Es wäre schön, wenn diese Überschrift stimmen würde. Natürlich weiß ich nicht, ob die schon fast verdrängte Meldung über die Produktionseinbrüche des verarbeitenden Gewerbes im Februar tatsächlich schon Geschichte ist. Ich zitiere kurz zur Erinnerung aus dem Handelsblatt:
“Die Talfahrt der deutschen Industrie hat sich im Februar noch verschlimmert. Die Umsätze im verarbeitenden Gewerbe sackten im Vergleich zum Vorjahr arbeitstäglich bereinigt um 23,3 Prozent ab, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte. Dies sei der stärkste Einbruch gegenüber einem Vorjahresmonat seit Beginn der Berechnungen im Jahr 1991. Damit beschleunigte sich das Tempo des Einbruchs noch: Im Januar waren die Umsätze um – revidierte – 19,9 Prozent weggebrochen.
Im Februar gab vor allem der Auslandsumsatz nach: Er brach um 27,5 Prozent ein. Im Inland erlösten die Unternehmen 19,5 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Am stärksten spürten wie im Januar die Autohersteller und ihre Zulieferer die Wirtschaftskrise: Ihr realer Umsatz sank im Februar im Vergleich zum Vorjahr um 39,6 Prozent. Bei Metallerzeugern und -bearbeitern gab es ein Minus von 29,9 Prozent, der Maschinenbau verlor 22,3 Prozent. Chemiehersteller setzten 25,8 Prozent weniger um als im Februar 2008.”
Diese Daten hätten tatsächlich kaum schlimmer ausfallen können. Überrascht haben sie allerdings nur diejenigen, die die vergangenen Monate ohne Zugang zu Kommunikationsmitteln verbracht haben. Die Einbrüche bei Exporten, Produktion etc. in den Monaten Januar und Februar sind schon deswegen keine Sensation, weil in diesen Monaten viele Bestellungen aus dem 4. Quartal 2008 produziert und ausgeliefert wurden. Bekanntlich war das Q4 2008 der Zeitraum, in dem die Unsicherheit über die Zukunft der Finanzmärkte und der Weltwirtschaft ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht hatte. In der Folge hatten viele Unternehmen ihre Planungen revidiert, Bestellungen storniert und Investitionen auf Eis gelegt.
Es liegt einfach in der Sachlogik betrieblicher Prozesse, dass der Finanzmarktkollaps realwirtschaftlich besonders in den Monaten Januar, Februar und sicher auch im März zugeschlagen hat. Aufgrund des Reporting-Lags (also der weiteren Verzögerungen durch die volkswirtschaftliche und statistische Berichterstattung) werden wir in den nächsten Wochen noch häufiger über die realwirtschaftlichen Konsequenzen der Finanzkrise und der Kreditklemme aus dem 4. Quartal 2008 lesen. Die Einbrüche fallen auch deswegen so dramatisch aus, weil gerade die Industrie im 1. Quartal 2008 besonders geglänzt hat. Die Produktion war in vielen Unternehmen voll ausgelastet, es wurden Überstunden ohne Ende geschrieben und viele Unternehmen hatten Probleme, an ausreichend Material und Personal zu kommen.
Dass dieser historische Einbruch wirklich zu den extremen Ausreißern gehört, ist nicht sicher. Allerdings häufen sich in den letzten Wochen die Meldungen (siehe auch hier), die für eine Bodenbildung sprechen. Das Wort Trendwende sperrt sich übrigens noch gegen seine Verwendung. Das in den letzten Wochen nicht gerade vor Optimismus sprühende Handelsblatt sieht die deutsche Wirtschaft sogar in Kürze wieder zaghaft wachsen:
“Licht am Ende des Tunnels signalisiert der Handelsblatt-Barclays-Indikator, den die britische Bank monatlich exklusiv für diese Zeitung berechnet. Die Ökonomen halten einen leichten Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,5 Prozent im Vergleich mit dem Vorquartal für möglich.
Ausschlaggebend für die vorsichtig optimistische Prognose sind aus Sicht des Europa-Chefvolkswirts von Barclays Capital, Julian Callow, drei Gründe: Erstens werde die Abwrackprämie im zweiten Quartal ihre volle Wirkung entfalten. Zweitens wirkten weitere Teile der Konjunkturpakete. Und drittens seien im Ausland vorsichtige Anzeichen einer wirtschaftlichen Stabilisierung zu beobachten, vor allem in China, wo die Industrieproduktion im März überraschend gestiegen ist.”
Im Prinzip kann sich per Stand heute jeder aussuchen, wie es weitergeht. Diejenigen, die das Glas halbvoll sehen, applaudieren den drei bislang nicht sehr bekannten US-.Ökonomen, die bereits im Januar eine Trendwende prophezeit haben und glauben dem neuen Optimismus der Banken. Die Anhänger der halbleeren Gläser finden auf dieser Seite noch so viele Meldungen über dunkle Prognosen, dass ihnen der Durst vergehen wird. Eigentlich schade, dass vor diesem Hintergrund das DIW sich nicht mehr traut, Prognosen abzugeben (siehe Meldungen).
Weitere Berichte und Meldungen zur Konjunkturlage
SZ: Konjunkturforscher kapitulieren
Welt: DIW traut sich keine langfristige Prognose zu
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