Heute wird die Fußballsaison mit dem Pokalfinale in Berlin zwischen Bayer Leverkusen und Werder Bremen beendet. Über das bescheidene Abschneiden beider Teams in dieser Saison ist genug geschrieben worden. Werder Bremen ist nur Meister in der Preis-Tor-Tabelle geworden und bei Leverkusen sorgt Labbadia für dicke Luft. Ob die Luft aus beiden Mannschaften raus ist oder sie in der Berliner Luft noch einmal richtig um den DFB-Pokal kämpfen und die letzte Möglichkeit nutzen, sich für einen internationalen Wettbewerb zu qualifizieren, wird man sehen.
Rechtzeitig zum Finale jedenfalls habe ich eine Studie des Hamburgischen Welt Wirtschaftsarchivs über den Faktor Zufall im Fußball entdeckt. Das ist eine recht interessante Untersuchung, denn noch nie habe ich im Zusammenhang von Fußball und Wettmärkten etwas von der Effizienzmarkthypothese gelesen. Aber die Autoren, Jörn Quitzau und Henning Vöpel, bringen das zusammen. Und sie kommen zum Ergebnis, dass in der Bundesliga der Einfluss des Zufalls auf den Spielausgang durchschnittlich immerhin 52,7 Prozent beträgt, in der Premier League 49,5 Prozent. Dazu schreiben die Autoren in der Zusammenfassung:
“Im Fußball fallen nur wenige Tore. Es ist daher oft schwierig, sportliche Überlegenheit auch in einen zählbaren Erfolg umzusetzen. Entsprechend groß ist aufgrund von Fehlentscheidungen der Schiedsrichter, Pfostenschüssen, abgefälschten Toren oder Verletzungen von Spielern der Einfluss des Faktors Zufall auf das Spielergebnis. Der Zufall kann die Dynamik eines Spiels und sogar einer ganzen Saison beeinflussen. Nicht selten spielen personell fast identische Mannschaften eines Vereins mal um die Meisterschaft, mal gegen den Abstieg.”
Die Erwartungen für das heutige Endspiel lauten übrigens für die reguläre Spielzeit (Quelle: Wettmarkt von Betfair):
Sieg Leverkusen: 31%
Sieg Werder: 41%
Unentschieden: 28%
Und was hat das jetzt mit der Effizienzmarkthypothese zu tun?
“Anhand von Wettquoten können die Siegwahrscheinlichkeiten und daraus abgeleitet der Einfluss des Zufalls quantifiziert werden. Ausgehend von der Annahme informationseffizienter Wettmärkte („Effizienzmarkthypothese“) spiegeln die Wettquoten die wahre Stärke der gegeneinander antretenden Mannschaften wider. Wettquoten müssen so kalkuliert sein, dass der Gewinnerwartungswert für jede Wette gleich ist – denn damit existiert ein Gleichgewicht auf dem Wettmarkt. Entsprechend sind die im Gleichgewicht gesetzten Geldbeträge für alle angebotenen Wetten identisch. Unter dieser Voraussetzung entsprechen die Wettquoten zugleich der besten Prognose und es sind keine systematischen Gewinne realisierbar.”
Interessant seien die Zufallsmomente mit Interdependenzen zwischen Glück und Tagesform oder auch solche intertemporaler Natur. Weiter heißt es:
“Ein glücklicher Umstand zu einem relativ frühen Zeitpunkt des Spiels kann sich positiv auf die Tagesform auswirken oder den Spielverlauf dahingehend beeinflussen, dass die Taktik der Teams sich verändert. Die intertemporalen Interdependenzen müssen sich allerdings nicht auf ein einzelnes Spiel beschränken, sondern können ganze Glücks- oder Pechsträhnen verursachen. Siege stärken und Niederlagen reduzieren das Selbstvertrauen für künftige Spiele. Die Erklärung des Zufalls durch den französischen Mathematiker Poincaré bringt die zuletzt geschilderten Zusammenhänge auf den Punkt: „Eine sehr kleine Ursache, die uns verborgen bleibt, verursacht einen beträchtlichen Effekt, den wir nicht übersehen können, und dann sagen wir, dieser Effekt sei zufallsbedingt… Es kann vorkommen, dass kleine Differenzen bei den Anfangsbedingungen zu sehr großen Differenzen bei den endgültigen Phänomenen führen… Die Vorhersage wird unmöglich, und wir haben eine zufällige Entscheidung.“
Wer dazu mehr wissen will, der kann sich die 26 Seiten umfassende Studie “Der Faktor Zufall im Fußball Eine empirische Untersuchung für die Saison 2007/08” als pdf hier herunterladen. Wer einfach nur die Vorberichte des heutigen Finals studieren will, der wird unter den folgenden Schlagzeilen fündig:
Bild: Die letzten Infos zum Pokal-Finale
RP: Statistik: Drittes Finale für Bayer
Focus: DFB-Pokalfinale als Tor zur Europa League
Welt: Interview mit Diego – "Ich war wichtig für Werder"
Bild: Werder Bremen will zum sechsten Mal Pokal gewinnen
KSS: Wiese und Adler – kein alltägliches Torhüter-Duell
Bild: Schießt dieser Fuß Werder zum Pott?
KSS: ′94, ′99, ′04 – alle fünf Jahre siegt Werder
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