unternehmensberatung Beikelach. Die Überlegung der Vertriebsorganisationen: Wer über alle Details und Risiken Bescheid weiß, kann nicht mit Inbrunst verkaufen.”
Ganz unschuldig an dem Dilemma sind allerdings die Kunden nicht, schreibt die Welt, denn nur die wenigsten sind bereit dazu, gute Beratung zu honorieren. Und sie kehren ihrer Bank schnell den Rücken, wenn es woanders einen höheren Zins gibt. Sie bezahlen lieber Provisionen und Gebühren, als pauschal für die Beratung. Dabei gibt es solche Institute, wie z.B. die Quirin Bank, die sich selbst auf die Fahne schreibt, eines neues faires Private Banking anzubieten. Sie lässt sich nach eigener Darstellung nur von den Kunden für die Beratung bezahlen und nicht über offene und versteckte Provisionen von den Entwicklern der Bankprodukte.
Ich bin sehr gespannt, wie sich das Modell entwickelt, denn über eines darf die ganze Diskussion nicht hinwegtäuschen. Auch Banken und andere Finanzdienstleister müssen und wollen Geld verdienen. Daran ist überhaupt nichts zu kritisieren, sofern dies offen und fair erfolgt. Die Banker müssen aber ihre traditionellen Denkschemata über den Haufen werfen und den Neuanfang aktiv in die Hand nehmen, wenn sie den Prozess selbst steuern wollen und nicht gesteuert werden durch Politiker oder künftig durch Staatsanwälte. Die Institute, die jetzt neue Wege in der Außenkommunikation wagen, die qualitative Dialoge mit ihren (potentiellen) Kunden suchen (wie z.B. Fidor) und ihr Handeln und ihre Geschäftspolitik auf die neuen Erfordernisse konsequent einstellen, werden sich dadurch Wettbewerbsvorteile sichern können.
Auch in Sachen Risikomanagement kann ich keine grundlegendes Umdenken in den Banken erkennen. Es wird nur an Details gefeilt. Grundlegende Änderungen, wie beispielsweise deutlich höhere Eigenkapitalquoten, spielen kaum eine Rolle. Zur Not kann man ja auf den Staat zurückgreifen.
Comments on this entry are closed.