Null-Tolleranz für Bundesbürgschaften an Porsche, BMW, Arcandor, Opel und Schaeffler

by Dirk Elsner on 17. Mai 2009

Die Schlagzeile muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Porsche bemüht sich um Staatskredit. Ist das eigentlich das gleiche Unternehmen, dessen Management noch vor wenigen Wochen wegen eines grandiosen Jahresabschlusses gefeiert wurde, weil es aus Finanzgeschäften mehr Gewinn als Umsatz erzielte? Während sich die Eigentümerfamlien Porsche und Piech in einer “Seifenoper” (Bild) heftig streiten, lässt Wiedeking mal bei der KfW die auch im Internet abrufbaren Bürgschaftskonditionen erfragen und sucht parallel nach arabischen Investoren.  Das Unternehmen wolle ein Darlehen in Höhe von rund einer Milliarde Euro staatlich absichern lassen. Auch BMW informierte sich bei der staatlichen KfW über einen Kredit aus dem sogenannten Deutschlandfonds der Bundesregierung.”

Und Porsche ist bekanntlich nicht das einzige prominente Unternehmen, das an diesen Topf will, der vor allem mittelständischen Unternehmen helfen soll, Kreditengpässe zu überwinden. Während für kleine und mittlere Unternehmen vor allem die bürokratischen Hürden des Programms hoch sind, setzen Arcandor, Porsche, Opel und Schaeffler ihre gut ausgestatteten Stabsabteilungen auf die staatlichen Töpfe an. Garniert wird das mit einer mehr oder weniger geschickten PR, flankiert von Lobbyarbeit und einigen persönlichen Gesprächen mit Spitzenpolitikern. Schon ist der Weg frei, für neue Mittel.

Ich jedenfalls mochte die Schlagzeilen am Samstag nicht glauben. Aber ganz offensichtlich sind die Fenster der Staatshilfen jetzt eingeschlagen, so dass gemäß der Broken Window Theorie jeder ein Stück vom Subventionshaus  heraus meißeln will. Eigentlich war die Broken Window Theorie ja zur Erklärung kriminiellen Verhaltens entwickelt worden (Details dazu hier). Aber genau wie eine eingeschlagene Fensterscheibe Gesindel anlockt, lockt das Engagement der Politiker für einige Großunternehmen nun immer mehr Unternehmen an. Die auf Basis des Broken-Windows-Konzeptes entwickelte Polizeistrategie besteht übrigens aus zwei Worten: Null Toleranz.

Die cleveren Manager der Großkonzerne haben mittlerweile den Dreh raus, wie man in einem Wahljahr an die Subventionstöpfe gelangt. Dabei ist ihnen selbst kein Vorwurf zu machen, denn es gehört zum Geschäft, alle Alternativen auszuschöpfen, wenn angesichts der eingebrochenen Konjunktur die herkömmlichen Finanzquellen versiegen. Nicht wundern würde ich mich außerdem darüber, wenn in Finanzierungsgesprächen von Bankern selbst der Vorschlag gemacht wird, man solle es doch einmal mit einer KfW-Bürgschaft versuchen.

Um hier nicht falsch verstanden zu werden. Meine Kritik richtet sich nicht gegen die staatlichen Stützungsmaßnahmen insgesamt. Ich denke, es ist fast Konsens, dass im Sinne eines “keynesianische Experiments” (Zeit) Staatsinterventionen notwendig sind, um den Teufelskreis der Angst umzukehren. Dies darf aber keinesfalls dazu führen, die Gelder konzeptlos und allein nach politökonomischen Kriterien zu verteilen.

Genau das passiert aber jetzt. Den Unternehmen, denen es gelingt, das größte Drohpotential hinsichtlich der Anzahl gefährdeter Arbeitsplätze aufzubauen, erreichen in dieser Vorwahlzeit die höchste Aufmerksamkeit der wahlkämpfenden Politiker. Ein ordnungspolitisches Konzept ist dahinter nicht zu erkennen. Und mittlerweile lassen sich die Minister zu Guttenberg, Steinbrück und Steinmeier so sehr die Prioritäten von der Industrie diktieren, dass für alternative Konzepte keine Zeit mehr ist.

Ob jemand Staatshilfe bekommt, hängt nach Angaben der Bundesregierung unter anderem davon ab, ob die Firma eine besondere Bedeutung für Beschäftigung oder Innovation hat, schrieb das Handelsblatt vor einigen Tagen. Weiter heißt es: “Nach den Kriterien des Wirtschaftsministeriums können nur solche Firmen auf Bürgschaften oder Kredithilfen des Bundes hoffen, die "aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise von massiven Einbrüchen bei Umsätzen, Stückpreisen und Auftragseingängen betroffen" sind. Zudem muss nachgewiesen werden, dass der Finanzierungsengpass nur von temporärer Natur ist, dass die staatliche Unterstützung nicht zu dauerhaften, gravierenden Wettbewerbsverzerrungen führt und zudem eine besondere volkswirtschaftliche Förderungswürdigkeit des Unternehmens vorliegt. Über die staatlichen Rettungshilfen entscheidet ein ganzes Herr von Experten. Neben den Finanzmarktfachleuten der Staatsbank KfW, die über die Kreditanträge der Unternehmen befinden, kontrollieren die Wirtschaftsprüfer von PwC die Anträge auf Bundesbürgschaften. “

Erst vor zwei Tagen hatte das Handelsblatt darüber berichtet, wie die Politik bei den Regeln für die Staatshilfe trickst, um großen Unternehmen zur Hilfe zu kommen: “Die Politik mischt sich massiv in die Vergabe der milliardenschweren Rettungshilfen aus dem „Wirtschaftsfonds Deutschland“ ein. „Die meisten Anträge auf Staatsgelder werden mit einem Empfehlungsschreiben von Politikern eingereicht“, hieß es in Regierungskreisen. Politiker aller Parteien setzten sich aktiv für die Berücksichtigung einzelner Unternehmen ein.” 

Allein Arcandor soll angeblich für 650 Mio. € staatliche Bürgschaften ersucht haben. Die Fehler des Konzerns haben, wenig mit der Wirtschaftskrise zu tun. Derweil  verheddert sich der smarte Wirtschaftsminister immer stärker in die Opel-Rettung, die – wenn man Medienberichten am Wochenende glauben will – aus verschiedenen Gründen wieder unwahrscheinlicher geworden ist.

Weitere Schlagzeilen zu den Staatshilfen

Welt: Staatshilfe für Arcandor würde alle Dämme brechen

FAZ: Die letzte Schlacht des Wendelin Wiedeking

FAZ: Opel Guttenberg: Geordnete Insolvenz ist Option

SZ: Schaeffler will vier Milliarden Euro Staatshilfe

RP: Metro wehrt sich gegen Staatshilfe für Arcandor

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