Die geplant kommunikative Wirkung der US-Stress Test ist tatsächlich eingetroffen, zumindest bisher. Die Veröffentlichung der Ergebnisse wurde wieder so getrimmt, dass die Marktteilnehmer nicht verunsichert wurden und sogar noch feiern konnten. Die nicht überprüfbaren Ergebnisse wirken so, als hätte man zum wiederholten Mal die Psyche der Marktteilnehmer aufmotzen wollen.
Zunächst ließ man wie auch immer ein paar Zahlen durchsickern, die dramatisch aber nicht bedrohlich interpretiert wurden. Anschließend veröffentlichte man Ergebnisse, die besser waren als die Erwartungen. Somit hatte man den gewünschten positiven Effekt, nämlich eine weitere Beruhigung der Marktteilnehmer. Ob die Ergebnisse inhaltlich dem gerecht werden, kann eh niemand prüfen.
Mit dem Test sind erwartbare Risiken überprüft worden. Unerwartete Risiken im Sinne der Black-Swan-Theorie von Nassim Nicholas Taleb spielten hier keine Rolle. Und sicher sind solche Ergebnisse auch nicht gewünscht, weil daraus ein viel höherer Kapitalbedarf sichtbar geworden wäre.
Wie erwartet sorgen daher die Ergebnisse für Erleichterungen in der Finanzwelt. Zehn von 19 großen US-Banken (was ist mit den vielen weiteren Instituten?) müssen nun ihre Kapitalreserven um 75 Mrd. Dollar aufstocken. Das sind Peanuts im Vergleich zu den bisher gewohnten Zahlen. Eher für die psychologischen Absichten sprechen Aussagen vom Fed-Chef Ben Bernanke, der von einem beruhigenden Ergebnis sprach. Und sicher nicht zufällig ist, dass viele Analysten diese ebenso sehen.
Die Frage, woher die 75 Mrd. US$ kommen, bewegt Beobachter und Marktteilnehmer aktuell (noch) nicht, was im Klartext bedeutet, das Kapital wird in den nächsten sechs Monaten irgendwie beschafft werden können. Viel spannender ist dabei die Frage, ob die 75 Mrd. $ wirklich ausreichen. Zweifel daran hat der US-Blog Calculated Risk: The big question – is this enough?
Ob die Banken nun tatsächlich die Kreditvergabe ankurbeln, ist freilich ungewiss. Zwar spricht aktuell vieles dafür, dass die Kapitalausstattung der Banken sich weiter normalisiert. Damit findet aber noch lange nicht die Kreditvergabe ihren gewollten Rhythmus. Mittlerweile hat die Kreditkrise so tiefe Dissonanzen in den Unternehmensbilanzen hinterlassen, dass Kredite nun aufgrund zu hoher Risikoeinschätzungen nicht vergeben werden. Ähnlich sieht das auch der Kommentardienst breakingviews.
Persönlich habe nichts dagegen, die Marktbeobachter so zu beeinflussen, wie das durch den Stress Test geschehen ist. Wir konnten in den vergangenen Monaten eine irrationale Abwärtsspirale der Angst beobachten. Diese musste durchbrochen werden. Das ist offenbar nun gelungen. Realwirtschaftlich ist der nun aufkommende Optimismus wohl genauso unberechtigt, wie der noch vor wenigen Wochen herrschende düstere Pessimismus.
Einzelheiten zum Stress Test sind hier im Detail zu lesen. Ein Zusammenfassung liefert z.B. die Wirtschaftswoche.
“Die Tester haben versucht, alle potenziellen Verluste der Banken in den kommenden zwei Jahren, darunter auch die Risiken des Wertpapier-Portfolios, der nicht in der Bilanz verzeichneten Verpflichtungen und eventuelle andere Verbindlichkeiten zu berücksichtigen.” Dort mehr zum Testaufbau und den Szenarien
Nachtrag
US-Medien sprechen laut Handelsblatt außerdem davon, dass es zwischen den US-Behörden und den Banken im Vorfeld zu Absprachen gekommen sein soll. Das Blatt schreibt:
„Die ursprünglich von der US-Notenbank Fed errechneten Zahlen hätten deutlich über denen des Berichts gelegen, berichtete das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf Banken und Behörden. Die „Financial Times“ berichtete mit Verweis auf Bankenkreise über ein Geheimabkommen zwischen dem Staat und den Kreditinstituten.“
Weitere Stimmen
HB: Stresstest: Wer wieviel Geld braucht
Ecolot fasst für das Handelsblatt hier weitere internationale Pressestimmen zusammen.
CWD: Timothy Geithner on Charlie Rose
Alphaville: CDS report: rally presses on
Alphaville: Further reading, stressed edition
Alphaville: Stress test tension and the question of converting capital
Alphaville: Wall Street welcomes test results
HB: Bankenverband lehnt Stresstest ab
RMRG: Stresstests auch für europäische Großbanken? / Ergebnisse für US-Banken ohne Aussagekraft
Die Krise hat, wie hier schon richtig erkannt wurde, eigentlich nur mit der persönlichen Angst zu tun. So schlecht geht es den Banken meiner Meinung nach nun wirklich nicht.
Comments on this entry are closed.
{ 1 trackback }