Gipfel der Ratlosigkeit im Kanzleramt

by Dirk Elsner on 23. April 2009

Heute werden wir zugeschüttet mit Meldungen über unser konjunkturelles Befinden. Ich höre dabei stets: “Die Wirtschaft in Deutschland bricht ein.” Habe ich da etwas falsch verstanden? Die Wirtschaft ist bereits eingebrochen und zwar ziemlich heftig. Persönlich habe ich Zweifel, dass sich dieser Einbruch noch weiter verstärkt, wie jetzt vermittelt wird. Es kommt nämlich auch darauf an, wie man diesen Konjunktureinbruch misst. Jedenfalls gefühlt ist die monatliche Wirtschaftsleistung aktuell höher als im Dezember und Januar, liegt aber immer noch deutlich unter der von vor einem Jahr. Mithin überraschen die Daten nicht.

Überraschend ist eher die geballte Ratlosigkeit im Kanzleramt. Die in trauter Runde vereinbarten Top-Manager sollten doch wissen, warum sie nicht investieren. Es ist ja nicht so, dass die Wirtschaft von anonymen Zwergen in dunklen Wäldern gezimmert wird. Hinter Wirtschaftsleistungen stehen reale Entscheidungen von realen Personen. Allerding offenbaren zumindest die öffentlich überlieferten Zitate aus der Wirtschaftsrunde geballtes Nichtwissen.

Aus meiner Praxis bestätige ich das, was in der Kanzlerinnen-Runde nur am Rande eine Rolle spielte und das Handelsblatt ans Ende der Berichterstattung stellt:

“Steinbrück und zu Guttenberg räumten zugleich ein, der Abfluss der Mittel aus den beiden Konjunkturprogrammen laufe noch nicht optimal. Zu Guttenberg sagte, es bestünden in den Unternehmen noch Unsicherheiten, eine „Kommunikationsoptimierung“ sei möglich. Die Wirtschaft hatte zuletzt beklagt, die staatliche Förderbank KfW bearbeite Anträge zur Vergabe der Mittel aus den Konjunkturprogrammen zu zögerlich.” (Hervorhebung vom Blick Log

Das ist gelinde gesagt eine sehr vorsichtige Interpretation. Offenbar wird nun, dass sich Herr zu Guttenberg mehr um die persönliche Kommunikationsoptimierung gekümmert hat. Ich habe gerade für einen Mandanten mit einer Bank die Inanspruchnahme einer Haftungsfreistellung über die KfW besprochen. Gestern bekam ich als Auskunft bis zu sechs Wochen könne das dauern. Kommunikationsoptimierung ist also die Untertreibung des Tages. Hier besteht dringender Handlungsbedarf bei Prozessoptimierungen.

Von weitere Vorschlägen waren aus der gestrigen Runde nichts zu lesen, außer den üblichen Langweilern wie Konjunkturprogramm und Steuersenkungen. Immerhin, der Vorschlag, das Kurzarbeitsprogramm zu verlängern, ist sinnvoll. Neu ist er allerdings nicht.

Neu ist aber, jetzt vor sozialen Unruhen zu warnen. Klasse, denn so schaffen wir es, auch die letzte Stütze der Konjunktur, nämlich die Verbraucher, endlich zu verschrecken. Anschließend wundern wir uns wieder und jemand warnt vor einer neuen sozialen Eiszeit.

Meldungen zur Konjunkturlage und dem Kanzlergipfel

HB: Düstere Prognosen, ratloser Merkel-Gipfel

Spon: Pessimistische Prognosen: Deutschland stürzt in tiefe Rezession

HB: Die Rezession dauert lange und wird teuer

FAZ: Ökonomen erwarten noch Jahre im Jammertal

HB: Konjunktur: Machtlose Politiker

Thomas April 23, 2009 um 14:02 Uhr

Zitat von oben: „Persönlich habe ich Zweifel, dass sich dieser Einbruch noch weiter verstärkt, wie jetzt vermittelt wird. Es kommt nämlich auch darauf an, wie man diesen Konjunktureinbruch misst. Jedenfalls gefühlt ist die monatliche Wirtschaftsleistung aktuell höher als im Dezember und Januar, liegt aber immer noch deutlich unter der von vor einem Jahr.“

Die implizite Annahme der jüngst vorgelegten BIP-Prognosen von -6 % ist, daß das BIP im 2. Quartal ggü. dem 1. Quartal nochmals erheblich schrumpft.

Falls die Wirtschaft in Q2 (und auch danach) stagniert (im Vergleich zu Q1), dann landen wir „nur“ bei ca. -5 %. Wenn sie sich sogar etwas erholen sollte (im Vergleich zum Vorquartal), wird es besser als -5 %.

Genauere Erläuterungen hier:

http://miscellaneous-economic-ramblings.blogspot.com/2009/04/germanys-2009-gdp.html

http://miscellaneous-economic-ramblings.blogspot.com/2009/04/more-on-germanys-gdp.html

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